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Vor der letzten Ballettpremiere mit Manuel Legris

"Psalmensymhonie": Jiří Kylián / Igor Strawinsky

Ein Fest nicht nur für Ballettfans. Die letzte Ballettpremiere an der Staatsoper in der Ära Legris, die im Juni 2020 ihren Abschluss findet, zeigt die frühen Werke dreier Choreografen, die dem klassischen Ballett ihren Tribut zollen, indem sie dessen Grenzen gesprengt haben. Was einst als „Anmaßung und Zumutung“ kritisiert worden ist, wird heute als Klassiker des neoklassischen Tanzes gefeiert. Schon die Generalprobe wurde mit tosendem Applaus bedankt.

Für einen Abend dürfen die aktuell schwierigen Zeiten für das Ballett, die den Medien, nicht nur jenen am Boulevard, leicht verdauliches Futter bieten, auch wenn sie sonst dem Tanz kaum Platz bieten, vergessen, wenn auch nicht verdrängt, werden. Géraud Wielick in "Solo" von Hans van Manen zur Musik von J. S. BachDas Wiener Staatsballett zeigt seine Stärken in „Artifact Suite“ (1984 / 2004) von William Forsythe, „Trois Gnosiennes“ (1982) und „Solo“ (1997) von Hans van Manen und zum Abschluss mit „Psalmensymmphonie“ (1978) von Jiří Kylián. Premiere ist am 14. April.

Nicht die Leistungen der Tänzer*innen werden in der öffentlichen Empörung honoriert, sondern das Fehlverhalten einzelner Lehrer oder Lehrerinnen wird genüsslich ausgebreitet und nach immer neuen Zeug*innen gesucht, die das „es ohnehin schon immer gewusst haben“. Warum haben sie nichts dagegen unternommen? Untersuchungen einzuleiten, Maßnahmen zu ergreifen, Ordnung zu schaffen, ist sicher notwendig, unsinnige Forderungen, wie die Trennung des BRG Boerhaavegasse von der Ballettakademie, oder das Verbot von Bühnenauftritten der Studierenden, zu stellen und das unerfreuliche Thema am Kochen zu halten, sicher nicht. Nicht nur die Ersten Solotänzer des Wiener Staatsballetts Davide Dato und Jakob Feyferlik, die Erste Solotänzerin Natasha Mair und Solotänzerin Rebecca Horner haben die Ballettakademie in Wien absolviert, auch Halbsolistinnen und viele Tänzer*innen im Corps haben ihre Ausbildung an der Ballettakademie gemacht. Dass Ballett Körper und Geist über jedes Maß beansprucht, ist keine Neuigkeit. Maria Yakovleva, Jakob Feyferlik in "Trois Gnossiennes" von Hans van Manen. Musik von Erik Satie.Dennoch macht der Tanz alle jene, die für ihn brennen, glücklich.

Also feiern wir diesen eindrucksvollen Tanzabend, applaudieren wir der Energie und Perfektion des Wiener Staatsballetts und halten wir dem Ballett trotz aller Irrungen und Wirrungen die Treue.

Die drei Nachfolger des Begründers des New York City Balletts, mit dem der aus Georgien stammende Amerikaner George Balanchine seine bahnbrechenden auf Basis der russischen Klassik entwickelten neuen Ballette aufführte, sind ungefähr gleich alt, Forsythe, *1949, und Kylián, *1947, haben im Stuttgarter Ballett unter John Cranko getanzt. Auch John Neumeier, *1939, hat in der Stuttgarter Compagnie getanzt, gelernt und choreografiert. Er würde das Quartett der Neoklassiker vervollständigen. Van Manen, *1932, hat dort gewirkt, wo er geboren ist, in den Niederlanden. Dort wirkt er noch immer als Choreograf für das Niederländische Nationalballett. Als Tänzer war er an der Gründung des Nederlands Dans Theater (NDT) beteiligt, dessen künstlerischer Leiter er von 1961 bis 1970 war. Vom NDT aus begannen seine Choreografien ihre Reise um die Welt. 
Auch im Wiener Repertoire finden sich Stücke von Hans van Manen. Zuletzt, im Oktober 2016, gezeigt: "Adagio Hammerklavier" gemeinsam mit Jiří Kylians "Bella Figura".  Ausschnitt aus "Adagio Hammerklavier" von Hans van Manenen.
Ab 1975 hat Kylian die Compagnie mehr als 20 Jahre lang geführt und mit mehr als 50 Choreografien beschenkt. Obwohl die an einem Abend erstmals vom Wiener Staatsballett getanzten Choreografien zwischen 1984 („Artifact“) und 1997 („Solo“) entstanden sind, hat keines auch nur einen Hauch von Patina angesetzt. Sie sind heute genauso gültig, genauso aufregend wie bei der Uraufführung. Und beglückend ob der Pärzision der Tänzer*innen und der Ästhetik der Choreografie.
Das Wiener Staatsballett darf wieder einmal zeigen, auf welch hohem Niveau getanzt wird. Auch Manuel Legris war als Trainer und Ballettmeister streng und unerbittlich. Das Gros der Tänzerinnen und Tänzer ist ihm dankbar.

PS: Die Premiere von "Forsythe | van Manen | Kylián" am 14. April ist tatsächlich die letzte der Ära Legris an der Staatsoper. In der kommenden Saison gibt es lediglich zwei Premieren ("la Piaf" von Mauro Bigonzetti und einen Abend mit Choreografien von den Tänzern Eno Peçi, Boris Nebyla und Martin Winter, "Appassionata" genannt zur Musik von Bach und Vivaldi.

Forsythe | van Manen | Kylián. Vier neoklassische Ballette an einem Abend.
Mitwirkende: Nikisha Fogo, Jakob Feyferlik; Nina Poláková, Roman Lazik; Oxana Kiyanenko (Forsythe „Artifact Suite“, Musik von J. S. Bach und Eva Crossman-Hecht). Maria Yakovleva, Jakob Feyferlik („Trois Gnosiennes“, Musik von Erik Satie); Denys Cherevychko, Richard Szabó, Géraud Wielick („Solo“, Musik von J. S. Bach). Ketevan Papava, Roman Lazik; Nikisha Fogo, Denys Cherevychko, Kiyoka Hashimoto; Nina Poláková, James Stephens; Nina Tonoli, Navrin Turnbull; Rikako Shibamoto, Leonardo Basilio; Anita Manolova, Marian Furnica; Gala Jovanovic, Tristan Ridel („Psalmensymphonie“, Musik von Igor Strawinsky).
Premiere 14. April 2019, Wiener Staatsballett in der Staatsoper.
Weitere Vorstellungen in wechselnder Besetzung: 17., 20. 27. 30. April 2019. 26., 28., 30. September 2019.
Fotos von Asley Taylor. © Wiener Staatsballett / Ashley Taylor