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Nurejew Gala 2018. Manuel Legris ist Ehrenmitglied

Nurejew Gala 2018. Nina Poláková, Roman Lazik: Poesie und Harmonie.

Mit einer fulminanten, bestens konzipierten Gala hat das Wiener Staatsballett eine erfolgreiche Saison beschlossen. Nach dem Schlussapplaus eines begeisterten Publikums hielt Staatsoperndirektor Dominique Meyer eine Laudatio auf Ballettchef Manuel Legris, der zum Ehrenmitglied der Staatsoper ernannt worden ist. Nur wenigen Tänzerinnen / Tänzern ist im Lauf von mehr als 100 Jahren die rote Mappe mit der Urkunde überreicht worden. Das Publikum und die Compagnie reagierten gerührt und mit freudigem Applaus. Schließlich wird mit dem Titel nicht nur die Leistung Legris‘, sondern auch die seiner Compagnie geehrt.

Die rote Mappe ist überreicht: Manuel Legris ist Ehrenmitglied der Wiener Staatsoper.Die vier Stunden Tanz aus nahezu 200 Jahren wurden 2018 mit einer „Nureyev Celebration“ beschlossen. Die Ausschnitte aus den Nurejew-Choreografien „Raymonda“ und „Schwanensee“ und einem beschwingten Defilee der Compagnie, sollten auch daran erinnern, dass Rudolf Nurejew heuer 80 Jahre geworden wäre. Das gesamte Programm war mit Pas de deux und Ausschnitten aus dem Repertoire für das Corps de Ballet zu einem abwechslungsreichen Abend zusammengefügt. Zwei Paare haben mich besonders entzück. Nina Poláková und Roman Lazik, ein Traumpaar auf der Bühne, zeigten den Mittelteil von Kenneth McMillans Choreografie „Concerto“ (Andante aus Dimitri Schostakowitsch‘ Klavierkonzert Nr. 2). Berührend und exquisit, choreografierte Poesie, getanzte Harmonie. Alexandre Riabko, Ivan Urban: "Opus 100 - For Maurice" von John Neumeier. Sensibel getanzter Pas de deux über Liebe und Freundschaft. Getanzte Liebe und Freundschaft zeigten Ivan Urban (nach seinem Ausscheiden aus der Compagnie als Tänzer zum Sonderdarsteller ernannt) und Alexandre Riabko in „Opus 100 – For Maurice“ von John Neumeier. Neumeier hat diesen Pas de deux Maurice Béjart zum 70er geschenkt, Legris legt ihn Nurejew zum 80er zu Füßen. Die beiden Tänzer aus Hamburg bescheren ihn dem Publikum. Männlich kräftig, liebend zärtlich, tanzen Riabko und Urban zum Simon & Garfunkel-Song „Dangling Conversation“. Erlesen und berührend.

Eine Gala ist eine Gala ist eine Gala, ob zu Ehren des 1993 im 55. Lebensjahr verstorbenen Tänzers und Choreografen Rudolf Nurejew oder, um dem Publikum mit dem Auftreten der gesamten Compagnie und vielen Gästen abwechslungsreiche und staunenswerte Unterhaltung zu bieten. Ein Fest, bei dem es nichts zu kritisieren gibt. Lieber berichte ich über die Ehrung Manuel Legris‘ und so manches Avancement in der Compagnie.

"Opus 25" von Eno Peçi: Maria Yakovleva und Peçi. Uraufführung: 2017 bei der Weltstar Gala. Manuel Legris hat das Ballett der Wiener Staatsoper und Volksoper 2010 übernommen, und weil er es niemals tat, verzichte ich auch, mich über den Zustand der Truppe damals zu äußern. In kurzer Zeit hat Legris den Namen der Compagnie nicht nur vereinfacht und einprägsam in „Wiener Staatsballett“ geändert, sondern dieses auch durch liebevolle Strenge und nimmermüde Konsequenz auf internationales Niveau gehoben. Den Titel „Ehrenmitglied der Wiener Staatsoper“ teilt er nun mit seinem Lehrer, Freund und Vorbild Rudolf Nurejew, dem der Ehrentitel 1988 verliehen worden ist.

Unter den seit 1881 an der Wiener Staatsoper (bis 1918 Hofoper) ernannten Ehrenmitgliedern ist das Ballett recht spärlich vertreten; Josef Haßreiter, Tänzer und Choreograf der „Puppenfee“, ist einer der wenigen. Erster Solotänzer Masayu Kimoto in einem Ausschnitt aus John Neuemeirs "Le Pavillon d'Armide". Um das Häuflein derer aufzuzählen, die im 20. Jahrhundert geehrt worden sind, benötige ich keine zehn Finger. Staatsoperndirektor Dominique Meyer beendete seine lobende Ansprache mit der Feststellung, dass Wien, entgegen einstigen Behauptungen Ahnungsloser, sehr wohl eine Ballettstadt sei. Das Publikum, das nach der Gala die Ehrung Meister Legris‘ auf offener Bühne miterleben durfte, dankte mit donnerndem Applaus.

