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Martin Prinz: Die unsichtbaren Seiten, Biografie

Autor Martin Prinz. © Suhrkamp

Der österreichische Autor Martin Prinz ist gerne unterwegs. Als Langstreckenläufer folgte er den Fluchtwegen des Bankräubers, „Pumpgun-Ronnie“ und schreibt seinen ersten Roman, „Der Räuber“. Später durchquert er die Alpen, wandert 2500 Kilometer von Triest nach Monaco und erzählt davon auf mehr als 400 Seiten. Die vorläufig letzte Wanderung führt ihn von Wien nach Lilienfeld und in die Vergangenheit. Der Autor erzählt seine und seiner Familie Geschichte. Ein Roman über die Heimat Lilienfeld (in Österreich), doch kein Heimatroman der üblichen Sorte.

Zirtesienserstift Lilienfeld , gestiftet 2002 von Leopold VI,. ©  Bwag / Wikimedia Prinz ist 1973 in Lilienfeld geboren und aufgewachsen. Seine Mutter ist eine Lilienfelderin, ihr Vater, sein Großvater, war mehr als 30 Jahre Bürgermeister von Lilienfeld. Der Vater stammt aus der Nachbargemeine Traisen, einem Arbeiterort. Lilienfelder sahen auf die Traisner mit Verachtung, der kleine Martin nennt sich „König von Lilienfeld“ und pendelt zwischen beiden Familien. Er weiß nicht genau, wohin er gehört. In Lilienfeld war seine Familie angesehen, er war der Enkel des Bürgermeisters, in Traisen, bei der Großmutter, war es gemütlicher, wärmer. 1974, ein Jahr nach Martins Geburt, wurde die Marktgemeinde Lilienfeld zur Stadt erhoben. Traisen, obwohl an Einwohnerzahl größer, blieb hingegen Markt und erhielt sein Wappen erst 1979. Die Traisner Großeltern waren dem Buben näher, da gab es „eine schwarze Katze, einen Kirsch- und Birnbaum sowie einen Gemüsegarten mit Erdäpfelbeeten.“ Später wurde für Martin sogar eine Schaukel in den Boden betoniert. Die Erdäpfelbeete waren nicht mehr notwendig.Wappen der Stadt Lielienfeld, fotoggrafiert 1974, von Norbert Mußbacher. © wikimedia, gemeinfrei

Prinz erzählt, wie er aufwächst, in die Schule geht, nicht gerade echte Freunde findet, er trägt eine Brille und tut sich mit dem Schreiben der Wörter schwer. Er schildert seine zwei Leben bei den so unterschiedlichen Großeltern, geht zurück bis in die Nachkriegsjahre und lässt ein Bild seiner Heimat in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstehen. 

AWappen des Marktes Traisen. © wikipedia, gemeinfreille Personen, ob Großeltern, Lehrerin, Inhaber der Geschäfte werden mit vollem Namen genannt, es scheint tatsächlich nichts geschönt, nichts in Fiktion, in falsche Erinnerung abzugleiten. Eine geborene Lilienfelderin, mit der ich acht Jahre in der Mittelschulklasse gesessen bin, bestätigt die faktenstimmige Realität des Romans: „Ich kenne jeden Grashalm, der da beschrieben ist.“ Buchcover © Insel  im Suhrkamp VerlagIch meine, das ist ein schönes Lob für eine Familienbiografie. Prinz schafft es tatsächlich, dass man diese private Wurzelsuche mit Interesse liest, besonders wenn man die Zeit, die der Autor beschreibt, selbst miterlebt hat und ein Stück von sich selbst in diesen Erinnerungen und Recherchen findet. Da verzeihe ich dem Autor auch, dass er sich selbst immer wieder in den Vordergrund drängt, sich etwas selbstverliebt als „König von Lilienfeld“ präsentiert. Vielleicht war das notwendig, um mit dem Tod des allgemein bekannten Großvaters das Kapitel „Lilienfeld“ abzuschließen. Martin Prinz ist, um Theaterwissenschaft zu studieren, nach Wien gekommen und dageblieben.

Martin Prinz: „Die unsichtbaren Seiten“, Insel 2018, 221 S. € 22,70.
Am 17. Mai 2018 liest autor Martin Prinz in der Alten Schmiede aus seinem neuen Buch.