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Rainer Kaufmann: „Und wer nimmt den Hund?“

Schweigend am Esstisch: Georg und Doris. © Boris Laewen

Eine Geschichte, die jeden Tag in mehrfacher Auflage abrollt. Midlifecrisis des Ehemanns, blutjunge Freundin, Wut und Enttäuschung bei der Ehefrau. Rainer Kaufmann, zum „maßgeblichen Vertreter des Neuen Deutschen (Komödien-)Kinos“ ernannt, erzählt nach „Stadtgespräch“ (1995) wieder eine Beziehungsgeschichte. Sehenswert ist der Trennungskrieg durch Martina Gedeck als zurückgelassene Ehefrau und Ulrich Tukur als Ehemann, der ins Fitnesscenter eilt, um die schlappe Muskulatur zu straffen.

Der Titel, „Und wer nimmt den Hund?“ (Drehbuch: Martin Rauhaus) lässt auf eine Komödie schließen, doch er lautet leider nicht „Et qui prend le chien?“, und der Film ist keine französische Komödie, sondern eben eine „Neue Deutsche“, und die schleppt sich trotz einiger passabler Pointen dahin. Aus Laura und Georg wird doch kein Ehepaar (Lucie Heinze, Ulrich Tukur). Alle Bilder © Boris LaewenZwar ist es ganz lustig, Martina Gedeck zuzusehen, wenn sie das teure Auto vor ihrem verzweifelt fuchtelnden Ex so lange gegen das Garagentor fährt, biss es ganz zerknittert ist. Wenn sie aber das Auto der jungen Geliebten ihre Mannes, den sie gleich nach seinem Geständnis samt Hemden und Hosen vor die Tür des schicken Hauses gesetzt hat, abfackelt, ist das nicht mehr so lustig. Und damit er dem Publikum zeigen kann, was es ohnehin schon weiß, nämlich dass er sie noch immer liebt und wieder einziehen möchte ins gläserne Haus, die Reifen am Auto ihres neuen Freundes, eines beziehungsgestörten Schürzenjägers (großartig besetzt mit dem niederländischen Schauspieler Marcel Hensema) zersticht, ist das nur noch Pseudohumor.

Das einstige Musterpaar (mehr als 25 Jahre verheiratet, zwei erwachsene Kinder, ein von allen geliebter Hund), Doris und Georg, lebt in Hamburg, und das gibt Kameramann Klaus Eichhammer reichlich Gelegenheit schöne Bilder von Kränen, Schiffen, Pasta Restaurants und Stadtteilen zu gestalten (der Kameramann heißt deshalb auch Bildgestalter). Dreharbeiten im Hafenviertel (Darstellerin Martina Gedeck, Regisseur Rainer Kaufmann).Über HH wölbt sich ein weiter blauer Himmel, in Parks und Gärten plätschern die Fontänen, nackte Bronzefiguren räkelt sich; am Elbstrand tollen die Hunde und immer wieder schweben Quallen im ausgeleuchteten Aquarium, Georg ist nämlich langjähriger Direktor im Haus des Meeres. Dort vor dem gläsernen Quallenkasten hat er sowohl Doris kennengelernt wie auch die Neue, Laura (Lucie Heinze), die wünscht sich Kinder, doch Georg hat’s im Rücken und braucht eher einen Rollstuhl als eine Wiege.

So richtig loslassen allerdings kann weder Georg noch Doris. Also gehen sie zur Paartherapeutin Gisela Bruhns (Angelika Thomas), um sich über ihre Gefühle klar zu werden. Das gelingt und verwirrt Doris ebenso wie Georg, was auch gleich auf die beste Freundin / den besten Freund abfärbt, auch Claudia und Peter (Julia Jenkins / Peter Jordan) spüren ihre Ehe bröckeln. Das aber wird dann doch keine Subgeschichte, Claudia bleibt Beichtmutter und Ratgeberin von Doris; Peter ist das Gleiche für Georg.

Georg (Ulrich Tukur)  steht verzweifelt vor dem brennenden Auto seiner jungen Geliebten.Der Film beginnt in Form einer Dokumentation, Doris, dann Georg stehen vor der Kamera und erzählen, wie das Desaster begonnen hat. Und ebenso endet er, Doris und Georg erzählen, wie es weitergehen könnte. Georg verspricht einen neuen Lebensabschnitt zu beginnen, was ich ihm nicht abnehme, noch immer kann er über seine Frau nicht mehr aussagen, als dass er ihre Nase mag. Doris aber hat sich schon im Lauf der Sitzungen bei Frau Bruhns verändert, legt die Schürze als Küchenhilfe ab (Kindererzieherin darf sie ohnehin nicht mehr sein, die beiden sind aus dem Haus und selbst mit ihrer Lebensplanung beschäftigt) und stürzt sich voll Elan in die Verwirklichung ihrer Idee, eines speziellen Web-Kunstmagazins. Mir scheint, die Frauen kommen in dieser schwerfälligen „Komödie“, besser weg, schon mit der ersten Szene am scheppernden Garagentor macht sie aktiv klar, Um ohne Rosenkrieg davonzukommen, gehen Doris und Georg zur Paartherapeutin (Gedeck, Tukur, A. Thomas)dass sie aus der Haut eines Heimchen am Herd, das nur dazu da ist, die Wünsche des Herrn und Meisters („Ich verdiene schließlich das Geld, habe das Haus bezahlt und tue das alles für dich“, solche und ähnliche Sprüche sind tatsächlich aus dem Leben) zu erfüllen. Das erträgt sie nicht mehr. Die Kurzzeitliebe zu dem angesichts der entlüfteten Reifen seiner Karosse total durchdrehenden Windhundes lockert den verkniffenen Mund, die krampfigen Fingerspiele sind vergessen. Wie sie den von ihrer Freundin mit dem Mobiltelefon gefilmten Kunstraub inszeniert, ist einer der wenigen Leckerbissen in diesem etwas faden Menü. Gedeck ist eine Meisterin der leisen Zwischentöne und ebenso der großen Gefühle. Ulrich Tukur steht ihr ihn nichts nach, allein der Mut, diesen alternden Egoisten darzustellen, ist bewundernswert.

Wer Gedeck, die bereits in „Stadtgespräch“, damals als Freundin, mitgespielt hat, und Tukur, der trotz der Jahre, die er älter ist als der von ihm dargestellte Georg, überaus glaubwürdig spielt, immer wieder sehen kann, soll sich den netten Sommerfilm gönnen. Im Fernsehen wäre er besser aufgehoben.

Rainer Kaufmann: „Und wer nimmt den Hund?“, mit Martina Gedeck, Ulrich Tukur, Lucie Heinze, Marcel Hensema und vielen anderen. Kamera: Klaus Eichhammer. Filmladen Filmverleih. Ab 9. August im Kino.