Kunstforum: Retrospektive Daniel Spoerri
Sieben Dekaden künstlerischer Arbeit umfasst das Werk des Universalkünstlers Daniel Spoerri, stellt die Kuratorin Veronika Rudorfer fest. Sie ist verantwortlich für die Retrospektive „Daniel Spoerri“, die im Bank Austria Kunstforum im heurigen Frühjahr präsentiert wird. Zu sehen sind mehr als 100 Schlüsselwerke aus öffentlichen und privaten Sammlungen, reiches Archivmaterial ermöglicht zusätzliche Einblicke in Leben und Wirken des 91jährigen Künstlers.
Daniel Spoerri war immer neugierig, experimentierfreudig und bodenständig. Sein Werk zeigt eine nahezu unüberschaubare Vielfalt, sowohl was die Medien und die Technik betriff wie auch seine Ideen und Mitteilungen. Ob er den Zufall walten lässt, wie in den „Fallenbildern“ oder scheinbar nutzlosen Gegenständen, alten Küchengeräten und Werkzeugen vom Flohmarkt oder dem Misthaufen „eine neue Geschichte und einen neuen Sinn“ (Spoerri) gibt wie in den Objektbildern, Spoerris Werk ist immer offen für eine Begegnung, ist quasi barrierefrei zu verstehen, auch wenn so manches Rätsel nicht gelöst werden kann. So nebenbei sei gesagt, dass der Künstler auch einen verschmitzten Humor pflegt. „Ich bin ein wenig spoerrig“ sagt er in Anja Salomonowitzs Film, den die Regisseurin dem befreundeten Künstler geschenkt hat, dementsprechend heißt das kostbare Werk auch „Dieser Film ist ein Geschenk.“ Bevor sich Spoerri der bildenden Kunst zuwandte, übte er sich in der Tanzkunst. Er hat seine Ballettausbildung in Zürich und Paris absolviert und war danach Solotänzer am Stadttheater Bern, wo er auch Theaterstücke inszeniert hat. 1959 ist Spoerri nach Paris gezogen, wo seine erste Objektkunst entstand, vor allem die „Tableaux pièges“, die Fallenbilder. Schon 1961 waren seine Werke in der Ausstellung „The Art of Assemblage“ im New Yorker Museum moderner Kunst vertreten.
In den 1990er Jahren lebte Spoerri eine Zeitlang in der Toskana, wo er bei Seggiano, am Fuß des Monte Amiata, ein Stück Land erwarb, das il Giardino / der Garten benannt war. Auf dem großen Areal ist „Il Giardino di Daniel Spoerri“, ein Skulpturengarten mit eigenen Werken und Skulpturen und Installationen befreundeter Künstler*innen, entstanden. 1997 hat Spoerri il Giardino in eine Stiftung – „Fondazione Hic Terminus Haeret – Il Giardino di Daniel Spoerri“ – umgewandelt. In diesem 16 Hektar großen „Garten“, der auf älteren Landkarten auch „il Paradiso“ genannt wird, vereinen sich Kunst und Natur, manche Werke verstecken sich im Laubwerk, andere sind weithin sichtbar, auf dem Hügel thront mit Blick auf die Häuser von Seggiano Daniel Spoerris 1991 entstandene Skulptur „Einhörner – Nabel der Welt“. Wenn hinter den Hügeln die Sonne sinkt, wähnt man sich tatsächlich im Paradies. Der Schweizer Künstler Not Vital erinnert mit der Skulptur „Daniel Nijinski Superstar“ an Spoerris Karriere als Tänzer. Die Figur aus Kunstharz stellt den großen Tänzer Vaslav Nijinskiy im Sprung dar. Diesen Sprung, vermutlich der letzte überhaupt, hat Nijinskiy, lange nachdem seine Bühnenkarriere beendet war, unversehens während eines Interviews gemacht. Der Fotograf hat im richtigen Moment auf den Auslöser gedrückt. Im Giardino schaut der Superstar Nijinskiy von einer Hausmauer in den Garten des Superstars Spoerri. Der Gang durch die aktuelle Ausstellung wird mit einer multimedialen Präsentation des Giardino abgeschlossen.
Auf der Suche nach einem Ort für seine Kunstwerke entdeckte Spoerri ein ehemaliges Klostergebäude in Hadersdorf am Kamp und hat dort 2009 das Ausstellungshaus Spoerri eröffnet, das neben dem „Kunst-Staulager“ auch ein Esslokal und Ausstellungsräume, in denen Werke Spoerris und Wechselausstellungen zu sehen sind, beherbergt.
Der Giardino bei Seggiano in der Toskana und das Ausstellungshaus in Hadersdorf am Kampf im Waldviertel sind in der Regel von Ostern bis Ende Oktober geöffnet.
Bank Austria Kunstforum: Retrospektive „Daniel Spoerri“, 24.März – 27. Juni 2021, täglich 10 bis 19 Uhr. Freyung 8, 1010 Wien.
Katalog „Daniel Spoerri“, herausgegeben von Ingried Brugger und Veronika Rudorfer, mit Beiträgen von Ingried Brugger, Hans Peter Hahn, Barbara Räderscheidt, Katherina Vatsella und einem Gespräch zwischen Veronika Rudorfer und Daniel Spoerri. Verlag der Buchhandlung Walther und Franz König, 2021. Deutsch und Englisch, 200 S. € 32.
Weitere Informationen: kunstforumwien.at
Fotorechte, wenn nicht anders angegeben: © Giardino di Daniel Spoerri,
Weblinks:
www.spoerri.at
http://www.danielspoerri.org/giardino/de/
www.anjasalomonowitz.com