Gerhard J. Rekel: „Der Gott des Geldes“ Thriller
Wenn der Bankomat nicht funktioniert, ist das Pech. Wenn aber das gesamte Bankensystem zusammenbricht, dann ist es eine Katastrophe. Eine solche Katastrophe ist das Zentrum des Romans „Der Gott des Geldes“. Nicht gerade der glücklichste Titel, denn das Geld ist der Gott der kapitalistsichen Welt. Wenn Viren und Trojaner in sein Netzwerk eindringen, verliert er seine Allmacht. Die Welt steht still. Die gespeicherten Daten sind nur noch Mist, die Kreditnehmer sind nicht mehr zu finden. Fast schon Weltuntergang.
Gerhard Rekel, 1965 in Graz geboren, ist Autor von Theaterstücken, Drehbüchern für Fernseh-Krimis und die Sendereihen „Universum“ und „Terra X“. Nun hat er den Fluß der Geldströme, den Handel von Aktien und das scheinbar sichere Währungssystem durchleuchtet, und aus Wissen und Fantasie einen dickleibigen Krimi gebastelt.
Der Auftritt des ersten Virus macht den Menschen noch Freude, statt dem verlangten Hunderter spuckt der Bankomat gleich zwei aus. Das funktioniert allerdings nur wenig Stunden, dann wird gar nichts mehr ausgespuckt. Die Katastrophe bahnt sich an, denn wenn die elektronischen Geldautomaten nicht funktionieren, die bunten Karten nicht mehr angenommen werden und keine Scheine und Münzen im Geldbörsel sind, ist die Wirtschaft lahmgelegt.
Niemand weiß, wer hinter dem Desaster steckt. Vielleicht die Russen, vielleicht Terroristen, vielleicht verantwortungslose Hacker. Die Spur führt zu einem solchen Superhirn, das auch die gefinkelsten Codes knacken kann: Harry Rokovic, Ehemann von Saskia und Vater des zehnjährigen Emil. Doch er ist verschwunden, die Polizei hält sich an Saskia, andere Verfolger auch. Immer wird sie von ihrem Sohn getrennt, der an Asthma leidet und seine Medikamente benötigt. Doch kein Geld, keine Medikamente, nicht nur Apotheken werden deshalb überfallen. Den Datenstick, der nicht in die Hände der Polizei geraten darf, hat sie gut versteckt. Doch auch andere Gruppierungen jagen hinter dem Stick her und Saskia weiß bald nicht mehr, wem sie vertrauen kann.
Saskia erzählt selbst, wie sie versucht, ihren Mann zu finden und zu retten. Sie weiß, dass er möglicherweise ein ahnungsloser Handlanger ist, den Zahlen gehört seine Leidenschaft, er lebt digital. Unterbrochen wird Saskias Bericht durch die Arbeit sämtlicher Dienststellen, die sich mit Cyber-Verbrechen befassen. Die Lage wird immer undurchsichtiger, und immer, wenn die Leserin meint, jetzt löst sich der Knoten, dann kommt neue Verwirrung ins Geschehen.
Im TV-"Tatort", wenn 90 Minuten gefüllt werden müssen, läutet das Telefon, wenn man meint, die Lösung sei doch schon so nahe, und die Tätersuche fängt von neuem an. Rekel hat dazu Emil ins Spiel gebracht, er braucht das Medikament, damit er atmen kann. Die Mutter geht auf die Jagd danach. Die Leserin bekommt eine Atempause vom Geschwätz und den Kleidersorgen der Leiterin der deutschen Abteilung für Cyberkriminalität. Die, mangels der wirklichen Täter, Saskia Rokovic einsperrt.
Der Autor legt keinen Wert auf seinen Stil und Formulierungen, man liest, um das Ende zu erfahren, nicht, weil man Vergnügen an gedrechselten Sätzen oder feinen Bildern hat. Dabei geht es mir wie mit Schlagobers oder nach zu reichlichem Alkoholgenuss: Weniger wäre mehr gewesen. Doch bis alle Unklarheiten beseitigt, alle Tarnhelme gelüftet und alle Viren ausgemerzt sind, müssen nahezu 400 Seiten gefüllt werden, dabei dehnt sich die Spannung, bis sie Langeweile wird. Am Ende ist Luzifer, dessen Name durch das Darknet geistert, identifiziert. Die Welt scheint wieder in Ordnung und hat nichts daraus gelernt.
Das aber steht nicht im Buch. Aber die eine oder andere Leserin könnte begreifen, wie abhängig wir bereits von der künstlichen Intelligenz sind.
Gerhard J. Rekel: „Der Gott des Geldes“, Verlag Wortreich, 2018. 370 S. € 14,90; E-Book: € 9,99
Am 9. November liest Gerhard Rekel im Rahmen der Buch Wien aus seinem Roman. Messe Wien, Halle D, U2 Station Krieau.