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Marica Bodrožić: „Pantherzeit“, poetische Prosa

Die wunderbare Marica Bodrožić. © Peter von Felbert

Lernen aus den Zeiten der Pandemie, aus dem Eingesperrtsein und der Bewegungslosigkeit. Marica Bodrožić erzählt davon in ihrem jüngsten Buch: „Pantherzeit“. Richtig: Rainer Maria Rilke: „Der Panther. Im Jardin des Plantes. Paris“, ein Gedicht, für die Autorin ein Symbol für den Stillstand in Zeiten der Pandemie. Auch Bodrožić sieht durch die Stäbe ­– auf die Welt draußen und zugleich auch in ihre Welt drinnen. Sie teilt mit den Leser*innen ihre Überlegungen und Assoziationen, ihre Erinnerungen und Hoffnungen und ihre Liebe.

Im ersten Lockdown, im Frühjahr 2020, hat Marica Bodrožić zwei Monate lang auf ihrem Balkon in Berlin Rilkes Gedicht „Der Panther" gelesen. „Wie in einem Brennglas“, sagt sie, habe sich in der Zeit des ersten Lockdowns durch die Stäbe sehr vieles von der Außenwelt und vor allem auch „in meiner Innenwelt“ gezeigt.Ein schwarzer Panther hinter Gittern. © wikimedia, CCLicense Marica Bodrožić spricht über die Sehnsucht nach Freiheit, über die Natur und auch über ihre Gefühle der Dankbarkeit, weil sie die Kostbarkeit des Lebens entdeckt. Sie schreibt nicht von oben herab als unsichtbare Erzählerin, sondern als Frau und Mutter, als Marica Bodrožić, die in Dalmatien, im Hinterland von Split, geboren ist und zehn Jahre bei ihrem Großvater gelebt hat, bis die Eltern sie nach Deutschland geholt haben. Authentisch erzählt sie in der Ich-Form über ihr Leben in Berlin mit ihrem Mann und der kleinen Tochter und öffnet sich vorbehaltlos ihren Leser*innen.
Schon als Kind hat sie deutsche Wörter aus dem Radio gehört und sich in die Sprache verliebt. Bodrožić hat ihre Heimat unter der südlichen Sonne Dalmatiens, doch sie lebt in der deutschen Sprache, verwendet die Wörter als Zauberstab, mit dem sie faszinierende Bilder malt und in den Leser*innen ungeahnte Gefühle und Assoziationen weckt. In allen ihren Werken geht es auch um die Sprache, um das Nachdenken über die Sprache. Der Hafen von Split, im Hinterland ist die Autorin geboren. © Roman Klementschitz /wikimediaAllein die Titel der Bücher vermitteln, welche poetische Kraft in der Autorin steckt: „Mein weißer Frieden“, „Kirschholz und alte Gefühle“, „Das Gedächtnis der Libellen“, oder die Gedichtbände „Quittenstunde“ und „Lichtorgeln“…. Dass sich die Liste der Ehrungen und Preis von Jahr zu Jahr verlängert, sei ein weiterer Beweis für Marica Bodrožićs Rang in der deutschsprachigen Literatur.
Trotz der Pantherzeit fühlt sich Bodrožić nicht als Opfer, sie lehrt uns, auch im Käfig das Schöne zu sehen, das Kostbare in der Welt und in uns selbst zu entdecken, das Leben als Geschenk anzunehmen und für sich selbst und die Gemeinschaft der Menschen Verantwortung zu übernehmen. Buchcover. "Pantherzeit". © Otto Müller VerlagKeine Sorge, Marica Bodrožić predigt nicht, sie teilt nur ihre Gedanken und Erkenntnisse mit und ihr Wissen, oder wenigstens ihre Hoffnung, dass wir das Schicksal des Panthers im botanischen Garten von Paris nicht teilen müssen. Der Käfig, errichtet, um Covid-19 auszusperren, wird sich öffnen, der Frühling naht, wir machen einen Osterspaziergang. Die Erde hat uns wieder.
Marica Bodrožić schenkt den Leser*innen mit ihren Gedanken, deren Freiheit ohnehin niemals eingeschränkt werden kann, 260 Seiten voll Klugheit und Poesie, einen zeitgemäßen Schatz an Trost, Hoffnung und Freude, Freude an der Natur und am Leben.

Marica Bodrožić: „Pantherzeit. Vom Innenmaß der Dinge“, Otto Müller, 2021. 262 S. € 23,00. E-Book € 18,00.