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Come back Again – Susanne Kirnbauer tanzt
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Noch einmal will sie auf der Bühne, dem Publikum in die Augen sehen, es zu Jubelrufen hinreißen, tanzen, tanzen, tanzen. Doris Uhlich hat mit der Tänzerin Susanne Kirnbauer eine Performance erarbeitet. Ein neuerliches Comeback. Ein gelungenes Comeback. Ein Erlebnis für die Tänzerin, die Choreografin und auch das Publikum.
Wie die Premiere am 12.2. im brut sind sämtliche Folgevorstellung schon lange ausverkauft.
Susanne Kirnbauer war Erste Solotänzerin im Ballettensemble der Wiener Staatsoper, doch auch wenn sie die große Bühne verlassen hat, verlassen musste, weil Tänzer und vor allem Tänzerinnen haben eine Karriere mit Ablaufdatum. Ein jugendlicher, fester Körper, straffe Haut und flinke Beine werden gewünscht.
Nachlassende Sprungkraft, faltige Haut und aufkeimender Widerspruchsgeist ist nicht erwünscht. Lebenserfahrung, Gefühlstiefe und Begeisterung gelten nichts. Susanne Kirnbauer beweist in den Choreografien von Doris Uhlich das Gegenteil. Sie war nicht Tänzerin, sondern sie ist Tänzerin, kann auch mit vorsichtigen Bewegungen, angedeuteten Schritten und versuchter Armhaltung, sitzend oder stehend, tänzelnd oder liegend, das Publikum in ihren Bann ziehen.
Das ist 2008 in Uhlichs Choreografie Spitze gelungen und auch 2012 in Comeback. Jetzt also Come Back Again. Susanne Kirnbauer ist mit der Bühne verwachsen, bewegt sich auch als alte Tänzerin souverän. Darum geht es der Choreografin Doris Uhlich, zu zeigen, dass Jugend nicht alles ist, dass Zirkusartistik, 32 Fouettés oder auf die Schulter geworfene Beine nicht notwendig sind, um sich mit dem Körper auszudrücken, zu sprechen. Von Liebe und Schmerz, von Enttäuschung und Hoffnung zu erzählen.
Die Tänzerin Susanne Kirnbauer erinnert sich, an die Trainingsstunden an der Stange, die Stütze ist und Feind. Tanzend kehrt sie zurück in die Vergangenheit, erinnert sich an die unaufhörlich gebellten Befehle, Wut keimt in ihr auf. Sie zwingt die Barre selbst zu tanzen lässt heftig kreisen, um sich dann wieder mit ihr zu versöhnen.
Doch die Bühne gehört ihr nicht allein, die Choreografin tanzt mit. Jung und Alt, Spitzentanz und freier Tanz finden das Gemeinsame, schließen einen Kompromiss. Die Ballerina Susanne Kirnbauer tanzt mit der Performerin und freien Tänzerin Doris Uhlich. Ein kräftiges und zärtliches, ein inniges und fröhliches Duo, oder wie es im Spitzentanz heißt, ein Pas de deux. Außergewöhnlich und beruhigend. Tänzerinnen können das, das Einigende finden, ohne das Individuelle zu verlieren. Politiker können es, wie immer wieder zu erfahren ist, nicht. Gekonnt bricht Uhlich in ihrer Choreografie das Anrührende, Schmerzliche, Bedrückende mit Bühnenzauber. Humor contra Rührung. Es darf gelacht und gestaunt werden.Als Königin stolziert Kirnbauer im weißen Hermelin (ein Bademantel dient als Ornat) über den rosa Teppich. Eine riesige weiße Krinoline wird zur Erinnerung an das Tutu, das Signaturkostüm jeder Tänzerin. Die zarte Ballerina, Prima Ballerina für ihre Fans, verschwindet fast darin, braucht ein Bündel Luftballone, um sichtbar zu bleiben. Manche Einfälle der Choreografin sehen wir nicht, die Tänzerin hat sie abgelehnt: „Das mache ich nicht.“ Susanne Kirnbauer hat nach 30 Jahren permanentem Nicken und Jasagen auch Nein zu sagen gelernt.
Die Protagonistin des Abends ist nicht nur Tänzerin, sie ist auch Darstellerin, Schauspielerin, die auf jeder Bühne zum Leben erwacht, sich bis an die Rampe vorwagt und sich ihrem Publikum hingibt. Mit kräftiger Stimme zählt sie uns ihre Jahre vor, Tanzjahre wie man es auch nimmt. Von one bis eightytwo. Ein langes Tänzerinnenleben passiert Revue, während sie wieder zurück zählt und bei manchen Stationen haltmacht. Mit 43 hat sie ihre Abschiedsvorstellung gegeben, mit 38 ihre erste Giselle getanzt, das war ein wenig spät, nicht so gut, wie sie wollte, murmelt sie zwischen der Zahlenreihe. Dass sie auch unter dem Choreografen Rudolf Nurejew getanzt hat, erwähnt sie nicht. Lieber gesteht sie, dass ihr Accessoires und Requisiten zuwider sind. Ob sie auftritt oder abgeht, auf dem Sessel sitzt und mit den Zehen wippt oder mit Doris Uhlich rangelt und später mit ihr auf dem Boden kugelt oder sich zur Popmusik bewegt: Susanne Kirnbauer tanzt immer und das Publikum spürt, dass da mehr ist, als die bloße Bewegung.
Das Privileg der älteren Tänzerinnen: sie haben ein Geheimnis im Körper, das vom Publikum zu spüren aber nicht zu entschlüsseln ist.
Am Ende, nach Verbeugung und Premierenjubel, nach Applaus und Blumenregen, kommt die Ballerina noch einmal ganz allein, mit den Edelsträußen im Arm auf die Bühner. Verneigt sich, dreht einen Halbkreis, macht einen Hüpfer, ein zweiter gelingt ziemlich hoch, lacht, tänzelt der Garderobe entgegen und verschwindet.
Doris Uhlich: Come back Again
Konzept und Choreografie: Doris Uhlich, Performance: Susanne Kirnbauer-Bundy, Doris Uhlich
Dramaturgische Zusammenarbeit: Adam Czirak; Outside Eye: Nikolaus Selimov; Sound/DJ. Boris Kopeinig; Bühne: Doris Uhlich in Zusammenarbeit mit Juliette Collas; Bühnenmitarbeit: Marco Tölzer; Licht. Leticia Skrycky.
Fotos: © Alexi Pelekanos
6 Vorstellung von 12. bis 16. Februar 2025 im brut.