Hexen sind auch nur Menschen, Dschungel Wien
Dschungel Wien, das Theaterhaus für junges Publikum, hat vier Hexen eingeladen, die aktuelle Saison zu eröffnen. Es ist die letzte der erfolgreichen Intendantin Corinne Eckenstein. Im Rahmen einer Feierstunde wird sie am 7. Oktober im Kasino am Schwarzenbergplatz für ihre langjährige künstlerische und kulturpolitische Leistung mit dem Stella*22-Sonderpreis der Assitej geehrt.
Für die vier Hexen ist die Premiere ein voller Erfolg. Sie fesseln das junge Publikum mit ihren unterschiedlichen Zauberkräften, sprechen über ihre Verschiedenheit und das Gemeinsame und lassen im Finale verstehen, dass sie Menschen sind, jede anders und doch, wie das Publikum auch, geboren und aufgewachsen auf demselben Planeten. Premiere war am 22. September im Dschungel Wien. Auf der Bühne sind diese quirligen Hexen schon ziemlich alt, nach der Vorstellung sind die Tänzerinnen, Iris Omari Ansong, Maartje Pasman und Katharina Senk und die Schauspielerin Yuria Knoll wieder ganz und gar von dieser Welt, jung und engagiert.
Was das Publikum von ihnen lernen kann, ist, dass alle Menschen individuelle Kräfte haben, aber auch ihre eigenen Behinderungen. Die sind nicht immer sichtbar, aber spürbar oft schon im Kindergarten. Es wird nicht gepredigt, belehrt oder moralisiert in diesem eher sanft brodelnden Hexenkessel, die Gedanken muss sich das junge Publikum schon selbst machen. Deshalb bietet Dschungel Wien Schulvorstellungen an, die Diskussion nach der Vorstellung ist ein wichtiger Teil des Stückes.
Die Darstellerin Yuria Knoll ist auf den Rollstuhl angewiesen und, um die Diversität auf der Bühne und im Zuschauerraum zu betonen, spielen auch Elke Schaumberger und Georg Marsh mit. Sie übersetzen die gesprochenen Texte in Gebärdensprache. Ein wenig schade ist es, dass die Tänzerinnen ihr Potenzial nicht ganz ausreizen. Schlummert da die Idee, dass der Kontrast zur Yuria, der Darstellerin der fast 200 Jahre alten, für das Hexentreffen aus dem Wasser an Land gestiegenen Hexe Sam, nicht zu deutlich sein soll? Einzig Maartje Pasman versucht ihre unnachahmliche Bühnenpräsenz und körperliche Gewandtheit einzusetzen. Iris Omari Ansong und Katarina Senk, beide haben ihre Tanzausbildung an der MuK erfolgreich abgeschlossen, setzen vor allem Arme und Oberkörper ein, sind recht sanfte Hexen, auch wenn alle vier fauchen, schnaufen und zischen, um Hexenflair zu erzeugen. Die vier Bühnenkünstlerinnen habe ihr Stück gemeinsam erarbeitet und geprobt. Eine ordnende Kraft, Regie genannt, hätte diesem etwas betulichen Hexensabbat gutgetan. Sie hätte Längen gestrafft, das Tohuwabohu das beim Nachspielen der Gebärden sprachlichenr Sätze geglättet und Yuria Knoll gesagt, ihre Sätze nicht zu verschlucken im Bemühen, sie möglichst schnell fertig zu sprechen. Doch diese Sprechakrobatik mag dem Premierenfieber zu verdanken sein und hat die jungen Zuschauer:innen wohl kaum gestört.
Dschungel Wien: „Hexen“, Dschungel Wien
Idee, Choreografie, Performance: Maartje Pasman, Yuria Knoll, Iris Omari Ansong, Katharina Senk.
Kostüm, Bühne: Julia Trybula; Licht. Hannes Röbisch, Zauberkunst: Thomas Thalhammer: Produktionsleitung: Franzi Kreis.
Dolmetscherin: Elke Schaumberger; Dolmetscher: Georg Marsh. Fotos: Dušana Baltić.
Premiere: 22.0. 2022, Dschungel Wien. Folgevorstellungen bis 27.9.2022
Fotos: Dušana Baltić