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Dschungel Wien: Elsas Traum, Theaterstück

Die bunte Welt der Träume. © Dimitrij Muraschov

Mit Elsas Traum feierte am 16. Dezember der junge Regisseur Simon Dworaczek seinen Einstand im Dschungel Wien. Dworaczek inszeniert das von Autor und Regisseur Jérôme Junod verfasste „Theaterhandwerk“ für Zuseher*innen ab zehn Jahren mit viel Dynamik und sympathischem Ideenreichtum. Und auch das gur harmonierende junge Ensemble Johanna Prosl, Michaela Schausberger, Jeanne-Marie Bertram, Paul Graf und Magdalena Mair – schlüpft mit spielerischer Freude, hohem körperlichen Einsatz und akrobatischer Leichtigkeit in zahlreiche Rollen und Situationen.

Elsas Traum ist ein tierischer Road-Movie, eine Reise in die Träume und Wünsche eines jungen (Bienen-)Mädchens – und die Enttäuschungen, die das Leben eben so bringt, wenn man vom geborgenen gutbürgerlichen Elternheim in die harte Welt der „working class“ und frustrierten Kunst- und Kulturschickerie fällt.

Bienen-Road-Movie mit Elsa: Die Ameisen üben den Widerstand (Johanna Prosl, Michaela  Schausberger, Jeanne-Marie Bertram) . © Dimitrij MuraschovJunod hat seine Coming-of-age-Geschichte metaphern- und anspielungsreich im Bienen- und Insektenmilieu angesiedelt. Da ist die junge träumerische Biene Elsa, die „Erbin aus gutem Hause“, der der gut gehende mütterliche Bienengroßbetrieb zu langweilig und zu wenig lustvoll erscheint. Sie will hinaus in die Welt der Farben und Gesänge, genauer: in die Welt der Kunst, der Musik und des „Entertainment“. Denn einer hat es ihr angetan: Ricky Butterfly, der viel bewunderte Schmetterling, dessen Hits sie auswendig kann und dessen schillernden Lebensstil sie nur zu gerne gegen die gesicherte Existenz der Bienenstockkonzernführung eintauschen würde. Als es eines Tages wieder zu einer heftigen Diskussion mit der überfleißigen Mutter „Frau Königin“ kommt, bricht Elsa endlich aus ihrem bisherigen Leben aus – und beginnt, begleitet von ihrer molligen Freundin, der Hummel Uschi, die lang erträumte Reise in die Welt des „Showbiz“.

Doch was bis dahin als Traum von Musik und Tanz, Karriere und Spaß, vor allem aber Selbstbestimmung und Freiheit erschien, ist in der Realität dann eben doch ganz anders: Die schmuddelige Künstlerbar entpuppt sich als wahres „Wespennest“ zwielichtiger Drogendealer, die vermeintliche Netzwerkerin Zikade Jenny als abgetakelte Esoterikerin und die Spinne „Frau Netz“, die sich als Ricky Butterflys Produzentin ausgibt, als grausame Ameisenschinderin. Nichts findet sich auf dieser Reise ins Glück, das so richtig glücklich macht. Selbst die Begegnung mit dem großen Idol stellt sich als bittere Enttäuschung heraus: Ricky ist einsam, ausgelaugt und lebensmüde geworden. Elsa (Johanna Posl) in den Fängen von Businesswoman Frau Netz (Paul Graf). © Dimitrij Muraschov

Elsa kehrt reumütig und um wichtige Erfahrungen reicher in das Firmenimperium zurück. Die Mutter übergibt ihren Thron wie ihren Hut. Elsa wird die neue „Königin“.

Im variationsreichen Bühnenbild von Dimitrij Muraschov, der auch für die andeutungsreichen Kostüme verantwortlich zeichnet, erzählt Dworaczek die Geschichte des „Wohlstandskindes“ Elsa mit viel Sympathie für die Sorgen einer eigentlich sorgenfreien Jugend. Das Ensemble springt tollkühn von Szene zu Szene und von Figur zu Figur, bunte Würfel und Rollen werden aus schwarzen Plastikfolien mit viel akrobatischer Verve bespielt, und aus der schwarz-gelben Arbeitswelt schält sich langsam eine farbenreiche neue Landschaft der Erlebnisse – und Enttäuschungen. Diese sind aber wohl notwendig, so eine der Aussagen des letztendlich recht wertekonservativen Stückes, um seinem Ziel Erfahrung um Erfahrung immer näher zu kommen.

Elsa (Johanna Prosl) und trifft auf die tanzende Zikade Jenny  (Michaela Schausberger)  © Dimitrij MuraschovDass das Ziel dann eben doch nicht Kunst, sondern Konzern heißt, ist eine der irgendwie auch nachdenklich machenden Erkenntnisse dieses flotten Reiseberichts. „Behalte deinen Honig und deine Firma!“, ruft Elsa zu Beginn ihrer Mutter bitter zu, ehe die Junbiene schließlich erkennen muss, dass das Leben „da draußen“ eben doch kein „Honiglecken“ ist.

Am Ende bleibt der Honig süß und die Farben des freien Lebens eine wichtige Erinnerung im Lebensbuch der nun herangewachsenen „Jungunternehmerin“. Ob sie sich doch etwas von ihrem Drang nach Selbstbestimmung behalten kann – das geplante Folgeprojekt (Premiere, gemeinsam wie die Wiederaufnahme von Elsas Traum im Frühjahr/Sommer 2019) wird davon erzählen.

Jérôme Junod: Elsas Traum, eine Insekten-Odyssee (10+), Schauspiel, Uraufführung, 70 Min.; Regie: Simon Dworaczek; Ausstattung: Dimitrij Muraschov; Choreografie: Lina Hufnagl; Musik: Jörg Reissner; Darsteller*innen: Jeanne-Marie Bertram, Paul Graf, Magdalena Mair, Johanna Prosl, Michaela Schausberger.
Premiere: 16.12.2018, Dschungel Wien.
Weitere Vorstellungen bis 20.12.2018; geplante Wiederaufnahme: Mai 2019; geplante Fortsetzung: Juli 2019