Bei der anschließenden Premierenfeier durften sich sechs Mitglieder der Compagnie über ein Avancement freuen. Die jungen Corpstänzerinnen Rikako Shibamoto, Fiona McGee und Madison Young wurden zu Halbsolistinnen ernannt, der Corpstänzer Scott McKenzie ist nun Halbsolist. Platz gemacht haben ihm die Halbsolisten Dumitru Taran und Richard Szabó, die sich ab nun Solotänzer nennen dürfen.

Isabelle Guérin, Manuel Legris in "Le Rendez-vous" von Roland Petit: Eine Liebe in Paris nach dem Krieg.Zur Freude des Publikums, das offenbar genau weiß, was es an dem noch bis zur Saison 2019/20 amtierenden Ballettchef hat, zeigte der, dass er auch als Tänzer noch einiges zu geben hat. Mit Isabelle Guérin, von Nurejew zum Étoile der Pariser Ballettcompagnie avanciert wie Legris, tanzte er den Schluss von Roland Petits 1945 kreiertem düsterem Ballett „Le Rendez-vous“. Die Frau bringt dem Admirateur ein kurzes Glück und einen schnellen Tod. Gern würde ich die gesamte Rekonstruktion dieses Ballet noir sehen.
Das Publikum der traditionellen Nurejew-Gala (seit 2011) durfte sich über den Auftritt der Gäste freuen: Olga Smirnova mit Semyon Chudin (Bolschoi Ballett) mit einem Ausschnitt aus „The Taming of the Shrew“ von Jean-Christoph Maillot und dem „Diamonds Pas de deux“ aus George Balanchines Ballett „Jewels“; Marianela Nuñez, Vadim Muntagirof: "Marguerite und Armand" von Frederick Ashton, Uraufführung 1963Marianela Nuñez mit Vadim Muntagirov (Royal Ballet) in „Marguerite und Armand“ von Frederick Ashton; Ivan Urban mit Alexandre Riabko (Hamburg Ballett) mit „Opus 100 – For Maurice“ (Béjart) von John Neumeier. Doch auch die eigene Compagnie wurde mit Applausgewitter bedankt, wobei der Auftritt Davide Datos, nach seiner schweren Verletzung bei der Nurejew Gala 2017, besonders begrüßt worden ist. Der bravouröse Pas de deux aus Marius Petipas Ballett „Santanella“ mit Kiyoka Hashimoto und Mihail Sosnovschi, ein wahres Teufelsstück, hat als rasanter Weckruf das Publikum hingerissen. Und auch Eno Peçi konnte im Pas deux mit Maria Yakovleva mit seiner Choreografie „Opus 25“ Begeisterungsstürme hervorrufen. Kreiert hat Peçi die verwickelte Liebesgeschichte für die vom ehemaligen Ersten Solotänzer Kirill Kourlaev veranstaltete Weltstar Gala, die auch 2018 wieder stattfinden wird.

Davide Dato, doch ein Stückerl von "Peer Gynt" (Edward Clug) , den er schon bei der Premiere im Jänner 2018 hätte tanzen sollen. Seine Solveigh ist Nina Poláková. Dass das Publikum auf die Namen der Gäste anderer Compagnien besonders enthusiastisch reagiert, freut diese und ist für die Compagnie ein Anlass zu sehen, dass nicht die Ersten Solistinnen und Solisten durchaus das gleiche Niveau haben, sondern die gesamte Compagnie im internationalen Ballettgeschehen einen beachtenswerten Rang einnimmt. Die Einsatzfreude und fast möchte ich sagen Tanzwut des Wiener Staatsballetts erweist sich besonders bei der alljährlichen Abschluss-Gala. Sind doch viele Tänzer*innen bereits erschöpft und ausgebrannt, und doch werden noch einmal alle Kräfte mobilisiert, um dem Publikum einen beachtenswerten und genussreichen Abend zu bieten.

„Nurejew Gala 2018“ mit dem Wiener Staatsballett und Gästen, 29. Juni 2018, Staatsoper.
Manuel Legris wird Ehrenmitglied der Wiener Staatsoper, Überreichung der Urkunde auf offener Bühne am 29. Juni 2018, nach der Nurejew-Gala
Die Ballettsaison 2018/19 wird am 15. September 2018 mit dem „phantastischen Ballett Giselle“ (Repertoire) eröffnet.
Fotos von Ashley Taylor.  © Wiener Staatsballett / Ashley Taylor