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Neu in Klagenfurt: Tanzwochen „Pelzverkehr“

Sissys Söhne paschen in fröhlicher Nacktheit. © Simon Mayer

Was den Tanz betrifft, so ist Kärnten keineswegs ein grünender Garten, eher eine ziemlich trockene Wüste. Weder in Spitzenschuhen noch ganz und gar ohne Schuhe, weder im bunter Hülle noch im Nacktkostüm: In Kärnten haben es Tanz und Performance (samt allen Ausübenden) eher schwer. Das soll sich jetzt ändern. Die 1. Tanzwochen Klagenfurt wollen die Kunst des bewegten Körpers einem großen Publikum nahe bringen. Das klug gewählte Programm dieser 1. Tanztage wird vom 20. September bis 1. Oktober in Klagenfurt gezeigt.

Die 1. Tanztage in Klagenfurt werden von der Kulturinitiative „Tanzamt Klagenfurt / Celovec“ in Kooperation mit dem „klagenfurter ensemble“ ausgerichtet. ZU sehen sind sechs unterschiedliche Produktionen, Gruppen und Solostücke. Eingeladen sind erfolgreiche Choreografinnen und Performer aus Österreich.

En Detail: Die Salzburger Choreografin Editta Braun zeigt mit dem Solo „Paula“, getanzt von Iris Heitzinger, den Kampf einer Frau gegen Isolation und Einsamkeit. Simon Mayer und seine Boys unterhalten mit „Suns of Sissy“; Gisela Elisa Heredia, in Argentinien geboren, beleuchtet mit ihrem Ensemble tanz.coop den Tango auf eigene Weise. In „Smokey Hughs and Capuccino“ geht es um Anziehung und Entfernung und natürlich um die Liebe. Innige Umarmung im Tangoschritt  © Christian Ariel Heredia

Um die Demokratie und wie man gegensätzliche Meinungen unter eine Hut bringen kann, zeigt Helene Weinzierl / Cie.Laroque mit „Democrazy“. Eine Performance über die Entscheidungsfreiheit in all ihren Facetten im Umfeld der Spaßgesellschaft, der die Veranstalterinnen „subversive Frische“ bescheinigen. Vor dieser lockeren Forschungsreise über gesellschaftspolitische Fragen, ist ein Abend der ersten Stadttänzerin Klagenfurts, Dagmar Dachauer, gewidmet. Sie erzählt zur Musik von Johann Strauß über „Wunderbare Jahre“, voll Walzerseligkeit und fragt zugleich wer denn da wann so selig war.

Muss jedes Verbot befolgt werden?: kollektiv kunstoff. © Bernhard Wolf Nein, die Kleinen werden nicht vergessen, auch für sie wird getanzt, gesungen und gespielt. Das junge Wiener Duo Raffaela Gras und Stefanie Sternig (kollektiv kunststoff) unterhält mit „Messer Gabel Schere Licht“, macht „lauter komische Sachen“ (Kindermund) und stiftet mit Ironie und Fantasie zu Widerspruch und Eigeninitiative an. Auch die Großen werden sich in der mit Überraschungen prall gefüllten Dreiviertelstunde nicht langweilen.

Es tanzt sich doch was in Kärnten, die 2. Stadttänzerin ist bereits ernannt: Rosalie Wanka. Die 29jährige Choreografin und Tänzerin hat Ballett an der Ballettschule der Münchner und der Wiener Staatsoper und zeitgenössischen Tanz und Tanzpädagogik an der Anton Bruckner Privat Universität studiert. Dagmar Dachauer demaskiert Walzerseligkeit  © Richard Kirchner

Bleibt nur noch, den enigmatischen Titel der Tanztage zu erklären, der so gar nichts mit Tanz zu tun hat und ohne assoziative Hochbegabung nicht verständlich ist: „Pelzverkehr“. So schön wie der Pressetext kann ich die Interpretation von „Pelzverkehr“ nicht liefern, deshalb zitiere ich kurzerhand: „Sind Menschen nicht behaarte Wesen in Bewegung? Mal hautnah, dann wieder Kilometer weit entfernt organisieren wir unseren Umgang mit der Gegenwart. Schon Meret Oppenheim sorgte 1913 mit ihrer pelzüberzogenen Tasse für Diskussionsstoff. Ähnlich lohnende, sinnliche Irritationen plant das neue, zeitgenössische Tanzfestival „Pelzverkehr“. Ich stelle mir vor: Kürschner sind sowohl als Zuschauer wie als Sponsoren erwünscht.

„Pelzverkehr“, 1. Tanzwochen Klagenfurt, 20. September bis 1. Oktober 2016, Kagenfurt, theater HALLE 11.