Theatermuseum: „“Five Truths – Die Kunst der Regie“
Fünf Regisseure, die im 20. Jahrhundert die Regiearbeit wesentlich beeinflusst haben, müssen für eine Installation herhalten, die Unterschiede und den Wandel der Regiestile zeigen soll. Dazu verwendet die englische Regisseurin Katie Mitchel den Wahnsinns-Monolog der Ophelia aus Shakespeares „Hamlet“. Ausgehend vom Londoner Victoria an Albert Museum, ist die Videoinstallation auf ihrer Welttournee nun im Theatermuseum gelandet.
Mitchel hat Konstantin Stanislawski (1863-1938), Antonin Artaud (1896-1948), Bertolt Brecht (1898-1956), Jerzy Grotowski (1933-1999) und Peter Brook (*1925) gewählt und mit ihrem Team die Ophelia-Szene im im jeweiligen Regiestil nachinszeniert. Michelle Terry spricht den englischen Text:
… Da ist Rosamarin, der steht für Treu’.
Ich bitt Euch, liebes Herz, gedenkt meiner!
Da sind Stiefmütterchen, die sind fürs Angedenken. …
Mitchel, die auch in Wien schon inszeniert hat (Peter Handke: „Wunschloses Unglück“, Kasino am Schwarzenbergplatz, 2014), ist bekannt für ihre multimedialen Bühnenarrangements. „Five Truths“ hat sie in ein schwarzes Kabinett installiert, in dem jedem Regie-Vorbild zwei kleine Bildschirme zugeordnet sind, auf denen synchron die kurze Szene abläuft. Am eindrucksvollsten ist wohl die „Inszenierung“ im Sinne Grotowskis: Ein verzerrtes Gesicht weist auf sein „armes Theater“ hin, in dessen Zentrum der Körper steht. Auch Antonin Artaud suchte die Sprache des Körpers, die herkömmliche Form des Theaters, das nachahmende Worttheater, war ihm suspekt. Die „Tyrannei“ des Textes wollte er im „Theater der Grausamkeit“ abschaffen.
Bei Brecht, das ist schon eher bekannt, geht es um „Verfremdung“ und dazu gehört, dass dem Charakter das Selbstverständliche und Bekannte zu nehmen. Daher darf Ophelia mitten im Drama auch singen. Fehlen noch Brook und Stanislawski, doch auch sie sind für das Theatermuseum von Monika Meister und Klemens Gruber mit einer kompakten und gut verständlichen Einführung bedacht. Die kleine Mühe, diese Tafeln vor der "Aufführung" zu lesen, sollte niemand scheue, um wenigstens eine Idee zu bekommen, was Mitchell wollte.
Wer im Studium der Theaterwissenschaft nicht gerade im 20. Jahrhundert weilt und mit den fünf Größen vertraut ist, braucht eine Weile bis sich die parallel laufenden, oft nur schemenhaft erscheinenden Bilder klären. Doch die Szene ist kurz, anfangs steht über jedem Doppeldisplay der Name der Inspirationsquelle.
Nach mehrmaligem Betrachten der Filme klärt sich der Blick auf installative Videoperformance – so nennt man wohl den Beitrag des V&A zum Shakespeare-Jahr. Der immer noch unübertroffene Dramatiker ist vor 400 Jahren im Mai gestorben. Angeblich an seinem 52. Geburtstag – allmählich, es gelingt sich auf eine der Theaterreformer zu konzentrieren und zu entschlüsseln, was Mitchel als Substanz des jeweils "Bearbeiteten" zu erkennen vermag. Über das brechtsche Gebiß der Darstellerin kann man bedenkenlos hinwegsehen.
„Five Thruths – Shakespeares Wahrheit und die Kunst der Regie“, eine „Touring Installation des Victoria and Albert Museum im Theatermuseum, Palais Lobkowitz, Lobkowitzplatz 2, bis 31.10. 2016, täglich außer Dienstag, 10–18 Uhr. Reiches Begleitprogramm.