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Wenn Spaniens Blüten blühen – Jetzt hat er’s

Das übliche Gewurl. In der Mitte Fraçoi-Eloi Lavignac als Sancho Pansa.

Die letzte Vorstellung dieser Saison von Rudolf Nurejews Choreografie Don Quixote hat die bekannte Tatsache bestätigt, dass auf der Ballettbühne keine Aufführung der anderen gleicht. Arne Vandervelde hat das Premierenfieber überwunden und sich locker und humorvoll zum verführerischen Basil entwickelt. Kiyoka Hashimoto brillierte am 29.2. als seine Angebetete, Kitri.

Kitri und Basil: sprühend vor Lebenslust. Kiyoka Hashimoto und Arne Vandervelde: sprühend vor Tanzlust.Sprühend vor Tanzlust und Fröhlichkeit hat das Paar Hashimoto / Vandervelde auch die schwierigsten Passagen gemeistert und das Publikum bei Laune gehalten. Dass die Choreografie von Nurejew durch Schlampereien und krampfhafte Lustigkeit ihren Charme etwas eingebüßt hat, ist nicht zu übersehen. Die schwierigsten Rollen sind die der beiden Clowns, Sancho Pansa (François-Eloi Lavignac) und Gamache (Daniel Vizcayo). Das Duell Tapfer kämpft Don Quixote (Igor Milos) gegen Gamache, den eitlen Geck(Daniel Vizcayo). Sancho Pansa (François-Eloi Lavignac) lässt sich das Schauspiel nicht nehmen, Es sind die lustigen Figuren in dem als Komödie angelegten Balletts nach dem 2. Teil des Romans El ingenioso hidalgo Don Quixote de La Mancha von Miguel de Cervantes de Saavedra, doch sie sind weder Wurschtel noch Kasperl. Im Tanz gibt es nur wenig komische Rollen, umso genauer gehören sie einstudiert. Fliegende Hüte, Perücken und Fische, strampelnde Beine, fuchtelnde HändeNicht nur Don Quixote träumt vn ihr: Hyo-Jung Kang ist die Königin der Dryaden. und der dauernd rutschende Bauchpolster von Sancho Pansa sind Elemente, die sparsam eingesetzt werden müssen, um den erwünschten Effekt (die Lacher) hervorzurufen. Das ungeordnete Gewurl und Gezappel des Corps (Barcelonische Damen, Fischer, Matadore, und flanierende Paare) lenkt vonden Variationen der Solistinnen mehr ab, als es Lebendigkeit und Lebensfreude zeigt.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass Nurejew, der ja die Rolle des Basil für sich selbst choreografiert hat, gewollt hat, dass man die Solovariationen und Pas de deux gar nicht genießen kann, weil dahinter und daneben das gesamte Corps dauernd in bemühter Bewegung ist, möglichst auffällig fächelt, wackelt und hampelt.Die beiden Freundinnen Kitris zeigen Bein. (Sveva Gargiulo , Alice Firenze)Nicht einmal während des Adagios und dem entzückenden Menuett mit Don Quixote (Igor Milos) herrscht Ruhe im Corps. Danach kommt noch Kitris anstrengende Kastagnetten- Variation. Wie der Kampf zwischen den Matadoren und den jungen Katalanen muss auch das Rundumstehen einstudiert werden. Das Mittelmaß zwischen bewegungslosen Statuen und lebendigem Volk ist zu finden. Die Straßentänzerin (Sonia Dvořák) verfällt  dem feschen Matador  Espada (Eno Peçi).Dass sich die katalanischen Burschen im Kampf gegen die (spanischen?) Matadore selbst auf den Boden werfen und wild umherrollen, ist sicher nicht die Intention des Choreografen gewesen. Dennoch haben diese Szenen einen Glanzpunkt, Eno Peçi als Espada ist immer wieder eine Wonne. Eine gute Idee Nurejews in seiner überzappelten Choreografie ist es, Espada auch vor dem Hochzeitstanz im 3. Akt noch einmal auftreten zu lassen. Peçi tanzt im Flamencostil, obwohl nicht in Spanien aufgewachsen, sondern in Albanien.  Vielbejubelt: Kiyoka Hashimoto und Arne Vandervelde (Kitir und Basil). Wie anstrengend diese Inszenierung nicht nur für die Tänzerinnen, sondern auch für das Publikum ist, macht der kräftige und herzliche Applaus nach dem Tanz der Dryaden, ihrer Königin (Hyo-Jung Kang) Dulcineas (Kiyoka Hashimoto) und des geflügelten Amor im 2. Akt (Ioanna Avraam). Endlich Ruhe und Genuss. Perfekt Ioanna Avraam, die zarte Seele. Sie benötigt keine Flügel auf dem Rücken, um leicht wie ein Schmetterling verschmitzt zu gaukeln. Selbst Igor Milos, unkenntlich durch die Don Quixote-Maske, ist entzückt und mimt deutlich bewunderndes Staunen.
Der kurze letzte Akt ist ein festlicher Dauerwirbel, in dem Vandervelde noch einmal zeigt, wie sehr er die Rolle des Basil, sowohl technisch wie ästhetisch und im spielerischen Ausdruck, verinnerlicht hat. Das hat wohl auch das Publikum registriert, immer wieder hat es die Protagonistinnen vor den Vorhang gerufen.

Don Quixote, Ballett in einem Prolog & drei Akten. 42. Aufführung in dieser Einstudierung, 29. Februar 2024.
Musik: Ludwig Minkus in einer Bearbeitung von John Lanchbery.
Choreografie & Inszenierung: Rudolf Nurejew, nach Marius Petipa.
Bühne & Kostüme: Nicholas Georgiadis
Licht: Marc Anrochte. Orchester der Wiener Staatsoper, geleitet von Robert Reimer. Das Wiener Staatsballett in der Staatsoper.
Fotos: Ashley Taylor, © Wiener Staatsballett / Ashley Taylor