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Ausstellung: Kunst-Tanz-Musik in Salzburg

Sergei Tcherepnin Untitled, 2016 Interaktive Foto- und Soundinstallation. © MdM / Rainer Iglar

Tanz im Museum ist nichts Neues, dass aber ein Museum dem Tanz eine Ausstellung widmet kommt nicht alle Tage vor. Im Museum der Moderne Salzburg hat sich Direktorin Sabine Breitwieser eines außergewöhnlichen Projekts angenommen. Ausgehend von den Derra de Moroda Dance Archives, die sich seit dem Tod der Sammlerin (1978) an der Universität Salzburg befinden, werden in der klar gegliederten Ausstellung Fäden zwischen dem (Tanz)Archivmaterial, heutiger Performance und aktueller bildender Kunst gewebt. „Kunst –Musik – Tanz“ im MdM ist ein, rund um die gesammelten Erinnerungen aus den 1920er / 30er Jahre gestaltete, höchst lebendige, dynamische Schau, die einen Dialog eröffnet und neue Sichtweisen auf verborgene Zusammenhänge ermöglicht.

Der Dialog mit der Vergangenheit ist weder stumm noch starr. Zeitgenössische Künstler_innen, sowohl aus dem Bereich Tanz und Performance wie aus der Bildenden Kunst, haben sich mit eigenen Arbeiten an dieser Ausstellung beteiligt. Jonathan Burrows, Philip Gehmacher, Andrea Geyer, Eszter Salamon oder Sergei Tcherepnin seien beispielhaft genannt. Eine Premiere, wenn nicht überhaupt so auf jeden Fall für das MdM Salzburg. Dass ein Museum in großem Stil Aufträge an Künstler_innen vergibt, kommt nur selten vor. Doch genau dieser Teil, die eigens für die Ausstellung geschaffenen Werke, geben der Ausstellung Leben und machen deutlich, dass dass der große Kunstkasten keinerlei Schubladen braucht. Paulina Olowska V.l.n.r. Rytmic Composition, 2016; Arabesque, 2016; I Danced in front of the Opera Ballet - Krystyna Mazurowna, 2015; Symphony in Three Movements, 2016; Pavlova Painting, 2016. © MdM / Rainer Iglar

Damit im Kopf kein Chaos entsteht, zwischen Gestern und Heute, Fakten und Fiktion, Dokumentation und Kreation, ist der pas deux von Tanz und (bildender) Kunst nicht so kompliziert, wie es scheint. Die asgewählten Objekte des Archivs sind thematisch geordnet und werden in fünf Räumen präsentiert. Dazwischen öffnen sich die Zonen für das Spiel mit der Aktualität. Kunstwerke, zweidimensional an der Wand, dreidimensional mitten Im Raum, Videoaufzeichnungen der Live Performances bei der Eröffnung, die als Reaktionauf die Sammlung der Tänzerin entstanden sind , kommentierend, kritisierend oder bestätigend.

 Projektionen (insgesamt 11 Abbildungen):  Tänze anderswo  Linke Wand: Frans van Riel Anna Pavlova und Hubert Stowitts in einem „Assyrischen Tanz“, 1917. Rechts: Indische Tänzerin, o.D. © Staatliche Museen zu Berlin, Kunstbibliothek, Nachlass Joseph Lewitan Film-und Tonbeispiel sowie interaktive Angebote machen den Spaziergang in der obersten Etage des Museums auf dem Mönchsberg – Bühne und Schauraum zugleich – zu einem abwechslungsreichen, packenden Parcours. Das Archiv wird in vier thematischen Schwerpunkten erschlossen: Tänze anderswo, Bewegung schreiben, Korrespondenzen sowie Entwürfe des modernen Tanzes. Ein fünfter Raum ist Derra de Moroda selbst gewidmet.

Manches klärt sich erst im Rückblick, vieles möchte ich zwei Mal studieren und spielend genießen (wie die interaktive Foto-Musik-Inszenierung des 1981 in Boston geborenen interdisziplinär arbeitenden Künstlers Sergej Tcherepnin).
Besucherinnen dürfen sich treiben lassen und staunen (etwa über die teils herzigen Versuche, die ephemere Kunst der Bewegung auf fünf Linien festzuhalten), oder als konzentrierte Beobachterin durch die Ausstellung schreiten und jede Handschrift, jeden Zeitungsausschnitt, jedes erst kürzlich entstandene Kunstwerk und die Rücken des Lesestoff der Tänzerin Friderica Derra de Moroda im verglasten Bücherkasten studieren. An den riesigen Fotos, die den Rundgang eröffnen wird niemand vorbeigehen wollen. Bert J. Sabourin: Friderica Derra de Moroda um 1916.  Derra de Moroda Archiv
Beschlossen wird der Rundgang, wenn er linker Hand begonnen worden ist, mit einem Schaukasten von Devotionalien, die die Sammelwut der Dame de Moroda eindrucksvoll belegen. Da muss den Wissenschaftlerinnen gedankt werden, dass sie uns auch ein wenig Amüsement gönnen.

Archive, ob verstaubt oder gepflegt wie das der Derra de Moroda an der Universität Salzburg, erzählen nicht nur über die Vergangenheit und die Vorlieben, derer, die sie gefüllt haben, sie sind Wegweiser in die Gegenwart.

Kunst-Musik-Tanz, Staging the Derra de Moroda Dance Archives,  Museum der Moderne Salzburg. 
Bis s 3. Juli 2016, Di bis So 10–28 Uhr, Mittwoch bis 20 Uhr.
Projektleitung: Sabine Breitwieser (Direktorin); Projektpartnerinnen: Irene Brandenburg, Nicole Haitzinger, Claudia Jeschke, Universität Salzburg; Kuratorische Assistentinnen: Andrea Lehner, Verena Österreicher, Museum der Moderne Salzburg. Ausstellungsarchitektur, Gestaltung Archivräume: Kuehn Malvezzi.
Dem Projekt ist eine eigene Website gewidmet, auf sich Details zur Ausstellung und zur Biografie der Tänzerin und Sammlerin Friderica Derra de Moroda und ihres Archivs finden.