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Ballettclub: Junge Choreografen im Theater Akzent

Komposition von Ashley Taylor mit Attila Bakó im Vordergrund

Drei Tänzerinnen und neun Tänzer des Wiener Staatsballetts sind der Einladung des Ballettclubs gefolgt, ihre Kreativität als Choreograf_innen zu zeigen. Manche dürfen schon als alte Hasen bezeichnet werden, andere versuchen ihr Talent zum ersten Mal zu beweisen. Sie erarbeiten mit ihren Kolleg_innen aus der Compagnie vor allem Pas de deux, proben aber auch mit Gruppen bis zu sechs Tänzern.

Betont werden muss, dass Choreograf_innen und Tänzer_innen in ihrer Freizeit, zwischen Training, offiziellen Proben und Aufführungen, an den Stücken arbeiten, die sie am 7. und 8. Mai im Theater Akzent darbieten werden.

Als bereits erfahrene Choreografen wirken mit Attila Bakó (sein Duo „The Fall“ hat Direktor Manuel Legris ins Repertoire übernommen), Samuel Colombet, Trevor Haydn (auch sein Stück, „Double Date“, ist im Repertoire des Staatsballetts) und Martin Winter. Im Probensaal: Andrés Garcia Torres mit seiner Schwester Irene: "An die ferne Geliebte".© Ashley Taylor

Die Neuen. Solotänzer Jakob Feyferlik springt beidbeinig ins kalte Wasser und wagt sich gleich an ein Stück für sechs Tänzer_innen. „Desire / Sehnsucht“ nennt er den Pas de six zur Musik von Max Richter, der für mehr als 50 Filme den Soundtrack komponiert hat. Feyferlik ist nicht der erste Choreograf, der Musik aus Richters Alben zum Tanzen geeignet findet.
"Sehnsucht" von Jakob Feyferlik mit Nini Tonoli, Graig Matthews und Natascha Mair. © Ashley Tailor Doch auch als Tänzer wirkt Feyferlik an den beiden Abenden mit: Im Choreografieversuch der Ersten Solotänzerin Nina Poláková. Mit Gala Jovanovic (von Legris aus dem Ensemble an der Volksoper an die Staatsoper geholt und zur Halbsolistin ernannt) wird er „Daneben“ tanzen. Da kann eigentlich nichts passieren.
Auch Solotänzerind Nikisha Fogo (aktuell als Olga in John Crankos „Onegin“ erfolgreich) denkt über ein Tanzstück nach und wird die Tanzkörper durch Selenbewegungen (Movements of the Soul“) in Schwingung versetzen. Die dritte Dame ist Tainá Ferreira Luiz, die ein ähnlich vages Thema beschäftigt, nämlich „Thoughts & Feelings / Gedanken und Gefühle“. Das Besondere an ihrer Kreation ist die Musik von Sebastian Brugner, die von seinem Ensemble live gespielt wird. Ihr Kollege im Ensemble der Volksoper Andrés Garcia-Torres hat keine Scheu vor Ludwig van Beethoven und wird im Pas de deux mit seiner Schwester und Kollegin Irene nach der fernen Geliebten schmachten. Alles klar – die Musik stammt aus des Komponisten Op. 98, dem Liederzyklus „An die ferne Geliebte“ nach sechs Poems des dichtenden Arztes Adolf Jeitteles. Beethoven hat ihn unsterblich gemacht. 

Fehlen noch zwei Junge fesche Burschen, pardon Halbsolisten, aus dem Wiener Staatsballett: der Portugiese Leonardo Basilio und der Italiener Francesco Costa. Der Folder für die Veranstaltung. © Ballettclub
Bei Basilio geht es unter die Haut. „Skin“ nennt er sein Stück zur Musik des tanzaffinen französischen Komponisten René Aubry (Zusammenarbeit mit Pina Bausch, Carolyn Carson oder dem Illusionisten und Puppenspieler Philippe Genty und anderen). Nicht weniger verinnerlicht geht es bei Costa zu. Ob er mit dem Titel seines Stückes „Anima et Corpo“ in die Zeit der Spätrenaissance zurücktanzen will, weiß ich nicht, weil er am Abend  in "Onegin" auftreten musste und daher, wie einige andere Jungchoreograf_innen auch, bei der Präsentation des seit 2003 bestehenden Projekts des Ballettclubs nicht anwesend sein konnte. Wie auch immer „La Rappresentazione di Anima, et di Corpo / Die Darstellung von Seele und Leib“ ist ein Meisterwerk von Emilio di Cavalieri, uraufgeführt in Rom 1600. Vielleicht treten Leib und Seele auch bei Francesco Costa live auf. Die Musik ist jedenfalls real und aus diesem Jahrhundert. Das Trio anna RF (bedeutet auf Arabisch: „Ich weiß“, aber auch „Ich weiß nicht“) vereint ihren „Elektrik-Ethnischen-Reggae“ mit den Klängen des alten Saiteninstrumentes Kamancha des aserbaidschanischen Musiker Imamyar Hasenov. Der Ohrenschmaus kann schon voraus-garantiert werden.

Probe zu "Anima e Corpo" von Francesco Costa. © Ashley Taylor

Interessantes gibt es auch noch von „Shadows we cast / Schatten, die wir werfen“, von Attila Bakó hinzuzufügen. Der Tänzer arbeitet für die Performance mit dem Computerwissenschaftler Peter Reichl (Cooperative Systems –COSY) an der Informatik Fakultät der Universität Wien zusammen. Gemeinsam entwickeln sie ein interaktives System, mit dem die Tänzer_innen mittels Sensoren die Musik beeinflussen können. Später möchte Reichl die Interaktion auf der Bühne in den Zuschauerraum erweitern. Völlig neue Möglichkeiten ergäben sich für Tanz und Performance. Der Tänzer Attila Bakó ist ein erstes Versuchskaninchen.

Ballettclub: „Junge Choreografen des Wiener Staatsballetts“, es tanzen Mitglieder des Wiener Staatsballetts, 7. + 8. Mai 2017, Theater Akzent, 20 Uhr.