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ImPulsTanz: Lisbeth Gruwez „The Sea Within“

Der Schwarm ballt sich zusammen.© Danny Willems

Auch wenn die belgische Tänzerin und Choreografin Lisbeth Gruwez nicht selbst auf der Bühne steht, sind ihre Vorstellungen außergewöhnlich. Die aktuell im Rahmen von ImPulsTanz im Akademietheater gezeigte, "The Sea Within", magisch und mitreißend. Voetvolk, Fußvolk, nennt sie ihre Compagnie, die sie gemeinsam mit dem Komponisten und Musiker Maarten Van Cauwenberghe 2007 gegründet hat. Auf der Bühne bewegen sich diesmal elf exzeptionelle Tänzerinnen als Solistinnen und als kompaktes Kollektiv. Ein faszinierendes Erlebnis. Eine Stunde lang kein Husten, kein Rascheln, keine leuchtenden Displays, das Auditorium ist verzaubert.

Wie in Trance bewegen sich anfangs die elf Tänzerinnen auf der leeren Bühne im allmählich heller werdenden Licht. Schlafwandlerinnen oder komische Tiere sind sie, die sich auf dem rosafarbenen Boden wie unter Wasser bewegen. Jede eine Solistin c© Danny WillemsBis einer auffällt, dass da noch andere da sind und sie alle miteinander Kontakt aufnehmen. Ein wogendes Wechselspiel von individuellen und gemeinsamen Bewegungen hält mich in Atem. Wenn sich die elf zu einem Schwarm zusammenballen, ist die Stimmung eine andere. So eng stehen sie beieinander, dass sie sich kaum noch bewegen können, einander stützen müssen, wenn einzelne die Kraft verlässt und lautlos zu Boden sinken. Schwankend wie vom Wind bewegtes Rohr (das beugt sich, aber zerbricht nicht), wogend wie die Meereswellen, flüssig wie Magma – der Titel „Das Meer im Inneren“ erzeugt fantastische Bilder in meinem Kopf –, fließt der eng verbundene Schwarm vor und zurück, lockert sich und rückt wieder eng zusammen. Bis die von Maarten van Cauwenberghe gefunden Klangmassen losdonnern, sich die verzahnte Menge wieder in elf Individuen aufspaltet, die ganz bei sich bleiben, ihren eigenen Bewegungsimpulsen folgen.Wenn eine fällt, wird sie gestützt. © Danny Willems

Unvermittelt brechen die Frauen in Aggressionen aus, schreien, grimassieren, strecken dem Publikum die Zunge heraus, beruhigen sich wieder, um unter Anleitung der wilden Tonkaskaden zu Hyänen zu werden. Sie hecheln, flüstern Wörter, die vom brausenden Wind verschluckt werden, beruhigen sich wieder, gehen ganz in sich mit geradezu zärtlichen Bewegungen in Zeitlupe. Beides ist möglich, die Gemeinsamkeit und die Einzelheit, die Sanftmut und die Wildheit, die Ruhe und die Explosion. Und überdies ein scheinbares Chaos, das sich immer wieder selbst ordnet und ein magischer Tanz, Ruhe und Entspannung. Das Chaos ordnet sich von selbst. © Danny Willemsausgeführt von elf großartigen, dynamischen Tänzerinnen, die das Publikum in ihren Bann ziehen und begeistern.

Lisbeth Gruwez ist keine, die herzeigen muss, was sie hat und kann, sie bietet mit den Tänzerinnen keine Show, dennoch kann der Tanz genossen werden, ohne nach dem Woher, Wohin, Warum zu fragen. Tut man das dennoch, bekommt man keine Antworten, lediglich ein paar Vorschläge und Angebote, etwa die Erkenntnis der Choreografin gemeinsam mit den der Tänzerinnen, dass es möglich ist, dass das Chaos sich selbst ordnet. Man darf es ruhig lassen, wie es ist.

Voetvolk | Lisbeth Gruwez: „The Sea Within“, Konzept und Choreografie: Liesbeth Gruwez. Musik und Sounddesign: Maarten Van Cauwenberghe, Elko Blijweert, Bjorn Eriksson.
Performance: Ariadna Gironès Mata, Charlotte Petersen, Cherish Menzo, Daniel Escaleth Romo Pozo, Francesca Chiodi Latini, Jennifer Dubreuil Houthemann, Natalia Pieczuro, Sarah Klenes, Sophia Mage, Chen-Wie Lee.
29., 30., 31. Juli 2019, ImPulsTanzz im Akademietheater.