„Coppélia“ mit Nikisha Fogo und Richard Szabó
Großer Applaus für die Nikisha Fogo, die erst im Herbst 2018, nach der Premiere des Balletts „Sylvia“, in dem sie die Titelrolle kreiert hat, zur Ersten Solotänzerin ernannt worden ist, und am 19. Februar, in der 6. Vorstellung von „Coppélia“ in der Volksoper die Rolle der Swanilda getanzt hat. Ihr Partner war Richard Szabó.
Fogo verzichtet auf neckisches Getändel im ersten Akt, funkelt Augen bedrohlich und wütend in alle Richtungen. Ihr Verlobter, Franz, ist damit ebenso gemeint wie die Puppe Coppélia, die Franz anhimmelt, weil er sie für eine Frau hält, von deren Schönheit er bezaubert ist. Swanilda will das nicht dulden. Sie schleicht sich samt ihren Freundinnen in die geheime Werkstatt des alten Coppélius, dem Schöpfer der Puppe Coppélia und anderer mechanischer Figuren, um dieser ewig lesend im Fenster sitzenden Schönheit die Meinung zu sagen. Als Coppélius frühzeitig nach Hause kommt, übernimmt sie die Rolle der Coppélia und kann Coppélius täuschen. Er glaubt tatsächlich, sein Geschöpf sei lebendig geworden. Nikisha Fogo läuft in diesem Akt zu Hochform auf, als Puppe mit mechanisierten Bewegungen, als Spanierin rasant und charmant und lieblich im schottischen Tanz. Und erst im Grand Pas des Schlussaktes! Wenn sie springt, erhebt sich eine Sylphide in luftige Höhen, um wieder sanft zu landen und einige blitzschnelle Drehungen anzuschließen. Fogo zeigt Dynamik, Energie und Charme mit überzeugender Bühnenpräsenz.
Richard Szabó lässt sich davon nicht mitreißen, tanzt den Franz recht ordentlich, doch will er der Rolle kein Profil geben. Wie Fogo als Swanilda, hat auch Szabó als Franz debütiert. Erobert hat er die Rolle noch nicht.
Trevor Hayden und Géraud Wielick lassen sich als munter springende „Verlobte“ sehen; als besonders glückliche Braut strahlt Qu Xi, doch sie ist nicht zum ersten Mal zu der vom Landesfürsten für brave Dorfmädchen ausgerichteten Hochzeit geladen.
Hat Choreograf Lacotte die ersten beiden Akte nach der ursprünglichen Choreografie von Arthur Saint-Léon rekonstruiert, so ist der letzte Akt reiner Tanz ohne Pantomime und schauspielerischen Anspruch – allein von ihm inszeniert. Allegorien von Tag und Nacht samt den zwei Mal zwölf Stunde bilden einen wundersamen Kontrast zu den volkstanzartigen Einlagen der Dorfbewohner*innen. Von Nina Tonoli als Aurora ließe ich mich gerne wecken und nach des Tages Arbeit von James Stephens als Abenddämmerung und Madison Young, der Nacht, zu Bett bringen.
Das Publikum jedoch ist nach den Darbietungen der Solist*innen und des restlichen Ensembles erwacht, will nicht aufhören zu applaudieren und auch Dirigent Simon Hewett, der vor allem für Fogos Variationen das Orchester antreibt und den Tänze*rinnen (und dem Auditorium) keine Pausen für den verdienten Zwischenapplaus gönnt, wird mit Fogo und Szabó immer wieder vor den Vorhang gerufen. Pierre Lacottes „Coppélia“ garantiert trotz der leichten Staubschicht, die auf dem Ballett liegt, einen unterhaltsamen Abend mit schönen Tanzeinlagen und – eigentlich nicht nötig, es zu betonen – einem großartigen Ensemble.
Pierre Lacotte: „Coppélia, oder das Mädchen mit den Emailaugen“, Ballett in drei Akten. Choreografie: Pierre Lacotte (Akte I und II nach Arthur Saint-Léon); Musik: Léo Delibes; Libretto: Charles Nuitter und Arthur Saint-Léon; Ausstattung nach den Pariser Originalentwürfen (1870) adaptiert von Pierre Lacotte; Licht: Jacques Giovanangeli; Dirigent: Simon Hewett. Debüt für Nikisha Fogo, Richard Szabó, Gabor Oberegger; Trevor Hayden, Géraud Wielick.
6. Vorstellung, 19. Februar 2019, Wiener Staatsballett in der Volksoper.
Nächste Vorstellung mit dieser Besetzung: 5. März 2019.
Letzte Vorstellungen in dieser Saison, Alice Firenze und Jakob Feyferlik in den Hauptrollen: 10., 14. März 2019.
Fotos: Ashley Taylor / © Wiener Staatsballett / Ashley Taylor