Kehlmann verfilmt – Ich und Kaminski
Daniel Brühl als arroganter Schreiberling Sebastian Zöllner und Jesper Christensen als scheinbares Opfer, Manuel Kaminski, einst Kultfigur des Kunstmarktes, liefern sich in Wolfgang Beckers Verfilmung des Romans „Ich und Kaminski“ von Daniel Kehlmann ein spannendes Duell.
Am besten ist der Rahmen: Vorspann und Abspann. In teils gestellten Schwarzweißbildern wird Kaminskis Karriere als Streifzug durch die Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts erzählt. Am Ende tanzen die Werke der Moderne über die Leinwand. Auch während der Handlung verwandeln sich die Filmbilder durch Morphing-Effekte in bekannte Sujets der Malerei.
Die Handlung ist schnell erzählt. Zöllner möchte die Geheimnisse des sich allmählich selbst überlebenden Malers aufdecken. Er hofft, dass dieser bald des Zeitliche segnet und so sein Buch auf die Hitlisten hievt. Doch der alte Maler, der einst Furore machte, weil ruchbar wurde, dass er blind ist, gibt ihm Paroli.
Wie wahr diese Legende vom blinden Maler ist, möchte Zöllner gerne wissen. Kaminiski, von seiner Tochter in ein einsames Haus in den Schweizer Alpen eingesperrt, denkt nicht daran abzutreten und geht auch diesem jungen Schnösel nicht auf den Leim. Im Gegenteil, wach und schlau, benutzt er ihn für seine Zwecke.
Zöllner soll ihn zu seiner Jugendliebe bringen. Thérèse, angeblich Muse der frühen Jahre Kaminskis, hat ihn einst Knall und Fall verlassen. Endlich will er wissen warum. Der Besuch im belgischen Häuschen mit Garten ist der Höhepunkt des Films. Thérèse (Geraldine Chaplin großartig balancierend zwischen Demenz und Gleichgültigkeit) kann sich an gar nichts erinnern, lässt ihren Lebensgefährten (Jan Decker) trockenen Kuchen servieren und lädt die beiden Besucher ein, mit ihr die „Millionenschau“ im Fernsehen anzusehen.
Kaminski erfährt nicht, was er wissen will, und auch Zöllner muss einsehen, dass er kein Geheimnis aufdecken kann oder gar keines existiert. Doch die beiden Männer, Narziss und Schwindler, der junge wie der alte, sind einander näher gekommen. Der Witz wird am Ende durch Pathos erstickt: Der junge Zöllner gibt seinen Plan auf, wirft die gesammelten Anekdoten ins Meer und geht davon, während der alte Kaminski im Sand sitzen bliebt. Ob er jetzt stirbt oder von seiner Tochter wieder eingefangen wird, bleibt offen.
Ein richtig schöner Film als Reise durch die Kunstgeschichte, voller Anspielungen und Witz, allerdings verliert die Erzählung zwischendurch an Dynamik. Das erinnert ein wenig an getretenen Quark, mehr breit als stark. Durch die Einteilung der Szenen in nummerierte Kapitel, weist Regisseur Becker deutlich auf die Erzählung von Kehlmann als Quelle hin.
„Ich und Kaminski“, Spielfilm von Wolfgang Becker im Verleih Filmladen. Drehbuch nach der gleichnamigen Erzählung von Daniel Kehlmann: Thomas Wendrich, W. Becker. Mit Daniel Brühl, Jesper Christensen, Geraldine Chaplin, Jan Decker und anderen. Ab 25. September im Kino.