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„Freizeiten“: Resonanzen 2017 – Wiener Konzerthaus

Debüt im Konzerthaus: Barokksolistene aus Norwegen © Konzerthaus

Kaum zu glauben, aber das beliebte Festival der Alten Musik gibt es seit einem Viertel Jahrhundert! Wie jedes Jahr ist das Programm spannend und verspricht beste Stimmung, wenn neben Stars wie Europa Galante, The Amsterdam Baroque Orchestra & Choir, Evangelina Mascardi oder La fonte musica auch junge Wilde dabei sind, wie die Norweger Barokksolistene und die Kubaner Conjunto de Música Antigua Ars Longa.

In der Renaissance war viel denkbar, wie die Besinnung auf antike Traditionen der Vergangenheit ebenso wie utopische Lebensentwürfe für die Zukunft. Und so übergibt das Festival Resonanzen diesmal dem hitzigen Sozialrevolutionär, Querkopf und Dominikanermönch aus Kalabrien, Tommaso Campanella (1568-1639) die Patronanz. Er schrieb das damals spektakuläre Werk „La cittá del Sole“, in dem er die gesellschaftliche Gleichheit der Menschen in der Zukunft detailliert darlegte.

Alle haben alles, was sie benötigen, ohne es zu besitzen. Es regiert der „Sol“, ein Priester und quasi das Abbild der Sonne, die für Gott steht. Experten planen anhand von Wissen und Weisheit. Alle Bürger haben eine geregelte Arbeit und Freizeit; auch die sexuellen Aktivitäten folgen einem Plan. Kleiner Schönheitsfehler: Frauen, die sich schminken, droht die Todesstrafe.Conjunto de Música antiqua Ars Longa:  Karneval auf kubanisch. © Konzerthaus / Resonanzen

Aber den Resonanzen geht es in der Jubiläumsausgabe um das Spannungsfeld Arbeit – Freizeit, und danach erfolgte die musikalische Auswahl. Das treue Publikum wird also zur Eröffnung gleich einmal ordentlich wach gerüttelt, um alle Müdigkeit infolge vorangegangener Arbeit zu vertreiben und der freien Zeit mit Genuss zu frönen: The Amsterdam Baroque Orchestra & Choir rufen „Ihr Schläfrigen, herbei!“ und spielen Johann Sebastian Bachs Kantaten „Vereinigte Zwietracht der wechselnden Saiten“ und „Geschwinde, ihr wirbelnden Winde“ (21. 1., Großer Saal). Ton Koopman leitet The Amsterdam Baroque Orchestra & Choir. © Marco Borggreve

Tags darauf bittet das Ensemble Zefiro zur Jagd, was auch heute noch ein dubioses Freizeitvergnügen zu sein scheint. „Bei „Alla caccia!“ bekommen wir als Beute Klänge von Georg Friedrich Händel, Georg Philipp Telemann, Domenico Scarlatti u.a. serviert (22.1., Mozart Saal). Auch der „Karneval“ hat eine lange Tradition des Vergnügens, war er doch immer ein wesentliches Ventil zum Ausgleich gesellschaftlicher Verhältnisse. Unter diesem Motto steht das Konzert von Conjunto de Música Antigua Ars Longa aus Kuba, die Musik aus dem Amerika der Neuzeit präsentieren (23.1. Großer Saal).

Wenn Italiener etwas beherrschen, ist es, lässig aufzutreten. Das haben sie auch von der Pike an gelernt, konkret bei Baldassare Castiglione. In seinem „Libro del Cortegiano“ von 1528, einem der wichtigsten Werke der Renaissance, empfahl er dem Höfling von Welt, sich eine gewisse „Sprezzatura“ zur Grundlage allen Handelns zu machen. Gewiss wird Evangelina Mascardis Ensemble dies befolgen und die Werke von France25. Festival Resnanzen © Konzerthaus / Logosco da Milano, Cipriano de Rore u.a. genauso darbieten (25.1., Mozart Saal).

Das traditionelle „Essenskonzert“ geben heuer die Resonanzen-Neulinge Barokksolistene aus Norwegen. Sie laden zur „Purcell‘s Tavern“ (27.1., Mozart Saal). Noch einmal wird dann der Jagd gefrönt. Unter „Il Teatro della Caccia“ bietet La fonte musica unter Michele Pasotti Jagdmusik zum Besten (28.1., Mozart Saal). Zum Finale darf man sich auf ein Juwel barocken Musiktheaters freuen: die kürzeste Oper Händels, „Lucio Cornelio Silla“, konzertant musiziert von Europea Galante (29.1., Großer Saal). 

Wie immer begleitet ein Rahmenprogramm das Festival, etwa die Ausstellung „Historischer Instrumentenbau“ (21.,22.1.). Kultstatus hat auch schon der Barocktanzkurs mit Margit Legler (28.1.).

„Freizeiten“, Festival Resonanzen, 21. Bis 28. Jänner 2017, Konzerthaus.