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Filmfestival V’15 – 22.10. bis 5.11.

"Bella e Perduta": Pulcinello und der Büffel. © Viennale

Nahezu 500 Seiten hat das Katalogbuch der Viennale 2015. Wie üblich setzen Hans Hurch und sein Team einige Schwerpunkte. Zur besseren Orientierung. Spezialprogramme, Tributs, Fokussierungen und die drei Kategorien, Spielfilm, Dokumentarfilm und Kurzfilm, bieten eine Fülle an, vom Chef und den KuratorInnen als sehenswert eingestuften, Filmen damit jeder Gusto und Geschmack befriedigt wird.

Was groß und wichtig ist oder auch nur so tut, braucht keine Fanfaren, um bemerkt zu werden. Die Weltpremieren, die eben aus Venedig eingetroffen Filme, die heuer geehrte Tippi Hedren in den Hitchcock-Filmen finden mehr Zuschauer_innen als Plätze vorhanden sind. Auch die B-Movie-Schau „Aus Fleisch und Blut" (gemeinsam mit dem Filmarchiv Austria, dem Institut Schamlos veranstaltet) hat schon längst ihr Publikum gefunden. “Austrian Pulp – Genrekino aus Wien und anderswo“, kuratiert on Paul Poet, hat bereits begonnen. Bis 8. November werden 14 Filme im Metro-Kino zu sehen sein.

Vermutlich wird es diesmal bei der Viennale ein erhöhtes Interesse von ganz kleinen Zuschauer_innen geben. Ein filmischer Tiergarten lockt Großmütter, die ihren Enkelinnen zeigen wollen, was sie einst zu Tränen rührte. „Bambi“ etwa oder „Lassie“ oder „La Belle et la Bête“ von Jean Cocteau. Nein, Cocteau lieber ohne Kinder wieder ansehen. Auch „King Kong“ ist doch zu fürchterlich fürs zarte Kindergemüt. "Babe", die Fortsetzung von George Miller: © Österreichisches Filmmuseum

Aber nicht nur dieses Übliche, das jeder beim Begriff „Tierfilm“ sofort einfällt, ist in der Retrospektive „Eine kleine Zoologie des Kinos“ enthalten. So großartige Künstlerfilme wie Bill Violas „I do not know what it is I am like“1986) oder Pasolinis „Uccellaccci e Uccellini“ (1966), François Truffauts beeindruckender Film über den Wolfsjungen „L’enfant sauvage“ (1970) oder, ebenso traurig und aufwühlend, Ken Loaches „ Kes“ (1969) und … großartige Dokumentarfilme, japanische Zeichenfilme, eine Zusammenstellung von Kurzfilmen, also Fantastisches, Merkwürdiges, Erschreckendes, Erkenntnisreiches. Im Filmmuseum.

Chihiro  auf der Suche nach ihren Eltern , Japan 2001. © Öserreichisches FilmmuseumSchaut man aber das Spielfilmprogramm an, dann sind auch dort allenthalben Tiere als Haupt- und Nebendarsteller zu sehen, auch wenn es nicht um deren Beobachtung oder ins Eindringen ins fremde Reich, das Tierreich, geht sondern um eine Geschichte. In „Bella e Perduta“ (Schön und verloren, fast der Beginn des Gefangenenchors aus der Oper „Nabucco“) reist Pulcinello mit einem heranwachsenden Büffel durch Italien; in „Boi Neon / Neon Bull“ aus Brasilien zieht ein fahrendes Völkchen mit 12 Stieren von Show zu Show und im Film „The Lobster“ werden Menschen, die nicht fähig sind, einen Partner zu finde, in die Tiere verwandelt und in den Wald geschickt. Einer hält sich nicht an die Regeln, flieht vor seiner Verwandlung, verliebt sich ohne Erlaubnis. Preis der Jury und „Queer Palme“ in Cannes, beängstigend und komisch zugleich.
Weniger fiktional ist schließlich „La mujer de los perros“ / Dog Lady“, ein stilles Drama aus Argentinien. Laura Citarella und Verónica Llinás (sie spielt auch die Titelrolle) fragen wie einst Leo Tolstoi: „Wieviel Erde braucht der Mensch?“

Auch im Mittelpunkt von Laurie Andersons dokumentarischem Filmessay "Heart Of A Dog" steht ein Hund, ihre verstorbene Lolabelle.  Die Multi-Künstlerin mischt Super-8-Aufnahmen aus ihrer Kindheit dazu, zeigt Smartphone-Videos, singt selbst, musiziert, erzählt und schiebt den Hund nur vor, denn eigentlich trauert sie um einen Menschen, den sie kürzlich verloren hat. Lou Reed, ihren 2013 verstorbenen Mann.

Red Hot Riging Hood, Tex Avery, 1943. © österreichisches Filmmuseum

Das sind nur einige Filme aus dem Hauptprogramm, in denen Tiere mitspielen. Zum Ende also noch ein Film aus der zoologischen Abteilung, bei dem man nicht aus Schrecken, Trauer und Mitleid weinen muss, sondern vor Lachen: Katharine Hepburn und Gary Grant in „Bringing Up Baby“ von Howard Hawks, 1938. Wie man einen Leoparden, nein, einen Mann, zähmt! Der Leopard ist bereits gezähmt, eben das „Baby“, das aus seinem Käfig entkommen ist und hektische Suchaktionen auslöst. Der deutsche Titel tut wenig zur Sache: „Leoparden küsst man nicht“ – doch die turbulente Komödie kann man sich immer wieder ansehen.

Logo der Viennalle'15. © ViennaleWiener internationales Filmfestival, Viennale, V’15, 22. Oktober bis 5. November.
Ticketvorverkauf ab 17. Oktober, 10 Uhr. Festivalzentrum in der „Alten Post“, Dominikaner Bastei 11, täglich von 18 bis 4 Uhr.
Am Sonntag, 25. Oktober, wird Eric Pleskow, greiser Präsident der Viennale und mit 14 Oscars ausgezeichneter Filmproduzent in Hollywood, Rede und vermutlich auch Antwort stehen. Sitzend natürlich, ab 19 Uhr im Festivalzentrum.