Elisabeth Löffler: „Fix me if you can“, brut
Einfach köstlich, herzerwärmend und selbstironisch. Eine perfekte Performance mit richtigem Timing und witzigem Text. Elisabeth Löffler zeigt mit ihrem Solo „Fix me if you can“, dass sie ein Publikum in Bann ziehen kann. Es ist eine intime, aber keineswegs rührselige Geschichte, die Löffler im brut / Café 7Stern Wohnzimmer erzählt, singt, tanzt. Frans Poelstra hat sorgsam Regie geführt, Yosi Wanunu Textarbeit und Dramaturgie geleistet.
Die Vorstellung hat noch nicht begonnen, die eintrudelnden Zuschauer*innen machen es sich im Wohnzimmer bequem, die Künstlerin ist schon mitten unter ihnen. Beginnen wird die Vorstellung erst, wenn Elisabeth Löffler einen starken Mann findet, einen richtig starken. Allein kommt sie nicht auf die Bühne, Löffler ist behindert, sie ist auf den Rollstuhl angewiesen, auch nur eine Stufe ist ein unüberwindbares Hindernis. Der starke Mann ist nicht Goliath, sondern Daniel, stark und auch klug, wie in der Bibel zu lesen ist. Die Bibel wird noch oft zitiert werden, denn in den 1970er Jahren sind die Frommen noch in der Mehrzahl, besonders dort, wo sonst nichts ist, jenseits von jenseits, von Kanal und Fluss.
Dort ist die kleine Elisabeth hineingeboren, leider nicht der erstgeborene Sohn, sondern nur eine Tochter, eine behinderte dazu. Aber das wird man reparieren (to fix, falls man Englisch spricht). Die Familie bemüht sich. Das Beten hilft nicht, die Operationen sind ebenfalls erfolglos. Wenn jegliche Qual versagt, dann muss nach Lourdes gefahren werden. Die gesamte Familie samt zwei Omas und einem Opa muss mit. Elisabeth braucht sie alle als Stütze, besonders aber braucht sie ihren Papa.
Elisabeth, „ein darstellerisches Naturtalent“, wie die Mama feststellt, darf, bevor sie alle Mannerschnitten wieder von sich gibt, vorne bei ihm sitzen. Jetzt spürt sie nur noch ihn, den Papa, alles ist gut und stark an ihm, sein Geruch nach Knoblauch, Schweiß und Tabak hüllt sie so richtig ein. Der Papa wird zum Kuschelfreund. Mit ihm allein zu sein, ist höchstes Glück.
Dass das Bad im geweihten Wasser auch nichts genützt hat, ist für das auf Dauerhilfe angewiesene Kind ebenfalls ein Glück. Elisabeth will gar nicht geheilt werden, dann wäre nämlich der direkte Weg in den Himmel, den die Oma versprochen hat, voller Dornen und Stolpersteine, wie für die vielen anderen. Niemand darf Elisabeth diese pfitschipfeilartige Reise ins Paradies nehmen. Noch gefällt es ihr aber auf Erden. Und dem Publikum gefällt das auch.
Löffler nennt ihre Vorstellung eine „Sit-Down Comedy“, doch vergesse ich ziemlich schnell, dass sie nicht aufsteht und herumhopst. Löffler tanzt im Sitzen (Jonathan Burrows und Matteo Fargion haben das auch schon vorgeführt, ganz absichtlich, ohne Behinderung), mit dem Körper, den Armen und Händen und mit der Mimik und ihren strahlenden Augen. Diskret und angenehm stellt sie einen intimen Kontakt mit dem Publikum her, schnell habe ich das Gefühl, sie erzählt die Geschichte nur mir allein. Dabei geht es gar nicht nur um die Geschichte der behinderten Elisabeth und ihres als Komödie dargestellten Leidensweges, die Künstlerin spart nicht mit Seitenhieben auf die Gesellschaft, auf die Performance, die oft nur aus hohlen Klischees besteht und auf alle, die ihre Identität aus einem einzigen Aspekt beziehen, als wäre der Mensch ein unveränderbares Logo und nicht ein flexibles Puzzle aus vielen Teilen.
Alles, was Löffler zeigt, erzählt, mit Kommentaren versieht, tanzt und singt (Udo Jürgens ist ihr Tröster und Freund), ist mit einem Augenzwinkern versehen, ernst gemeint ist nur die Heiterkeit, mit der diese Sit-Down Comedy das Publikum fesselt. Wenn gelacht wird, dann sind es ganz sicher pure Lachtränen. Oder? Ihre Mama hat es jedenfalls früh erkannt: Elisabeth ist ein Naturtalent, ohne Angst vor dem Scheitern, mit sicherem Gespür für das, was gesagt werden muss und alles, was gesagt werden darf. Jeder Peinlichkeit nimmt sie die Pein, jedem Mitleid das Leid.
Elisabeth Löffler, geboren 1969, arbeitet seit 20 Jahren als Künstlerin im Tanz- und Performancebereich, mit etablierten Freien Gruppen, wie Toxic Dreams oder der Mixed-Abled-Tanzgruppe Bilderwerfer von Daniel Aschwanden, deren Mitbegründerin sie ist, und als Solistin. Überdies ist sie Mitbegründerin der LizArt Productions. Zuletzt zeigte sie bei ImPulsTanz 2017 gemeinsam mit der Performerin Cornelia Scheuer (Regie Yosi Wanunu) ihr Stück: „The Audition for the Role of Stephen Hawking in The Theory of Everything“.
Elisabeth Löffler / LizArt Productions: „Fix me if you can”, Regie: Frans Poelstra; Textarbeit / Dramaturgie: Yosi Wanunu; Produktion: Kornelia Kilga. Eine Koproduktion von LizArt Productions und brut Wien Uraufführung, 20. 1. 2019, brut im Café 7Stern Wohnzimmer.
Weitere Vorstellungen 21., 22. und 28., 29. Jänner 2019.
Nach den erfolgreichen Vorstellungen im Jänner 2019 wird Elisabeth Löfflers Soloabend wieder aufgenommen: 10., 11., 13., 14. April 2019, brut im Café 7Stern Wohnzimmer.