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„Giselle“, Ballett mit zahlreichen Debuts

Katharina Miffek, Bathilde, Hyo-Jung Kang, Giselle

Hyo-Jung Kang und Brendan Saye eröffneten die Serie des Balletts „Giselle“ in der aktuellen Saison. Sowohl die Erste Solistin Hyo-Jung Kang wie der Erste Solist Brendan Saye haben ihre Rollen, Giselle und Albrecht, zum ersten Mal mit dem Wiener Staatsballett getanzt. Im Corps de Ballet waren ebenfalls mehrere Rollendebüts zu sehen und auch der Dirigent, Wolfgang Heinz, gibt sein Debüt an der Staatsoper. Der Abend hat sich als Tanz in der Porzellankiste entwickelt, vorsichtig statt mitreißend, emotionslos statt gefühlvoll.

Pas de deux Giselle und Herzog Albrecht (Hyo-Jung Kang und Brendan Saye)Hyo-Jung Kang ist eine bezaubernde Tänzerin und hat ihre Rolle, wie auch Brendan Saye die seine, in der kleinen Zehe. Bei ihrem Debüt in Tschernischovas Choreografie nach Jean Coralli, Jules Perrot und Marius Petipa hält sich das Paar jedoch zurück. Hyo-Jung Kang fehlt als Giselle eine Portion Spritzigkeit, auch die Lust am Tanzen ist nicht zu sehen. Brendan Saye verzichtet auf fröhliches Liebesgetändel, setzt sie Schritte ernsthaft und ordentlich. Auch er wirkt angestrengt.
Erst das Bauernpaar, Sonia Dvořák und Arne Vandervelde, bringt ein wenig frischen Wind in dieses etwas öde Winzerfest. Das weibliche Corps de Ballet wie auch Sonia Dvořák, vor allem als Willi Moyna, könnten ihre Armhaltung (Port de bras) verbessern.Arne Vandervelde (1. Akt, Bauernpaar)Eno Peçi ist ein sympathischer Hilarion, der Giselle wirklich liebt. Nicht nur aus Eifersucht deckt er Albrechts wahren Stand auf, sondern auch, weil er Giselle beschützen und warnen will. Die Hochzeit, die sich das junge Mädchen erhofft, ist unmöglich. 2. Akt. Albrecht hebt einen Geist. Giselle ist tot und tanzt um Mitternacht als Wili im Wald. (Hyo-Jung Kang, Brendan Saye)Würdevoll, elegant und auch geheimnisumweht tanzt Ketevan Papava Myrtha, die unerbittliche Königin der Wilis. Als zweite Begleiterin, Zulma, glänzt Eszter Ledán. Es mag am Dirigenten und dem Orchester liegen, dass die unheimliche Stimmung nicht zu spüren ist. Die angeblich wahre Liebe lässt nur Peçi erkennen, wenn er seinen bescheidenen Blumenstrauß am Grab niederlegt. Achtlos wirft  sieSaye am Ende, weil es halt so vorgeschrieben ist, die Plastiklilien auf den Waldboden. Die letzte ist noch nicht gefallen, der Taktstock noch nicht gesenkt, schon heben die Begeisterten die Hände zum Applaus. Auch wenn sie die Premiere von Wolfgang Heinz bejubeln, vor der Musik hat das Publikum im ausverkauften Haus wenig Respekt.
Ceterum censeo. Im Übrigen bin ich der Meinung, dass das Wiener Staatsballett eine eigene Website bekommen sollte.

„Giselle“, fantastisches Ballett in zwei Akten. Choreografie und Inszenierung: Elena Tschernischova, 1993. Musik: Adolphe Adam mit einer Einlage (Bauern-Pas de deux) von Friedrich Burgmüller.Hyo-Jung Kang als Giselle im 2. Akt.
Bühne: Ingolf Bruun, Kostüme: Clarisse Praun-Maylunas. Musikalische Leitung: Wolfgang Heinz. Orchester der Wiener Staatsoper, Wiener Staatsballett. 90. Aufführung: 2.10.2023.
In den Solorollen: Hyo-Jung Kang, Brendan Saye, Eno Peçi, Franziska Wallner-Hollinek, Jackson Carroll, Zsolt Török, Katharina Miffek, Sonia Dvořák, Arne Vandervelde; Ketevan Papava, Eszter Ledán.
Fotos: © Ashley Taylor / Wiener Staatsballett / Ashley Taylor
Nächste Vorstellungen: 9.10., in derselben Besetzung. 22., 27. In neuer Besetzung. Und auch am 11. und 12.2. 2024.