ImPulsTanz – Liquid Loft: „Candy’s Camouflage“
Liquid Loft / Chris Haring zeigt mit „Candy’s Camouflage“ den dritten Teil der Imploding Portraits Inevitable als einen der Höhepunkte von ImPulsTanz im Akademietheater. Teil III der Serie Imploding Portraits Inevitable erhielt wie auch die vorangegangenen Performances ungeteilte Zustimmung.
Die von Chris Haring inszenierte Performance-Serie der „zwangsläufig zusammenbrechenden (weiblichen) Porträts“, inspiriert von Andy Warhols frühen filmischen Arbeiten, begonnen mit „Shiny, Shiny …“, fortgesetzt mit „Falsed Colored Eyes“, lebt vom Vexierspiel zwischen der Gegenwart der live agierenden Körper auf der Bühne und der Vergangenheit der eingespielten Filmsequenzen, zwischen Bühnengeschehen und den voraufgezeichneten oder der von den Akteurinnen gesteuerter Kamera und an die Wand geworfenen Doubles ihrer selbst. Zu sehen ist ein aufregendes Wechselspiel zwischen den lebendigen Tänzerinnen im dreidimensionalen Bühnenraum und den Bildern auf der flache Wand.
Waren die ersten beiden Teile in bunte Farben und laute Musik getaucht, so hat Haring das Setting in „Candy’s Camouflage“ (der Titel erinnert an Candy Darling, einer der Superstars in Warhols Factory) reduziert und eingedampft: Drei Tänzerinnen (Stephanie Cumming, Katharina Meves, Karin Pauer), Bühne, Kostüme, Filme schwarzweiß (Licht Design, Szenographie: Thomas Jelinek), Musik (Komposition, Sound Design: Andreas Berger:) sparsam meditativ, der Sound der 1970er Jahre.
Darüber hinaus ist im Teil III alles wie gehabt. Die Tänzerinnen posieren, drehen und winden sich, Pauer tätowiert ihren Arm mit Schriftzeichen. Sie verhüllen und enthüllen sich, probieren Rollen aus, werden zu tanzenden Schatten und künstlichen Figuren, sind drei Frauen, die nicht wissen, wer sie sind, was sie sein wollen. Immer neu adaptieren sie die Scheinwerfer und die auf sie selbst gerichtete Kamera. Diese zeigt an der schwarzen Wand Überblendungen und Doppelbilder, Vervielfachung und Verunstaltung, schöne Gesichter zu Unkenntlichkeit gezoomt, aufgerissene Augen, riesige gebleckte Gebisse, ein Kaleidoskop aus Körpern, Gliedmaßen, neu zusammengesetzten Teilen. Faszinierend was die Filmtechnik möglich macht. Alles nur Tarnung, Täuschung.
Am Ende dreht sich dieses Kaleidoskop aus echten und gefälschten Bildern immer schneller, wird zu einem Muster, das von innen her eingesaugt wird. Doch da habe ich (und meine unbekannte Nachbarin zu Rechten, wie mein Nachbar zur Linken) schon drei Mal auf die Uhr gesehen. 70 Minuten können sehr lang sein, zumal ich nichts Neues erfahre, mich keine Überraschung aus dem Traumland von Licht und Schatten unten (auf der Bühne) und oben (auf der Filmwand) weckt.
„The best performance ever“, sagt der Peter vor Begeisterung strahlend. Er muss es wissen, ist selbst vom Bühnenfach. Kleinlaut gestehe ich, dass ich mich schon nach 40 Minuten gelangweilt habe. Für mich war „Shiny, Shiny …“ eine Offenbarung, „False Coored Eyes“ versetzte mich in einen Rausch, „Candy`s Camouflage“ leider eher in Schlaf. Entzücktes Lob bekommen Chris Haring, Thomas Jelinek und die exzellenten Performerinnen Cumming (immer noch die Seele des Bühnen-Geschehens), Meves und Pauer diesmal von anderen. Ganz sicher, reichlich.
Liquid Loft / Chris Haring: „Candy’s Camouflage – Imploding Portraits Inevitable III“. Uraufführung im Rahmen von ImPulsTanz, 6. August 2016, Akademietheater. Weitere Vorstellung: 7.8. 2016
Neue Perspektiven bietet die dreistündige Museumsversion: 10. August ab 18 Uhr, Leopold Museum.