Eno Peçi – vom Breakdance zum Ballett
Elsa Freitag und Anna Geiger haben in der Vorbereitung für die Matura den Solotänzer des Wiener Staatsballetts Eno Peçi befragt und jede Menge interessante Antworten erhalten. Das von mir gekürzte Ergebnis ist es Wert, veröffentlicht zu werden.
Für mich bedeutet Tanz Freiheit“, sagt Eno Peçi, leidenschaftlicher Tänzer (seit 2009 Solist des Wiener Staatsballetts), Choreograph und manchmal sogar Komponist. In ihm vereinen sich mehr als klassische Ausbildung und Schrittabfolgen, sondern auch die Fähigkeit sich im Tanz zu befreien und weiterzuentwickeln. Dadurch ist es möglich von alltäglichen Problemen abzulassen, Launen zu vergessen und sich ganz der Bewegung hinzugeben. Von Peçi präzise ausgedrückt:„Tanz verändert mich“. Trotz alldem ist die klassische die Basis jeder Ballettausbildung. „Man kann die Freiheit im Tanz nur dann erlangen, wenn man auch die gewisse Disziplin dafür hat.“ An dieser wird in den Proben hart gearbeitet, sie geht dann auf der Bühne in Kreativität über.
Zu aller Anfang äußerte sich Peçis Bewegungsdrang allerdings nicht im Tanzen. Er versuchte sich zuerst im Fußball, sowie ein halbes Jahr an der Zirkus-Schule. Schließlich entdeckte er sein Talent für Hip-Hop und Breakdance und den Wunsch sich darin zu vertiefen. Die logische Schlussfolgerung für seine Familie war den jungen Eno auf die Ballettakademie in seiner Heimatstadt Tirana zu schicken. Mit Strumpfhosen und Klavier hatte er allerdings nicht gerechnet und beschreibt die Ballettschule in seiner Anfangszeit als eine Art Gefängnis. Doch nach einiger Zeit entwickelte sich sein Verlangen nach mehr und er begann mit dem Gedanken zu spielen, die künstlerische Arbeit zu seinem Beruf zu machen. Der damals 15 jährige zog zu seiner in Wien lebenden Schwester und setzte seine Ausbildung an der Ballettakademie der Wiener Staatsoper fort. Trotz eines halben Jahres ohne Training und ohne ein Wort Deutsch zu sprechen, kämpfte er sich immer weiter, bis er im Jahr 2000 ins Staatsballett aufgenommen wurde. Mit den Jahren tanzte er sich durch viele verschiedene Rollen, glänzte in klassischen wie auch modernen.
Besonders wichtig ist für ihn die Abwechslung. Diese ermöglicht ebenso das individuelle Weiterentwickeln, welches für Peçi direkt verknüpft ist mit der Entwicklung des persönlichen Stils – Kopieren geht gar nicht. Von jedem das Beste zu nehmen und dies in sich selbst zu vereinen jedoch schon. Dieser Stil kommt dann auf der Bühne zur Geltung, denn in den Proben gilt es vor allem Körper in Ordnung zu bringen. „Es ist wie Lego spielen“, beschreibt Peçi. Apropos spielen; der Körper wird auch großteils durch die Musik beeinflusst. „Es ist essentiell mit ihr zu sein und mit ihr zu spielen. Man tanzt in die Musik.“
Bei seinen Choreografien kommt die Musik allerdings zum Schluss, da sie an die Choreographie angepasst werden muss und diese abrundet. Zuerst entsteht eine Idee, eine Aussage, dann die strukturelle Abfolge und letztendlich folgt die Musik. Sollte sich keine passende finden muss sie eben selbst komponiert werden. So hat Peçi etwa das Cello-Intro von seinem Stück „Herzblume“ (Volksoper; „Kreation und Tradition“, 2013) und die gesamte Musik bei „Pavillon 2/12“ (Junge Choreographen 2014) selbst geschaffen. „Die Tänzer darf man nicht vergessen. Sie machen die Magie“. Sie sind für den Choreografen mehr als nur eine Rolle: „Es entsteht eine Zusammenarbeit zwischen Figur und Tänzer, sie beeinflussen sich gegenseitig.“ Inspiriert wird Peçi von alltäglichen Situationen, aktuellen Geschehnissen und Gedanken, die sein Interesse wecken. Seine Ballette sollen nicht von einer präzisen Handlung dominiert werden, sondern den Zuschauer_innen einen gewissen Gedankenspielraum lassen. „Jeder spürt das anders, jeder hat ein anderes Leben gehabt.“
Im vergangenen Sommer bearbeitete Peçi das aktuelle Thema der Flüchtlingskrise in seiner neuesten Choreographie „Exil“/ „Exodus“ für das Schweizer „Tanzfestival von Origen 2015“. Peçi stellt zwei Familien vor, in deren Heimatland Krieg herrscht und die dadurch auch mit internen Problemen zu kämpfen haben – Armut, Hungersnot und auch das Verdrängen mit Hilfe von Alkohol. Die Kinder sollen in eine bessere Zukunft geschickt werden und die unglückliche Vergangenheit und damit ihre Familien zurücklassen. Doch auch das Glück in der Zukunft ist nicht gewiss, die zurückgebliebenen Eltern sollen nicht vergessen werden. Eine abendfüllende Arbeit (mit Tänzer_innen des Wiener Staatsballetts), die für den Choreografen besonders intensiv war. Neben ihm waren drei Choreografen aus Hamburg und Amsterdam eingeladen.
Auch wenn in seinem Beruf als Künstler nicht immer alles nach dem Prinzip „Friede, Freude, Eierkuchen“ abläuft, antwortet er auf Fragen nach Zukunftsplänen mit Bestimmtheit: „Ich will mehr choreografieren“. Dies könne er sich auch durchaus mit einer Verbindung zwischen Ballett und Breakdance vorstellen.
Ein technisches Vorbild setzt sich Peçi mit dem „Nederlands Dans Theater“: „Die Tänzer haben auch moderne Elemente in ihrer Ausbildung. Sie wirken immer als würden sie über dem Boden schweben.“ Noch aber ist Eno Peçi in der Gegenwart und versichert: „Ich tanze gern.“
Kommende Auftritte von Eno Peçi in der Staatsoper:
Witwe Simon in „La Fille mal gardée“: 25.12.28.12, 20.1. 2016
„Verklungene Feste“ am 4.1. 2016 ; Potiphar in der „Josephslegende“ 6. und 9.1. 2016