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ImPulsTanz: Frank Willens „Radiant Optimism“

Das lustige Quintett im Clinch. © Karolina Miernik

Der Tänzer, Performer und Stimmakrobat Frank Willens versucht sich erstmals als Choreograph. Gemeinsam mit vier Tänzer*innen möchte er gute Stimmung verbreiten. Diesen strahlende Optimismus („Radiant Optimism“) verbreitet er auf Einladung von ImPulsTanz im Kasino am Schwarzenbergplatz. Ein unterhaltsamer Abend ist ihm mit seinem choreografischen Debut jedenfalls gelungen.

Der Beginn ist durch die unabsichtliche Mitwirkung des Publikums überaus komisch: Die Tänzer*innen wippen mit dem ganzen Körper zu monotonen Beats. Das Publikum wippt mit und fächelt synchron im Takt. Auf der Bühne wird genickt und geknickst und gegrinst. Der finnische Choreograph und Regisseur Tomi Paasonen, von Willens als Tänzer engagiert, entpuppt sich als wahrer Grüß- und Grinsaugust. Bunt gekleidet und unermüdlich nickend kommen mir alle fünf vor wie die lustigen Wackelfiguren, die lustige Menschen im Auto haben oder gar daheim auf dem Fensterbrett, doch solche kenne ich nicht.

Tomi Paasonen, Nadine Milzner: als Optimisten im Rotlicht. Alle Fotos © Karolina MiernikWillens und sein Team wollen Optimismus vermitteln und hüpfen deshalb schlicht als fröhliche Kasperl auf der Bühne umher. Das ist nicht unangenehm und jedenfalls entspannender als so manche mit Inhalt überfrachtete, doch von jeglichem Können unbelastete Performance.

Emese Csornai spielt mit dem Licht, schaltet es auf Rot und fährt mit blauen Blitzen hinein; die Nebelmaschine wird eingesetzt, durch eine im Hintergrund geöffnete Tür malt das Sonnenlicht eine breite Bahn auf Bühne, vertreibt Rauch und Nebel. Text gibt es auch, vor allem Zitate aus dem Film „A Woman Under the Influence“ (John Cassavetes, 1974). Die Tänzer*innen haben die Fragmente aufgenommen und machen auf der Bühne die entsprechenden Mienen zu zurückgespielten Solos und Chören. Willens ist ein großartiger, mehrfach preisgekrönter Tänzer und zeigt uns gegen Ende der lustigen Stunde, dass er auch die Trommel bedienen kann.  Choreograf und Darsteller Frank Willens plädiert für eine positivere Weltsicht.Die Puppen tanzen dazu. Und, da bin ich mir sicher, haben viel Spaß dabei. Die Optimismus-Injektion ergibt eine lustige Stunde, und, um nicht „noch mehr Scheiß in die Welt bringen“ (Frank Willens), denke ich über den Choreografen Frank Willens nicht nach und suche auch nicht nach einer packenden Performance.

Frank Willens hat im ImPulsTanz Festivalviel viel zu tun gehabt. Nicht nur die eigene Choreografie vorzubereiten und darin aufzutreten, auch ein Workshop hat er gehalten und mit Peter Stamer die Präsentation von „In the Penal Colony“ (basierend auf Franz Kafkas Erzählung „In der Strafkolonie“) im mumok vorzubereiten. Zwei Wochen haben sie dran gearbeitet, Frank Willens in der Strafkolonie (auf dem Kubus im mumok). @ Ilya NoéWillens musste vor allem eine Textflut bewältigen und sie auch in der Darstellung strukturieren. Die Präsentation des Körpers ist für mich aufregender als der englische Text. Willens steht auf einer metallenen Brücke im mumok, ein an Drahtseilen auf- und abschwebender Lastenaufzug, balanciert an dessen Kante und steht im Finale hoch über dem Foyer des Museums auf dem weißen Kubus. Die Ketten rasseln, der Aufseher steht auf schwankendem Grund (Willens und der Maschinist Zoran Docmanovič, der für die vielen zur Todesstrafe Verurteilten im Straflager steht, sind natürlich angekettet, die roten Geschirre auf den nackten Oberkörpern, erscheinen die Gurten als Bluttattoo), putzt akribisch Blut und Dreck von den Wänden und vom Boden, wechselt den Tonfall, spricht unbeteiligt von oben herab (die Zuschauer sind auf die Stege in den verschiedenen Etagen aufgeteilt, die Brücke schwebt von oben nach unten, die Perspektive verändert sich) oder wendet sich vertraulich an seine Zuhörer*innen. Bei Kafka ist es ein einzelner Besucher, der sich am Ende mit Grausen abwendet und flieht, doch das Publikum des Duos „Stamer & Willens“ klatscht begeistert. Autor, Regisseur, Performer Peter Stamer. Foto: https://www.onassis.org/people/peter-stamer
Noch ist diese Vorstellung als „Work in Progress“ bezeichnet, doch ist es durch die perfekte Raumeinrichtung einstweilen nur für das mumok geeignet. Keine Überraschung, dass diese Performance schnell ausverkauft war,  Stamer & Wilens sind ein in Wien bekanntes und geliebtes Duo. Bereits 2016 haben sie für ImPulsTanz immumok den Text „Über Wahrheit und Lüge im außermoralischen Sinne“ von Friedrich Nitzsche mit Erfolg in einer englischen Version („On Truth and Lie in an Extra-Moral Sense“) theatralisiert. Beide Vorstellungen leben vor allem durch den Darsteller, der als Tänzer natürlich nicht nur mit der Stimme und der mimik arbeitet. Auch die auf Kafka basierende Performance spricht die Sinne ebenso an wie den Geist.

Frank Willens: „Radiant Optimism“. Choreografie / Tanz: Frank Willens. Von und mit Nadine Milzner, Mariana Nobre Vieira, Tomi Paasonen, Angelina Hoffman. Musik: Alexander Nickmann, Licht: Emese Csornai. 30. Juli, 1. August 2019, ImPulsTanz im Kasino am Schwarzenbergplatz.
Peter Stamer & Frank Willens: „In the Penal Colony“. Inszenierung, Raum- und Texteinrichtung: Peter Stamer. Darsteller. Frank Willens. Maschinist Zoran Docmanovič. Dramaturgische Begleitung: Ilya Noé. 26. Und 29. Juli 2019, ImPulsTanz im mumok.