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Spieglein / Yutata’ti – ABSCHIED von Le Studio

"Spieglein": Die Wiener Darsteller:innen . © Elsa Okazaki

Eine der letzten Produktionen in Le Studio (Studio Molière) ist eine Zusammenarbeit von vier Kindern in Wien mit ebenso vielen aus Mexiko. Sozusagen eine gespiegelte Geschichte. In Mexiko ist aus einer Szenenfolge, die Wiener Kinder erfunden haben, ein Film entstanden. In Wien ist die mexikanische Geschichte auf der Bühne aufgeführt worden. Das neuartige und bestens gelungene Projekt entspricht ganz dem Motto der beiden Leitfiguren von Le Studio, Lise Lendais und Pierre-Emmanuel Finzi, „Film und Bühne“.

Yutata'ti_Filmstill aus den Dreharbeiten in Mexiko. „Spieglein / Yutata’ti“ ist während der Pandemie entstanden. Das Besondere an dieser Kooperation zwischen Wien und der mexikanischen Theatergruppe Lagartijas Tiradas al Sol ist die Tastsache, dass es im Dorf Yanhuitlán, wo die Collagen der Kinder aus Wien geprobt und schließlich gefilmt worden sind, kein Internet gibt. Kontakt und Korrespondenz musste auf analogem Weg, mit der Post und geschriebenen und gesprochenen Nachrichten, geschehen. Es ist leicht vorstellbar, dass die Entstehungsgeschichte beider Aufführung ziemlich lang ist.
Lise Lendais und ein Team, etwa waren für beide Gruppen Dolmetscherinnen notwendig, nützten die Möglichkeiten, die die Pandemie offengelassen hat, um für Ausnahmesituationen neue Theater- / Filmmöglichkeiten zu erforschen. Wie es bereits im Vorjahr mit der Szenenfolge „4 Sätze für eine Symphonie“ gelungen ist (Laia Fabre und Thomas Kasebacher haben das Stück des argentinischen Theater in Wien gezeigt, das Regieteam war in Buenos Aires im strengen Lockdown), zeigt auch „Spieglein“, dass mit Ausdauer, Fantasie und einer, zugegeben, riesigen Kraftanstrengung aus den Beschränkungen durch die Pandemie mehr herausgeholt werden kann als nur zu jammern und zu klagen. Für "Yutata'ti" liegt der Wiener Prater in Mexiko. Die Doppelproduktion – Film aus Mexiko mit Text aus Wien / Bühnenaufführung in Wien mit Text aus Mexiko – kann sich durchaus sehen lassen. Interessant ist, dass die fantastischen Geschichten, die die Kinder erfunden haben, so unterschiedlich nicht sind, wenn auch die Schauplätze und die soziale Stellung der handelnden Personen nahezu diametral sind. Die Kinder in Mexiko wandern durch die karge Wüste Mexiko, um in den Prater zu gelangen, wo ein Umwelt-Monster haust, das bekämpft werden muss. Die Darsteller:innen auf der Bühne in Wien sind Bauern und Bäuerin, die über das Pflügen und Ernten erzählen und einen Waldbrand bekämpfen müssen, der so bedrohlich ist, dass die böse Fee und das noch bösere Krokodil sich entschließen, beim Löschen zu helfen. So ist die Moral beider Geschichten die gleiche: Nur gemeinsam können wir die Welt verändern, nur wenn wir für die anderen Verantwortung übernehmen und solidarisch miteinander sind, kann das Leben besser werden. Die jungen Autor:innen scheinen kapiert zu haben, was manchen Erwachsenen nicht ins den Kopf will. Gruppenbild aus Wien. Die jungen Darsteller:innen zeigen eine Geschichte aus Mexiko. © Elsa OkazKI Das von Le Studio herausgegebene Buch (Le Studio Editions 2) widmet sich der Arbeit und den Gedanken der Theatergrupppe Lagartijas Tiradas al Sol (Eidechsen liegen in der Sonne). Der gelbe Band kostet sechs Euro, die Beiträge sind, spiegelgleich, in Deutsch und Spanisch verfasst.
2019 haben Lendais und Finzi das Studio Molière, im Besitz des Institut Français, als Theater- und Filmhaus übernommen. Lange Zeit war das als Reitschule erbaute und später als Kino genutzte Haus in der Liechtensteinstraße (direkt am Garten des Institut Français liegend) kaum bekannt, wurde es doch bis zur Modernisierung 2013 hauptsächlich von der Schule genutzt. Pierre-Emmanuel Finzi und Lise Lendais haben Le Studio gegründet, wo die Leinwand mit der Bühne verschwistert wird. Film und Bühne gehen Hand in Hand.Das bedeutete auch für Finzi und Lendais, den Ort wieder neu bekannt zu machen, Publikum zu erobern. Ziemlich bald hat die Pandemie den ehrgeizigen Plänen einen festen Riegel vorgeschoben. Nicht ganz unüberwindbar, wie oben ausgeführt. Eine Herausforderung war die internationale Zusammenarbeit dennoch. Das von Le Studio herausgegebe Buch (Le Studio Editions 2) widmet sich der Arbeit und den Gedanken der Theatergruppe Lagartijas Tiradas al Sol gewidmet. Der gelbe Band mit Zeichnungen und Notizen der am Kulturaustausch beteiligten Kinder kostet sechs Euro und ist, spiegelgleich, in Deutsch und Spanisch verfasst.
Vor wenigen Monaten hat das Institut Français beschlossen, Le Studio wieder selbst zu nützen und „Film und Bühne“ müssen nun woanders stattfinden. Bis einschließlich 30. Dezember wird jetzt Abschied gefeiert. Finzi und Lendais verlieren den Gründungsort, doch ihr Projekt, Film und Bühne gemensam zu präsentieren, geben sie nicht auf. Es wird ein anderes Heim gefunden werden. 
In diesen letzten Tagen von Le Studio und passenderweise auch des Jahres, wird bis 30. Dezember mit ausgewählten Vorstellungen, Filmen und Gästen der Abschied begangen.

"Spieglein / Yutata`ti" Bühne und Film. Von Kindern für Kinder ab 8 erdacht und gespielt.
Regie: Lagartijas tiradas al sol, Luisa Pardo & Lázaro Gabino Rodríguez.
Team Mexico: Mit Aranza Jiménez Cruz, Bruno Montiel Cervantes, Luis Ángel Osorio Castro, María Victoria Mayoral González.
Kostüm & Szenografie Toztli Abril De Dios. Assistenz: Karla Amelco Viloria; Kamera: Chantal Peñalosa; Deutsche Untertitel: Nina Hoechtl; Fotos: © Pedro Pizarro Villalobos
Team Wien: Mit Mikael Kantner, Elisa Martins, Laslo Lendais, Estée Mougin-Wurm.
Regieassistenz & Übersetzung: Frederik Marroquín; Assistenz Bühnenbild: Laura Schroeder, Julius Lermer; Produktion: Sophie Menzinger; Assistenz Kostüme & Requisiten: Linda Nepicks; Licht und Ton: Sebastian Bauer. Fotos: Elsa Okazaki
Wien Premiere mit dem Film und der Theateraufführung am 17.12.2021. Le Studio Film und Bühne.
Abschiedsvorstellungen bis 30. Dezember 2021. Programm: Le Studio Film und Bühne