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Theatermuseum: „Der Magische Raum.“

Remigius Geyling: zu "Cäsar und Cleopatra", 1912, © Theatermuseum

Sieben Inseln können bereist werden, um mancherlei Schätze zu entdecken. Die Gelegenheit bietet das Theatermuseum nahe der Staatsoper mit der Ausstellung „Der magische Raum: Bühne – Bild – Modell“. Gezeigt werden auf diesen Inseln Kostbarkeiten aus dem reichen hauseigenen Bestand, mit nahezu 1.000 Objekten, eine der größten und bedeutendsten Spezialsammlungen ihrer Art. Bühnenbildmodelle und Dioramen werden zwar immer wieder gemeinsam mit anderen Objekten ausgestellt, doch selten galt ihnen allein das Augenmerk.

Ausstellungskurator Rudi Risatti und seine Vorgängerin Ulrike Dembski haben mit den vana-Architekten, Gerhard Vana und Karin Müller-Reineke, diese Inseln unter das Diktat von Zeit und Ort der Handlung eines Bühnenstückes gestellt. So betreten wir zuerst die Märcheninsel und wandern dann weiter von der Antike ins Mittelalter, von der Renaissance zu Barock & Rokoko, von der Romantik & Revolution bis zur Avantgarde & Gegenwart. Dort hielten sich bei meiner Inselreise die Besucherinnen, so nicht Studentinnen der Theaterwissenschaft, am längsten auf.Gottfried Neumann-Spallart zu "Alphabeth in Ewigkeit " von Beatrice Ferolli, 1960, © Theatermuseum, KHM Museumsverband

Mit markanten Beispielen wird auf jeder Insel gezeigt, wie die Bühnenbiildner (Frauen sind in diesem Beruf selten zu finden) zu verschiedenen Zeiten und unter vielfältigen Perspektiven die jeweiligen Schauplätze gesehen und gestaltet haben. Für die Reise muss man sich Zeit nehmen, langsam um die Insel herumgehen, erforschen, von welcher Perspektive aus man in die vom Bühnenbildner und seinen Helferinnen aufgebauten Salons oder Tempel, Paläste, Wohnzimmer oder gar an Bord eines Segelschiffes blicken kann. Puppenstuben natürlich, für Miniaturdarsteller_innen, putzig, aber nicht unwichtig. Bühnenbildmodell von Max Reinhardt und Karl Walser zu Ein Sommernachtstraum von William Shakespeare, , Neues Theater, Berlin 1905 © Theatermuseum
"Erst durch die Dreidimensionalität des Bühnenbildmodells, das oft durch eine faszinierende bauliche Akkuratesse beeindruckt, wird die Vorstellung des Raumes und seiner Proportionen ermöglicht. So trägt es zur Vergegenwärtigung szenischer Abläufe und ihrer Wirkung bei. Als technisches Modell unterstützt es die Prüfung der Umsetzbarkeit spezieller Effekte mit der vorhandenen Bühnentechnik und dient schließlich als Arbeitsvorlage für die Theaterwerkstätten. Die Schau thematisiert diese Funktionen, die Beschaffenheit, die Unterscheidung in Typologien ebenso wie den kunsthistorischen Wert von Modellen."
Erklären die Ausstellungsgestalter.

Damit sich niemand verirrt in Raum und Zeit (die Modelle sind ja oft erst viele Jahrhunderte später, für eine Premiere in Wien oder Prag, Moskau oder Florenz, enstanden) haben Rudi Risatti, Verantwortlicher für die Sammlung Bühnenbildmodelle und Handzeichnungen, und Ausstellungsmitgestalterin Ulrike Dembski ein Libretto geschrieben, das als großartiger Führer durch die Inselwelt dient. Dieses gestaltete Libretto, so anregend wie die Ausstellung selbst, ist gratis an der Kasse zu erhalten. Gratis ist auch mein Tipp: Helles Leselicht strahlt unter der Insel, denn die Modelle sollen ja die Magie des Theaters ausstrahlen, warten oft im Halbdunkel auf Besucherinnen, die den richtigen Einblick finden. Nur jene Supermodelle, die in der Mittelsäule aufgestellt sind, können von allen Seiten betrachtet werden. Aleksander Vesnin "Phaedra" von Racine, Kammertheater Moskau, 1925.  © Theatermuseum,  KHM Museumsverband

Vieles erkennt die Wiener Theaterbesucherin wieder, an manches kann sie sich sogar nich erinnern, anderes, etwa das Modell zu Mozarts „Zauberflöte“, die 1869 in der Hofoper im Bühnenbild von Josef Hoffmann gezeigt worden ist, gerät zur Blickpremiere. So bunt wie die darstellende Kunst selbst, sei es Ballett, Theater oder Oper, ist, so bunt und vielfältig ist jede Insel. Ausschlagebend ist nicht das Datum der Aufführung, für die das Bühnenbildmodell entstanden ist, sondern die Zeit, in der es spielt. So steht Oscar Wildes „Salome“ auf der Antiken-Insel, der von Lois Egg entworfene Bühnenwagen für alle Szenen für eine Aufführungstournee 1972 von „König Lear“ im Mittelalter; „Der Kaufmann von Venedig“ und „Othello, der Mohr von Venedig“ agieren bereits in der Renaissance, weil sie, nach des Autors Willen, im 16. Jahrhundert gelebt haben. Das Plakat ziert auch das Cover des Katalogbuhches © Holzhausen Verlag Das einzige Bühnenbildmodell einer Ballettaufführung (vermutlich „Le Carneval“ zum Libretto und Choreografie von Michael Fokine und Léon Bakst, für Les Ballets Russes entstanden und von diesen in St. Petersburg 1910 uraufgeführt) findet sich natürlich auf der Insel der Gegenwart & Avantgarde. Nicht gar so überraschend, die Wiener Staatsoper ist ja noch keine 150 Jahre alt (Jubiläum 2019) und das Ballett in Europa ist es gewohnt, im Gegensatz zu Russland und den ehemaligen Staaten der Sowjetunion, dass es im Schatten der singenden Stars getanzt wird. Am Vergnügen der wunderbaren Inselreise sollte diese Tastsache niemanden hindern.

„Der magische Raum. Bühne – Bild – Modell“, bis 7. 2. 2018 im Theatermuseum, Lobkowitzplatz 2, 1010 Wien. Geöffnet täglich außer dienstags 10–18 Uhr.
Allen, denen die Reise zu kurz war, sei das Katalogbuch über den umfangreichen Bestand der Modelle im Theatermuseum empfohlen, das an der Kasse angeboten wirdt:
Hrsg. Ulrike Dembski: „Der Magische Raum“, Bühnenbildmodelle aus der Sammlung des Theatermuseums Wien, Holzhausen, 2016. 464 S. € 49,95.