ImPulsTanz: Chamblas & Charmatz „À bras le Corps“
Dimitri Chamblas & Boris Charmatz sind wieder einmal mit dem Klassiker „A bras le corps“, was so viel heißt wie „An die Waffen Körper“, in Wien. Man kann dieses Duo nicht oft genug sehen. Es hat sich im Lauf der Jahre verändert, ist leichter und fast fröhlich geworden. Seit der Entwicklung der halbstündigen Demonstration ist nahezu ein Vierteljahrhundert vergangen, das Stück hat sich mit den Tänzern verändert. Im Keller des Leopold Museums wirkte die Vorstellung besonders intensiv und intim.
Charmatz und Chamblas, Freunde seit Jugendtagen, haben „A bras le Corps“ 1993 entwickelt, damals waren die beiden 19 Jahre alt und hatten gerade ihre eigene Gruppe, die Association Edna, gegründet. Beide haben an der Ballettschule der Pariser Oper studiert und sehr schnell dem Ballett adieu gesagt. Sie wollten den choreografischen und institutionellen Raum neu definieren und sich auch in ihren Arbeiten keinem herkömmlichen Code unterwerfen. Macht alle diese Ideen sichtbar, auch dass die beiden als Kinder und junge Männer Ballett studiert haben.
Jetzt gehen die beiden auf den 50er zu und können mit diesem Jugendstück noch immer überzeugen. Es hat sich ganz leicht verändert, ist ein wenig ironischer geworden, die Energie wird mit mehr Leichtigkeit eingesetzt. Im kleinen Raum des Leopoldmuseums sind die Tänzer ganz nahe am Publikum, können ihm in die Augen schauen, scheinen ihm zuzuzwinkern. Belästigt wird niemand. Es gehört zur Grundidee, dass der Tanz der beiden Männer in ihren weißen Hosen und Hemden allerorts aufgeführt werden kann und soll, auch im Freien und in kleinen Studios, auf dem Parkett oder dem Steinboden, jedenfalls nicht im Theater.
Das Publikum sitzt im Viereck, bildet quasi einen Ring, in dem Chamblas und Charmatz im Duett und als Solo reine Bewegung zeigen. Die Intimität im begrenzen Raum ist eine doppelte: Nahe dem Publikum und nahe dem Partner. Sie treiben ihre Körper an die Grenzen, setzen die Masse ihres Körpers ein, ruhen immer wieder kurz aus und schwingen sich dann wieder zu ungeahnter Bewegungsvielfalt auf. Die Musik (Itzhak Perlman spielt Capriccios von Niccolò Paganini) strukturiert den Ablauf. Sie tänzeln, stampfen, rollen, springen, treten voll Lust in Konkurrenz zueinander, fallen einander in die Arme, explodieren fast vor Freude an der Bewegung.
Wir bringen unsere Erfahrungen und als Männer ein und erhalten daraus emotionale Ströme, die von der Struktur des Duetts wie von einer Überlaufrinne aufgefangen werden. (Boris Charmatz)
Eine Choreografie voll Strahlkraft, die immer wieder von neuem ein Vergnügen ist, für die Tänzer und für das Publikum. Dieses wusste das auch zu würdigen.
„À bras le Corps“, Choreografie und Performance: Dimitri Chamblas & Boris Charmatz. Licht: Yves Godin; Regie: Arnaud Godest; Musik: Paganini Caprices Nr. 1, 10 und 16, Itzhak Perlman, Violine. Produktion Terrain, Musée de la danse, EDNA. 16., 17., 18. Juli 2019, Leopold Museum im Rahmen von ImPulsTanz.
Fotos: © Maximilian Pramatarov