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Theatermuseum / Toxic Dreams: Videoinstallation

Isabella Händler und die Filmcrew im Taxi.

After the End and Bevore the Beginning” ist eine von toxic dreams in Zusammenarbeit mit dem Theatermuseum und der Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste erstellte Videoinstallation, in der in fiktionaler Fortschreibung dessen, was in einem Film, einem Roman oder einem Theaterstück nicht zu sehen ist, gezeigt wird. Die Protagonistinnen einer Handlung steigen in ein Auto und schwätzen mit dem Chauffeur. Erzählen, wie sie vor den uns bekannten Ereignissen gelebt haben, oder was danach geschehen ist. Bis 31. Mai 2021 sind die neun Kurzfilme im Theatermuseum zu sehen.

Stefanie Cumming als Winnie in "Glückliche Tage" von Samuel Beckett.Es sind allgemein bekannte Figuren, die hier zu Chauffeur Yosi Wanunu ins Auto steigen, über ihr Leben davor oder danach plaudern: Stephanie Cumming ist die blonde Winnie aus „Glückliche Tage“ von Samuel Beckett, die eigentlich in einem Erdhügel steckt, in den sie immer weiter versinkt. Ähnlichen Illusionen gibt sich auch Blanche Dubois in Tennessee Williams Drama „Endstation Sehnsucht“ hin. Isabella Händler ist die exaltierte, aber verarmte Erbin einer Südstaatenfamilie, ob sie sich im Auto endlich der Realität stellt, muss man sich ansehen. Noch eine verträumte junge Frau steigt ins Taxi, um vom Flughafen nach Hause gefahren zu werden. Endlich ist ihr Wunschtraum in Erfüllung gegangen: Olga („Drei Schwestern“ von Anton Tschechow) war in Moskau. Anat Stainberg berichtet, ob es sich auszahlt, das Traumziel zu erreichen. Anna Mandelssohn ist "Nora" (Henrik Ibsen), die als Politikerin Karriere macht.

Aber es gibt auch andere Frauen, von denen das Publikum mehr erfährt, als ihre Schöpfer uns mitteilen wollten: Nora etwa, aus Henrik Ibsens Schauspiel „Nora, ein Puppenheim“, eine entschlossene Frau, die als Politikerin Karriere macht. Anna Mendelssohn schlüpft in ihre Haut. Mit Blut an den Händen steigt Nina Fog ins Auto, sie ist Lady Macbeth, wie William Shakespeare sie darstellt. Mord und Totschlag sind weiterhin ihr Geschäft, und sie lebt gut davon.
Die Bösen sind immer die Interessanteren, deshalb ist auch die Rächerin Claire Zachanassian („Besuch der alten Dame“ von Friedrich Dürrenmatt) immer wieder auf der Bühne zu sehen. Nun hat sie ihr Werk im Geburtsort Güllen beendet und fährt mit der Leiche ihres untreuen Liebhabers nach Capri, wo sie sich mit ihm in einer Talkshow präsentieren wird. Jutta Schwarz ist Claire Zachanassian (Dürrenmatt), die mit einer Leiche unterwegs ist. Jutta Schwarz sitzt in der Paraderolle der Multimilliardärin, die mit der Gier und Korrumpierbarkeit der Menschen spielt, im Auto. Ob Chauffeur Wanunu ihre Gedanken über das Morden gerne hört, ist zu bezweifeln.
Eliza Doolittle (Susanne Gschwendtner) ist das Sprechtraining zu Kopf gestiegen. Blutlos scheint das Leben der Eliza Doolittle, der einst ungebildeten Blumenverkäuferin aus Bernard Shaws Komödie „Pygmalion“. So richtig bekannt geworden sind Eliza und Professor Higgins erst durch das Musical „My Fair Lady“ (Musik von Frederick Loewe, Buch und Liedtexte von Alan J. Lerner). Nach dem Ende des Erziehungsprogramms ist Eliza (Susanne Gschwendtner) selbst eine bekannte Linguistin geworden, versnobt und überheblich lässt sie sich zu einem Vortragstermin fahren.
Auch zwei Männer benötigen einen Chauffeur: Der Experimentalfilmer Hamlet („Hamlet“, William Shakespeare) lässt sich zum Begräbnis seines Vaters führen, doch das Thema Film und die Suche nach einer ultimativen Story beschäftigt ihn mehr als der Verlust des Papas. Hamlet ist Experimentalfilmer geworden und hat alle königlichen Probleme vergessen. Markus Zett hält mit Halskrause den Monolog. Florian Tröbinger hat als Woyzeck („Woyzeck“, Georg Büchner) das Begräbnis bereits hinter sich, so wirklich betroffen scheint er von Maries Tod nicht zu sein. Ganz profan ist er auf der Suche nach einem Gasthaus, weil er Hunger hat.
Die Multi-Screen-Videoinstallation ist über mehrere Ausstellungsräume des Palais Lobkowitz verteilt. Die Besucher*innen entscheiden selbst, welchem Charakter und welcher Geschichte sie folgen möchten. Jede Film-Station hat ein von alten Lichtspieltheatern inspiriertes Präsentationsdesign, das einen atmosphärischen Kontext zum Raum und den Werken des Theatermuseums und der Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste herstellt.

„After the End and Bevor the Beginning”, Videoinstallation von toxic dreams in Zusammenarbeit mit dem Theatermuseum und der Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste Wien.
Text, Regie und Chauffeur: Yosi Wanunu. Spieler*innen: Stephanie Cumming, Susanne Gschwendtner, Isabella Händler, Anna Mendelssohn, Jutta Schwarz, Anat Stainberg, Florian Tröbinger, Markus Zett.
Kamera: Timotheus Tomicek; Editing: Tomicek/Strohmann/Wanunu; Musik: David Schweighart, Michael Strohmann, Martin Siewert, Frederick Loewe/Alan Jay Lerner; Präsentationsdesign: Paul Horn, Kathrin Kemp, Lukas Thaler; Make up: Marietta Dang, Victoria Greinecker; Übersetzung aus dem Englischen: Friederike Kulcsar; Produktion: Kornelia Kilga.
10. Februar bis 31. Mai 2021, Theatermuseum, Lobkowitzplatz 2, 1010 Wien. Täglich außer Dienstag 10 bis 18 Uhr.
Alle Fotos: ©: Timotheus Tomicek