Ballett „Sylvia“ 7. Vorstellung, fast eine Premiere
Nach der Weihnachtspause steht das Ballett „Sylvia“ in der Choreografie von Manuel Legris wieder auf dem Spielplan. Die 7. Aufführung des romantischen Balletts nach Louis Mérante ist durch die Debüts in den großen Solorollen fast zur Premiere geworden.
Ein animiertes (Abonnement-)Publikum, angefeuert durch Kevin Rhodes temperamentvolles Dirigat, spendete lebhaften Applaus.
Begeisterung auf allen Linien. Maria Yakovleva, Erste Solotänzerin, ist eine in der Technik sichere und im Ausdruck bewundernswerte Sylvia. Nicht aggressiv, doch stolz und selbstbewusst, weist sie anfangs Amintas Liebesgeständnis zurück. Wenn der Pfeil Amors sie trifft, wird sie nicht nur in den Knien weich. Besonders gut hat mir der 2. Akt in des Frauenräubers Orion Höhle gefallen. Kein strampelndes Wehren, aber listiges Einwickeln des Rabauken.
Nicht nur dieser, auch sämtliche Faune und Baumgeister sinken in weinseligen Schlummer. Eros kann die Schöne befreien.
Ein besonderes Vergnügen bereiten die Herren mit ihren Rollendebüts. Davide Dato als Aminta: Ohne Frage, ein Liebling des Publikums, eine Idealbesetzung als charismatischer Anbeter; Dumitru Taran gibt einen virilen Orion, weniger abstoßend als erfolgssicher und beherzt, tanzt er bravourös und überzeugend den „Bösen“ in der Geschichte. Als Eros bleibt Géraud Wielick auch als nur schamvoll bedecktes Nackerpatzl mit Goldhaar ein kräftiger, virtuos tanzender Gott der Liebe, der wie seine Kollegen an den misslungenen Kostümen leidet. Aus den grauen Schleiern seiner Verkleidung als Hexenmeister (um den von Sylvia tödlich verletzten Aminta wiederzuerwecken) kann er sich (wie sämtliche Tänzer dieser Rolle) kaum herauswinden, als Befreier Sylvias verwandelt ihn die Ausstatterin Luisa Spinatelli in einen Schmetterling, was den Halbsolisten Wielick dennoch beflügelt, um mit der schwierigen Fußarbeit zu brillieren. Als schalkhafter „kleiner Hirte“ hüpft der erst kürzlich engagierte Italiener Gaetano Signorelli um die hübsche Bäuerin (Anita Manolova) herum, um deren Freund (Arne Vandervelde) auszustechen. In dieser Szene des 1. Aktes beweist Choreograf Legris eine Spur von Humor und auch differenzierte Rollengestaltung.
Nicht neu in den Rollen, doch immer wieder durch perfekte Technik und engagiertes Spiel angenehm auffallend, Scott McKenzie als durchtriebener Faun und Rikako Shibamoto als Anführerin der Najaden (Elena Bottaro, Eszter Ledán, Anita Manolova, Xi Qu) und auch mitten unter den „nubischen Sklavinnen.
Besonders eindrucksvoll ist immer wieder der Auftritt der Jägerinnen. Angeführt von Ioanna Avraam und Alice Firenze, galoppieren die zwölf streitbaren Gefährtinnen Dianas zum Hörnerklang als perfekte Einheit mit gespannten Bogen über die Bühne. Hinreißend, wie auch der Tanz der Faune und Baumgeister im 2. Akt.
Diana, die Göttin der Jagd und Hüterin der Keuschheit, hätte ich jetzt fast vergessen, so sehr im Mittelpunkt des Balletts steht Sylvia, ihre untreue Jüngerin, die sich in ein Menschenkind verliebt. Nina Tonoli debütiert als überaus gefühlvolle Diane, die auch ihre Stärke zeigt.
In der Solotänzerin steckt doch mehr als nur Anmut und Grazie.
Wie immer zeigt das Corps de Ballet, wie fruchtbar die unermüdliche Trainingsarbeit des Ballettdirektors als Ballettmeister ist. Harmonisch und taktsicher, mit differenzierter Arm- und Beinarbeit sind die jungen Damen und Herren (ergänzt durch Studierende der Ballettakademie) ebenso wie die Solist*innen für den Erfolg der Compagnie verantwortlich.
„Sylvia“, Ballett in drei Akten, Choreografie: Manuel Legris nach Louis Mérante und anderen; Musik Léo Delibes, dirigiert von Kevin Rhodes. Bühnenbild und Kostüme: Luisa Spinatelli; Licht Jacques Giovanangeli. 7. Aufführung, 17. Jänner 2019, Orchester der Wiener Staatsoper, Wiener Staatsballett in der Staatsoper.
Noch drei Vorstellungen in wechselnder Besetzung am 19., 24. und 26. Jänner 2019. In der letzten Vorstellung dieser Saison ist noch einmal die Premierenbesetzung zu sehen.
Fotografiert hat Ashley Taylor. © Wiener Staatsballett / Ashley Taylor