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Alessandra Ferri: Ausgezeichnetes Lebenswerk
Zum Abschluss des eben zu Ende gegangen internationalen Prix de Lausanne, eines jährlichen Wettbewerbs für Tanzschülerinnen zwischen 15 und 18 Jahren, ist die Ballerina Alessandra Ferri für ihr Lebenswerk ausgezeichnet worden. Ferri ist im Oktober 2023 als designierte Direktorin in der Nachfolge von Martin Schläpfer vorgestellt worden.
Der Prix de Lausanne gilt als bester Wettbewerb der Welt. Tänzerinnen aus aller Welt zeigen im historischen Palais de Beaulieu in Lausanne am Genfer See ihr Können im klassischen und im zeitgenössischen Tanz. Die Finalistinnen erhalten Stipendien an renommierten Ballettschulen, Praktika und auch Geldsummen.
Gegründet wurde der Wettbewerb vom Schweizer Industriellen Philippe Braunschweig und seiner Frau Elvire, einer russischen Tänzerin, 1973. Das Ehepaar wollte jungen Tänzerinnen, vor allem aus kleinen Ballettschulen, die Basis bieten, ein professionelles Niveau zu erreichen. Die Finalistin (es gibt jedes Jahr nur einen ersten Preis an eine junge Tänzerin oder einen Tänzer) 1980 war die 17-jährige Italienerin Alessandra Ferri.
Belohnt wurde sie, die schon an der Schule der Scala in Mailand und an der Royal Ballet School in London studiert hatte, mit einem Engagement im Corps de ballet des Royal Ballet in Covent Garden. 1985 wechselte sie auf Einladung Mikhail Baryshnikovs als Principal Dancer zum American Ballet Theatre (ABT) nach New York City. 1992 wurde sie, als erste italienische Tänzerin, als „Première danseuse étoile“ an die Pariser Oper eingeladen und arbeitete dort mit Roland Petit zusammen. Nach 22 Jahren in Amerika und Auftritten in vielen anderen Compagnien vom Ballet National de Marseille von Roland Petit bis zum National Ballet of Canda, beendete sie 2007 mit 44 Jahren ihre amerikanische Karriere. Auch in Wien war Ferri zu Gast. Ballettdirektorin Elena Tschernischova hat die Primaballerina assoluta zur Ballettgala 1991 eingeladen. In den beiden Vorstellungen vom 13. und 15. Dezember tanzte sie Other Dances von Jerome Robbins, ihr Partner war Robert La Fosse vom New York City Ballet. Ein letztes Mal hat sie im Jahr 2007 in Taormina getanzt. „Ich will mit einem Lächeln aufhören“, sagte sie damals in einem Interview mit der italienischen Zeitung Repubblica.
Zur Pensionistin wurde Alessandra Ferri jedoch nicht. Sie konnte die Füße nicht stillhalten und kehrte nach einer siebenjährigen Pause wieder auf die Bühne zurück. Mit dem Royal Ballet hat sie in Wayne McGregors Choreografie Woolf Works die Autorin Virginia Woolf getanzt. Zuletzt ist Alessandra Ferri in Hamburg aufgetreten. Während der Balletttage im Juni 2023 ist sie für ihren Auftritt als Romola Nijinsky im Ballett Nijinsky von John Neumeier gefeiert worden. Einige Wochen später erhielt sie die Nachricht, dass sie ab 1. September 2025 das Wiener Staatsballett als Direktorin leiten würde. Mit ihrer Persönlichkeit, dem künstlerischen Konzept und ihren Plänen für die künftige Entwicklung des Wiener Staatsballetts hat sie alle an der Entscheidung Beteiligten überzeugt und sich im Bewerbungsverfahren gegen 39 Mitbewerberinnen durchgesetzt. Nicht nur in Lausanne gab es enthusiastischen Applaus, nach der Preisübergabe, auch in Wien, bei der Vorstellung der designierten Direktorin, zeigten die Anwesenden (zuerst haben die Compagnie-Mitglieder die Neuigkeit erfahren, danach die Berichterstatterinnen) ihre Freude für die Bestellung einer der prägenden Persönlichkeiten der internationalen Ballettwelt zur Direktorin und künstlerischen Leiterin des Wiener Staatsballetts und der Ballettakademie. Ihr Leben gehört dem Tanz, als Direktorin wird sie ihr Herz und ihre Arbeit den Tänzerinnen widmen. Ferri lebt (noch) in London, ihre beiden erwachsenen Töchter studieren in Italien. Mit ihrem Alter hat die charmante Italienerin keine Probleme. In einem Interview mit Sarah Crompton für den Guardian meinte sie 2023: „Mit 60 ist man die, die man ist und man nimmt sich wirklich an.“
Alessandra Ferri, renommierte Tänzerin und designierte Direktorin des Wiener Staatsballetts, ist in Lausanne für ihr Lebenswerk gewürdigt worden. Prix de Lausanne, Februar 2024