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Zoran Mušič: „Poesie der Stille“, Leopold Museum

"Atelier", 1990. © Fondazione Musei Civici di Venezia, Photo di Vittorio Pavan.

Nur noch kurze Zeit, bis 6. August, ist die eindrucksvolle Schau der Bilder des slowenischen Künstlers Zoran Mušič (1909–2005) im Leopold Museum zu sehen. Eine eindrucksvolle Ausstellung, die nicht versäumt werden darf.  Nicht allein wegen Mušičs Erinnerungen an die Wochen im Konzentrationslager Dachau, die ihn nie mehr losgelassen haben. Auch die menschenleeren Landschaften, der Karst, eine versteinerte Wüste, die knorrigen Bäume ohne Blätter, und am Ende die blicklosen Porträts, von seiner Frau und ihm selbst, erzählen vom Leben, Fühlen und Sehen des Malers.

"Frauen auf dem Weg zum Markt", 1949. © Arnaldo Zappa collection Milan, Photo FotoRolli Triest, Bildrecht Wien 2018Zoran Mušič ist im damals slowenischen Görz/ Gorica geboren, die politischen Umwälzungen zwangen die Familie immer wieder zum Umsiedeln und zum Wechsel der Nationalität. Seine  Jahre verbrachte er in Venedig, wo er auch gestorben ist. Sein Grab befindet sich am Friedhof San Michele. Zoran Mušič Im Atelier in Venedig,1999. © Photo Christine Turnauer
Er war bereits ein arrivierter Maler, als er 1944 während eines Aufenthalts in Venedig von den Nazis nach Dachau verschleppt wurde. Mušič hielt sich am Leben, indem er zeichnete. Erst viele Jahre später, er hatte sich in Venedig niedergelassen, hatte  die italienische Malerin Ida Barbarigo (Cadorin) geheiratet, konnte er die erhaltenen Zeichnungen – 35 von etwa 200 in Dachau entstandenen – öffentlich machen. Die Toten und Gequälten ließen ihn nie mehr los. „Wir sind nicht die Letzten“ heißt der Zyklus, den er zwischen 1970  und '76 gemalt hat. Nachdem Mušič Bilder aus dem Vietnam-Krieg gesehen hatte, konnte er nicht mehr glauben, dass der Horror, das sinnlose Morden und die Unmenschlichkeit jemals ein Ende finden würde.

"Wir sind nicht die Letzten", 1976. Fondazione Musei Civici di Venezia, Palazzo Fortuny, Dauerleihgabe aus Privatsammlung, Foto: BIANCONERO di Vittorio Pavan, Bildrecht, Wien, 2018Der Erfolg, große Ausstellungen in Europa, mehrmalige Teilnahme an der Biennale in Venedig, Einladungen nach Kassel zur documenta, Preise und Orden konnten das Grauen nicht aus dem Gedächtnis löschen. Auch noch 30 Jahre nach dem Horror in Dachau sind wieder Bilder von Leichenbergen und Totenschädeln entstanden.

Die Ausstellung im Leopold Museum ist chronologisch geordnet, es gibt also ein Davor mit Landschaftsbildern aus Dalmatien,"Ida", 1990. Courtesy Galleria Torbandena, Triest | Trieste Foto | Photo: FotoRolli, Triest Bildrecht, Wien, 2018 Stillleben mit Fischen oder Äpfeln, Kirchenräumen und ein Danach mit Erinnerungen an die Landschaft seiner Heimat, italienischen Motiven und später Bilder eines touristenlosen Venedig im herbstlichen Licht, und am Ende, als Zoran Mušič seinen eigenen Tod bereits erwartet hat, Selbstporträts, mit seiner Frau und auch allein, einsam.

Der Künstler Zoran Mušič ist keinem Stil und keiner Gruppe zuzuordnen, um den Trend der Zeit, die Mode und die Diktatur der Galerien hat er sich nie gekümmert. Seine Bilder, auch wenn sie aus dem Dunkel kommen, leuchten von innen.

Zoran Mušič: „Poesie der Stille“, noch bis 6. August, täglich von 10 bis 18 Uhr, Donnerstag bis 21 hr,  Leopold Museum.
„ZORAN MUŠIČ. Poesie der Stille“, Katalog zur Aussellung im Verlag der Buchhandlung Walther König, Köln. Herausgegeben von Ivan Ristić und Hans-Peter Wipplinger, mit Auszügen eines Gespräches von Jean Clair mit dem Künstler sowie Essays von Marilena Pasquali, Ivan Ristić, Hans-Peter Wipplinger und Gojko Zupan, 256 S., € 29,90.-, erhältlich im Leopold Museum-Shop.