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The Loose Collective: „On Earth – Part II", WUK

Höhlenmenschen: "Earth II". © Sabine Hoffmann

Mit dem zweiten Teil der Trilogie „On Earth“ gehen die Performer*innen von The Loose Collective in die Steinzeit zurück und landen, hungrig und durstig, doch wieder in der Gegenwart. War Teil I dem Urknall und der Entstehung der Pflanzen und Tiere gewidmet, so sind diesmal die Menschen an der Reihe. Nach der Uraufführung in Graz im Dezember 2017 war die Wien-Premiere im WUK zu sehen.

Anfangs allerdings ist nichts zu sehen. Mit Lichtfunzeln führen die Mitarbeiter*innen im WUK das Publikum in kleinen Gruppen in eine finstere Höhle. Schwarz soll auch die Bekleidung von allen sein. Die finstere Höhle, in der wir geführt werden, nimmt nahezu den gesamten Saal in Anspruch, nur etwa 50 Zuschauer*innen, im offenen Viereck platziert, haben Platz. Dunkelheit und wolkenbruchartiger Sound erfüllen den Raum.

The Loose Collective stellt sich vor, wie die Lemuren zu Menschen wurden. © Sabine HoffmannEin Lichtschimmer huscht über die Wände, ein Elefant mit großen Ohren erscheint, links von ihm sehe ich Totenschädel, Tiere knurren, heulen, wimmern, Undefinierbares bewegt sich auf dem hölzernen Bühnenboden, der aussieht wie erstarrte Lava. Das Bühnenbild und die Kostüme, samt Haarkleid und keckem silbernen Männer-Badehöschen (Stil: 1975). hat Hanna Hollmann gestaltet, und das führt mit und ohne Licht (Design: Peter Thalhamer) schon bevor sich die Stoffhaufen zu bewegen beginnen, zu aufregenden Vorstellungen, optischen Täuschungen und gespannter Erwartung.

Der erste Zweibeiner, der sich aus dem Dunkel, inzwischen mit ein paar Mobiltelefonen matt erhellt, erhebt, kann noch nicht aufrecht gehen. Gebückt schleicht er umher, hört undefinierbare Laute von Tieren oder Artgenossen, häuft die Leichen übereinander. Diese werden aber bald lebendig und bewegen sich brabbelnd und grunzend durch ihr Revier. Manchmal hört man sie nur, immer wieder wird der Raum in völlige Finsternis versetzt.

Ein Steineklopfer ist am Werk, er erzeugt Werkzeuge, versucht Feuer zu machen, verziert die Höhle. Jetzt kommt der Mensch, ein heutiger, im schwarzen Anzug mit Brille. Neugierig stochert er in der Vergangenheit, zerstört mehr, als er rettet oder bestaunt, oder was immer ein Mensch mit den Naturwesen, Jäger ohne Telefon, Stammler ohne Worte, tun sollte. Nebelwolken erfüllen die Höhle, die Bewohner*innen lösen sich darin auf.Allmählich dringt Licht ins steinzeitliche Dunkel. © Sabine Hoffmann2

Bald wird ihm dann der Anzug, in dem Frans Poelstra steckt, zu heiß, er wirft ihn ab, eine Höhlenfrau (Anna Maria Nowak) hat sich zur Mistsammlerin emanzipiert und stopft auch die Unterwäsche in den Plastiksack. Der Mensch bastelt sich aus einem Hemd besagtes komische Schwimmhöschen. Auch die übrigen Höhlenmenschen werden tätig – Marta Navaridas, Haare nicht nur auf dem Kopf, Alex Deutinger, der erste Mensch, der zu sehen war, und Alexander Gottfarb, in Silber gewickelt –, basteln aus Silberfolie eine Helmmaske, unter der der Urmensch doch nicht erstickt, verhüllen den Boden mit Plastikbahnen und öffnen die Höhleneingänge.

Silberkopf ohne Atemnot, der Tag bricht an. ©  Sabine HoffmannLicht bricht herein, kaum jenes der Aufklärung. Doch diese war eher humorlos, was den Mitgliedern der Formation The Loose Collective nicht nachgesagt werden kann. Statt Pathos und Belehrung bieten sie auch in dieser vielschichtigen Performancezu  Ironie und Witz samt einigen Anregungen zum Sinnieren und Fragen, um nach Antworten zu suchen.

Der Mensch ist in der Jetztzeit angekommen und feiert Party mit Cola und Pizza (Mikrowelle vorhanden). „Ottakringer“ steht auf der nun erweiterten Bühne oberhalb der Bar, der Mann dahinter hat ein rotes Käppchen auf. Mit glitzernden Hütchen auf dem Kopf, doch stumm, stehen, Es sit Jetzt, der alte Mensch kämoft mit neuen Materialien. © Sabine Hoffmannsitzen die fünf Gäste gelangweilt umher, aus dem Mobiltelefon leiert die immer gleiche belanglose Musik, kein Wind heult, kein Tier knurrt. Ich wünsche mir Blitz und Donner und versetze mich zurück in die Höhle, ohne Geschwätz, ohne Party, Party (oder wird das schon drei Mal geschrieben als Einladung?) und Pizzafraß, aber mit einem kräftigen Bärenbraten zum Festessen.

Aus mit der Träumerei, die Menschen von heute begeben sich an die Bar, das Publikum bedankt sich etwas verstört ohne zu pfeifen, johlen und kreischen. Wie angenehm! Ein Bier, um den Künstlern zuzuprosten, kann nicht schaden.

The Loose Collective: „On Earth – P II“, mit Alex Deutinger, Alexander Gottfarb, Marta Navaridas, Anna Maria Nowak, Frans Poelstra. Kostüm und Bühne: Hanna Hollmann; Musik, Kompositionen: Guenther Berger, Stephan Sperlich; Lichtdesign: Peter Thalhamer. Wien-Premiere am 9. Mai 2018 im WUK.
Zwei weitere Vorstellungen am 10. + 11. Mai 2018.