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Meg Stuart und Tim Etchells: “Shown and Told”

Meg Stuart und Tim Etchells © Tine Declerck

Die Poesie im Ungewissen. Das Tanzquartier Wien zeigte am 23. und 24. November „Shown and Told“, eine Gemeinschaftsarbeit von Meg Stuart und Tim Etchells. Die beiden Größen der zeitgenössischen Tanz- und Performance-Kunst verweben Tanz und Sprache zu einem Geflecht von Deutungen und Bedeutungen, überraschend, mit Ironie und viel Witz, dynamisch und ungemein spannend.

Gekleidet wie frisch von der Straße gekommen, in Jeans, Turnschuhen und lockeren Oberteilen, betreten beide die leere Bühne der Halle G. Meg Stuart beginnt sofort, sich zu bewegen, kurze Sequenzen nur. Meg Stuart tanzt, Tim Etchells spricht. © Tne Declerck Tim Etchells, um sie herum gehend und sie beobachtend, kommentiert, ohne Mikrofon und trotzdem bestens verständlich, immer mit „It's like ...“ beginnend. Er sieht in ihrem Tanz Stimmen, die aus einem anderen Raum zu kommen scheinen, oder den Wind, wie er durch den Gang weht, oder die Muster des Kondensates an Fensterscheiben, oder den Geruch von Brennendem, oder steinerne Stufen, oder eine Erinnerung an vor fünf Jahren, vor fünf Monaten, fünf Stunden. Bewegung und Sprache beschleunigen sich, wie gehetzt kreist Etchells um den Gegenstand seiner Betrachtung, nah und fern, aus allen Winkeln schauend, sucht er Möglichkeiten einer Deutung. Meg Stuart entwickelt sich ins Sprechen hinein, Tim Etchells in die physische Aktion. Stuart erzählt zum Beispiel, warum sie tanzt. Einer ihrer vielen Gründe: „... um das Sterben üben zu können.“ Ein Moment von vielen in dieser Performance, der unter die Haut geht.

Sie bauen Städte aus Blumen, Atem, aus Körpern, die für Anderes nicht gebraucht werden. Auch Verbitterung wird spürbar. Es gibt auch ein Ratespiel, was wohl dieser Move bedeutet. Seine kreisenden Hüften sind eine Waschmaschine. Er perpetuiert einen Satz, schickt uns damit fast in Trance. Mehrmals realisiert man plötzlich, dass sich das Licht verändert hat, unbemerkt wegen des faszinierenden Geschehens auf der Bühne."Sown and Told": Spielerisch mit poetischer Potenz. © Tne Declerck

„Shown and Told“ kommt spielerisch, ganz ohne Eitelkeiten, mit seltener poetischer Potenz, im Tanz wie in der Sprache, vermeidet jegliche Eindeutigkeit und schafft einen eigenen assoziativen Kosmos, in dem nicht nur zwei Performer*innen, sondern viele imaginäre Protagonisten eine, ihre Rolle spielen. Das Auditorium in der ausverkauften Halle war begeistert.

„Man fühlt sich gut, und das Stück ist freundlich,“ zeigt sich Regisseur und Choreograf Janez Janša im anschließenden Künstlergespräch zufrieden.

„Shown and Told“, Konzept und Performance: Meg Stuart und Tim Etchells; Lichtdesign: Gilles Roosen; Kostüme: Annabel Heyse.
Gesehen am 23.11.2018. Eine weitere Vorstellung am 24.11.2018, Tanzquartier Wien.