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„Raymonda“ zum Abschluss mit Maria Yakovleva

Pas de cinq mit Fiocchi, Vandervelde, Yakovleva, Hayden, Bottaro.

Manuel Legris ist es zu verdanken, dass das klassische Ballett „Raymonda“, in der Choreografie von Rudolf Nurejew nach Marius Petipa, 17 Jahre nach der letzten Wiener Aufführung neueinstudiert worden ist, und eine neue Generation im Publikum begeistert. In den beiden letzten Vorstellungen der 15teiligenSerie (von Dezember 2016 bis April 2018) ist die erste Solotänzerin Maria Yakovleva als Raymonda eingesetzt, Denys Cherevychko tanzt den Ritter Jean de Brienne. Rollendebüts sind Elena Bottaro und Adele Fiocchi als Freundinnen Raymondas sowie Trevor Hayden und Arne Vandervelde als sie umturtelnde Troubadoure anvertraut. Überdies: Sveva Gragiulo im Grand Pas classique hongrois und Marian Furnica im Sarazenen-Duo. Sie alle mitsamt dem Dirigenten Kevin Rhodes wurden heftigst beklatscht.

Noch mehr Klassik geht nich: Maria Yakovleva, Denys CherevychkoDie beiden Paare – Adele Fiocchi mit Arne Vandervelde, Elena Bottaro mit Trevor Hayden – kamen mit ihren Debüts bestens zurecht. Bottaro, der Choreografie gemäß, lieblich und zurückhaltend; Fiocchi spritzig und keck. Beide wurden von den Männern mit sicheren Schritten und kräftigen Sprüngen in den Solos liebevoll begleitet. Ein Vergnügen, das sich bestimmt mit dem Gewinn an Sicherheit der Tänzer*innen noch steigern wird.

Maria Yakovleva ist eine Raymonda, wie sie sich auch Petipa oder Nurejew vorgestellt haben könnten. Sicher auf der Spitze, elegant in der Haltung, energisch mit weicher Landung in den Sprüngen und perfekt harmonierend mit dem Partner. Im Solo-Czárdás (3.Akt) zeigt sie, wie auch schon bei der geträumten Begegnung mit Abderachman (Eno Peçi), deutlDer Hochzeitsvermittler: König von Ungarn, Grfin Sybille, Tante von Raymonda, sich produzierender Abderachman: Zsolt Török, OxanaKiyanenko, Eno Peçi. Im letzten Akt wird die Gräfin zur Ungarin, wenn sie mit dem König im Ungarishen Tanz auftritt. ich, dass sie dem Werben des Sarazenen sehr wohl nachgeben könnte. Yakovleva ist nicht nur Tänzerin, sondern auch Frau, besticht durch Stil und Gefühl. Die Sinnlichkeit von Abderachmans glühendem Balztanz im 2. Akt springt ungebremst auf Raymonda über. 

Gerne hätte ich auch Denys Cherevychko als Sarazenenfürsten gesehen, ihm fehlt in der Rolle Jean de Briennes die noble, als Kontrast zu Abderachman naturgemäß etwas langweilige, Haltung des edlen Ritters. Nur wenn er springen darf oder durch die Manege rasen, ist der Erste Solotänzer in seinem Element. Maria Yakovleva ist Raymonda, sinnlich und elegant.Übrigens, als Ritter Jean würde ich gerne einmal Dumitru Taran sehen, doch seine Battements und sein Witz als Troubadour) sind durchaus auch in kleineren Rollen zu genießen. In den beiden letzten Vorstellungen der Saison ist der immer wieder auffallende Halbsolist, diesmal mit der unnachahmlichen Solotänzerin Ioanna Avraam, als Solist im Spanischen Tanz zu sehen: spanischer als spanisch. Auch in der Gruppe (Walzer, Grand Pas classique hongrois) darf Taran zeigen, dass er ein ebenso eleganter wie sicherer Tänzer ist.

Etwas müde wirkten die Krieger zu Beginn, doch schon ab dem ersten Walzer ließ das Corps samt den solistischen Paaren die Herzen höher schlagen. Nurejew gibt den Männern schöne, oft rasante und energiegeladene Auftritte. Dem Publikum gefällt das.

Mit Anna Shepelyeva legt Marian Furnica in seinem Rollendebüt einen rassigen Sarazenentanz hin. Freundin Clémence, Troubadour Béranger: Adele Fiocchi, Arne VanderveldeHalbsolistin Sveva Gargiulo ist zum ersten Mal Solistin im ungarischen Grand Pas im Finale des Balletts. Wie Fiocchi und Bottaro kommt sie aus der Ballettschule der Mailänder Scala. Zugleich wurden die drei Italienerinnen, nach ihrem Engagement in Wien 2014, zu Halbsolistinnen ernannt.
Dass sich alle RollenDebütan*innen ohne Nervosität auf der Bühne präsentieren konnten, ist auch dem Dirigenten Kevin Rhodes zu verdanken. Freundin Henriette, Troubadour Bernard de Ventadour: Elena Bottaro, Trevor HaydenEr hat Augen und Herz nicht nur im Orchestergraben, sondern auch auf der Bühne, passt das Tempo perfekt den Bedürfnissen der Tänzer*innen an. Das Publikum registriert das und gibt seiner Freude darüber kräftigen Ausdruck.
War ich nach der ersten Vorstellung etwas enttäuscht von dem überlangen im Grunde aus reinem Tanz der Sollist*innen, Gruppierungen und des Corps bestehenden, Balletts, so ist Saula zur Paula geworden. Ganz traurig muss ich mich nun, vermutlich nicht nur für diese Saison, sondern für längere Zeit, von dem als letztes klassisches Ballett angesehenen Stück verabschieden. Manuel Legris bleibt dem Ballett als Direktor noch zwei Saisonen erhalten, er wird das Publikum weiterhin erfreuen und überraschen.

„Raymonda“ 54. Aufführung (14. der Neueinstudierung) in der Choreografie von Rudolf Nurejew nach Marius Petipa. Musik: Alexander Glasunow. 12. April 2018, Wiener Staatsballett in der Staatsoper.
Letzte Chance in dieser Saison: 14. 4. 2018 in derselben Besetzung.
Fotos von Ashley Taylor (© Wiener Staatsballett / Ashley Taylor)