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ImPulsTanz: Alleyne Dance „A Night’s Game“, Odeon

Kristina und Sadé Alleyne. © Lidia Cristafulli

Das ist schon was! Zwillinge auf der Bühne. Wird ja auch in jeder Ankündung, in jedem Porträt an erster Stelle verkündet. Also muss man staunen, auch begeistert sein. Kristina und Sadé Alleyne, Zwillingsschwestern, geboren in London, haben miteinander die Alleyne Dance Company gegründet. Im Rahmen von ImPulsTanz zeigten sie im Odeon das Duo „A Night’s Game“, eine düstere, energiegeladene Tanzvorstellung.

Ein einzelner Sessel steht in einem kleiSadé Alleyne, eingesperrt und isoliert. © Lidia Crisafullinen Lichtkreis auf der leeren dunklen Bühne, die Frau (Sadé Alleyne) versucht, sich ausdiesem engen Ort zu befreien. Sie stampft mit den Füßen, klatscht einen Rhythmus auf ihren Körper, dreht den Sessel in alle Richtung, kann nicht fort, draußen, wenn es ein Draußen gibt, herrscht Dunkelheit. Sie ist wütend und traurig, will aufgeben und rappelt sich wieder auf, kämpft weiter, eine Kriegerin, die sich vor dem eigenen Schatten, der scharf und abgezirkelt auf dem Boden erscheint und später riesig und verzerrt an der schwarzen Wand im Hintergrund. Die Atmosphäre wird noch unheimlicher, wenn eine zweite Frau (Kristina Alleyne) wie ein Gnom von hinten auf sie zukriecht. Freundin? Feindin? Doppelgängerin? Alter Ego? Bald zeigt sich, dass sie einander feindlich gesinnt sind, der Sessel wird zum Wurfgeschoss, sie umschleichen einander, springen einander von hinten an, als wären sie wilde Tiere, klammern sich aneinander, ob es eine Umarmung oder ein Ringkampf ist, bleibt offen.Zu zweit, doch nicht einig: Alleyne Dance. © Lidia Crisafulli

Verstärkt wird die unheimliche und beängstigende Atmosphäre durch das differenzierte Lichtdesign, das immer neue Räume schafft und andere in tiefer Dunkelheit lässt, und die Musik, eine Mischung aus Orchesterklängen und dem hämmernden Ton einer angeschlagenen Klaviertaste, durch Naturklänge, Stimmen, Keuchen, dazwischen nahezu feierliche Klänge, Filmmusik. Ein hochemotionales Duett mit Bildern, die aus einem Katastrophenfilm geschnitten sein könnten. Kristina und Sadé Alleyne gelingt es, in diesem Nachtstück ein ganzes Universum an Gefühlen zu wecken, Beklemmung und Mitleid, Schaudern und auch Neugier.

Natürlich spielen die beiden Tänzerinnen auch mit der doppelten Identität, wenn sie einander gegenüber stehen, sich misstrauisch beäugen, die erhobenen Hände verschränken, ist das weniger tröstlich als unheimlich. Tanz mit Akrobatik. © Lidia CrisafulliSo energetisch ihre Bewegungen sind, so vielfältig ihr Bewegungsrepertoire – vom Hip-Hop, Afro-Karibisch bis Flamenco, Ballett, barfuß Stepptanz und Zirkusakrobatik –, so athletisch und technisch frappierend und körperbetont ihr Tanz ist – die Schwestern haben beide als Leichtathletinnen an Wettkämpfen teilgenommen, bevor sie sich auf unterschiedlichen Wegen dem Tanz zugewandt haben –, so erschöpft sich das Springen und Stampfen, das Rangeln und Turnen, das Fallen und das Fliegen (wenn eine die andere über ihren Kopf schwingt) doch bald. Nur das Licht und die Klangkulisse halten die Spannung aufrecht. Zirkusakrobatik beherrscht die Szenen bis zum Ende. Die kräfteraubenden Kunststücke und Gesten wiederholen sich, Duette wechseln mit Solos, bis die eine, Sadé, als gebrochene Frau hinauswankt, während die andere, Kristina, erschöpft unter den waagrechten Lichtbahnen liegen bleibt. Sie hat durch ihr Eindringen Hoffnungen geweckt, die sie nicht erfüllen konnte.Die Schwestern Alleyne: synchron mit biegsamen Körpern © Lidia Crisafulli

Die Eltern der Schwestern stammen von der Karibik-Insel Barbados, studiert haben sie in London und Leeds, bevor sie ihre Tanzausbildung getrennt vollendeten. Ihre Bühnenerfahrung haben sie mit verschiedenen Compagnien gemacht, unter anderem bei Akram Kahn oder Wim Vandekeybus. Seit 2014 leiten sie als Company Alleyne Dance Workshops in Afro-Fusion bei ImPulsTanz.

Alleyne Dance: „A Night’s Game“. Choreografie: Alleyne Dance. Peformerinnen: Kristina & Sadé Alleyne. Musikdesign: Sadé Aleyne, Alan Dicker, Tom Neill; Musik: Alan Dicker, Samuel Kerridge, Pal English, Ólafur Arnalds, Kevin MacLeod, Armand Amar & Haroun Teboul Song. Lichtdesign: Salvatore Scollo. 2. August 2019, ImPulsTanz im Odeon.
Folgevorstellungen: 3.und 4. August 2019.
Am 5., 6. und 7.8.2019 wirkt Sadé Alleyne auch als Performerin in „Go Figure out Yourself“ (Wim Vandekeybus / Ultima Vez) im Rahmen von ImPulsTanz mit.