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Neujahrskonzert 2019: TV-Balletteinlagen

Die Tänzer*innen als Zuschauer*innen

Das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker bietet alljährlich in der Fernsehübertragung ein Extravergnügen: die Balletteinlage. Für das Neujahrskonzert 2019 hat der Tänzer und Choreograf Andrey Kaydanovskiy die Choreografie zum Walzer „Künstlerleben“ von Johann Strauß und zum Csárdás aus dessen Oper „Ritter Pásmán“ geschaffen. Ein besonderes Erlebnis, das lange in Erinnerung bleiben wird.

Chreograf Andrey Kaydanovskiy, 2013. Gefilmt von Balász DelbóKaydanovskiy, als Choreograf bereits international erfolgreich und mit Preisen ausgezeichnet, schafft den Spagat zwischen Bewahrung der Tradition des seit 1959 vom ORF übertragenen Konzerts und dem Verzicht auf abgenutzte Klischees. So bietet er im Walzer keine im öden 1-2-3-Schritt rechts und links drehende Paare, die anschließend über die Stufen eines Palais springen, sondern hat eine Fülle von Ideen entwickelt, um zugleich mit den 12 Tänzer*innen (Olga Esina & Jakob Feyferlik, Kiyoka Hashimoto & Masayu Kimoto, Alice Firenze & Davide Dato, Nikisha Fogo & Andrey Teterin, Eszter Ledán & Géraud Wielick sowie Sveva Gargiulo & Richard Szabó) auch die Wiener Staatsoper, die im Mai 1869 eröffnet worden ist, zu präsentieDer neue Walzer im Neujahrskonzert: Olga Esina, Jakob Feyferlikren. Durch das Haus tanzend, erzählen die Paare kleine Geschichten und die Kamera tanzt mit, findet ungewöhnliche Aus- und Einblicke durch Fenster und Türen. Kaydanovskiy, dessen Zuhause die Wiener Staatsoper seit gut zehn Jahren ist, kennt jeden Winkel und nutzt die Bühne ebenso wie zum Abschluss des Walzers den Zuschauerraum. Nicht nur in der Oper, auch in Grafenegg, wo der rasant getanzte Csárdás gedreht worden ist,   lässt Kaydanovskiy die ihm eigene  feine Ironie durchschimmern. Das unterscheidet ihn für mich wesentlich vom Dirigenten des Neujahrskonzerts 2019, Christian Thielemann.

Italien in Niederösterreich auf Ungarisch: Davide Dato, Alice Firenze: ©  ORF / Thomas JantzenDass dieser Walzer ganz neu und heutig ausgesehen hat und dennoch eine Interpretation im Dreivierteltakt war, ist auch den wunderbar duftigen Kostümen in Pastellfarben von Arthur Arbesser zu verdanken. Schön war zu sehen, dass die beiden fast gleichaltrigen jungen Künstler bestens miteinander harmoniert haben, quasi im gleichen Takt getanzt haben. Zweimal Design, Bewegung und Bekleidung, aus einem Guss.
Für den Csárdás, im niederösterreichischen Schloss Grafenegg gedreht, hat Arbesser für die sechs Damen (Alice Firenze, Nikisha Fogo, Eszter Ledán, Sveva Gargiulo) Fensterln im Walzertakt: Géraud Wielick, Masayu Kimoto; Eszter Ledán, Kiyoka Hashimoto.kurze glatte Röcke in knalligen Farben, komplementär gefüttert. Die Herren (Davide Dato, Andrey Teterin, Géraud Wielick, Richard Sazabó) tanzten in azurblauen Anzügen. Kaydanovskiy zeigt auch dann, wenn er die Musik für seine Choreografie nicht selbst ausgewählt hat, dass er Ohren hat. Die Musikkritik lobt das Neujahrskonzert 2019 unter Christian Thielemann als „einzigartig“, doch ist auch so mancher Einwand zu lesen. Ohne Einwand und Vorbehalt gilt das „einzigartig“ für die beiden Balletteinlagen in der Choreografie von Andrey Kaydanovskiy. „vortrefflich, frisch und überraschend“ möchte ich noch hinzufügen.

Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker 2019: Balletteinlagen in der Fernsehübertragung:
Choreographie: Andrey Kaydanovskiy. Tänzer*innen: Olga Esina & Jakob Feyferlik, Kiyoka Hashimoto & Masayu Kimoto, Alice Firenze & Davide Dato, Nikisha Fogo & Andrey Teterin, Eszter Ledán & Géraud Wielick, Sveva Gargiulo & Richard Szabó. Kostüme: Arthur Arbesser. Bildregie: Henning Kasten. Fotos: © ORF/Günther Pichlkostner. 1.1.2019, Übertragung aus dem Musikverein in Wien.