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ImPulsTanz – Choy Ka Fai: SoftMachine

Choy Ka Fai im Weltmuseum © Joachim Kapuy

Der Tänzer Choy Ka Fai hat eine Forschungsreise durch die vielfältige choreografische Landschaft Asiens gemacht und ist mit einem Multimediaarchiv samt Performancezyklus zurück gekommen. Auf Einladung von ImPulsTanz hat er Teile des Archivs und auch drei Tänzer gebracht, die in kurzen Vorstellungen auf die Verschiedenartigkeit asiatischen Tanzes hingewiesen haben.

Kreativer Ärger. Im Grunde ist das Projekt entstanden, weil der Künstler Choy Ka Fai aus Singapur sich geärgert hat. Nämlich als er einen Werbetrailer des Tanzproduktionshauses Sedler’s Wells gesehen hat. „Out of Asia – The future of Contemporary Dance“ sollte der neue Zyklus heißen. Das stieß dem Tänzer aus Asien sauer auf: „Wie könnt Ihr sagen, was die Zukunft des Tanzes ist und was ist das überhaupt, was aus Asien herauskommt?“ Die Antwort musste er selber suchen und bereiste also China und Indien, Japan, Indonesien und Singapur, um zu recherchieren und zu forschen.

In die SoftMachine-Exhibition im Weltmuseum fügte Choy auch Fotos aus den örtlichen Beständen ein. Benötigt man zum Schauen und Hören der Ausstellung einige Geduld (und Zeit), so waren die moderierten Performances der Tänzer aus Asien kurz und kompakt, und dennoch erhellend und überaus vergnüglich.

Erklärung mit Esprit. Choy weiß, was er dem Publikum bieten muss, um es für seine Themen zu interessieren. So hat er zwei der Performances als Moderator mit einem Interview eingeleitet und locker gedrehte Videos vorangestellt. Ein junger Nackter läuft durch die Landschaft: Bildunterschrift: "Das ist ein junger Mann vom Land." Nächste Sequenz: Der junge Mann eilt durch die überfüllten Gassen: "Ein Städter." Danach tanz der Darsteller – "Das ist ein Tänzer aus Manipur". Im letzten Kurzkapitel sitzt er sinnend auf einem Felsen über dem Meer: „Ein zeitgenössischer Tänzer muss vor allem denken.“ Der Darsteller ist Surjit Nongmeikapam aus Manipur („Das liegt am Rand, im Nordosten von Indien und ist ganz anders als Indien“). Er stellt sich artig vor, erzählt von seiner Heimat, zeigt verschiedene Formen traditioneller Tänze, auch den „Manipuri“, beweget sich zeitgenössisch und à la Bollywood und verweigert die Antwort auf Choys Frage, was er vom „contemporary Dance“ halte. Surjit Nongmeikapam mit Choy Ka Fai (r.)  © Law Kian Yeng

Am anderen Abend – Yuya Tsukahara (Mitglied der Truppe Contact Gonzo) ist zu Gast, fragt Choy, als naiver Interviewer getarnt: „Ist das – gemeint ist das eher brutale Go and Stop der Gonzobrüder) – Tanz?“ „Das musst du entscheiden.“ Uhl und Nachtigall haben ihre Berechtigung. Es  stimmt schon, wie schon die Alten sungen: Des einen Uhl ist des anderen Nachtigall.

Eindeutig für mich Nachtigall ist Rianto aus Java, der im goldglitzernden Kleid, mit hochaufgetürmter Perücke und Gesichtsmaske, als lächelnde junge Frau aus dem Dunkel erscheint. Er  ist er die geraubte Prinzessin aus der javanischen Variante des indischen Nationalepos „Ramayana“. Die Prinzessin tanzt und singt (überstimmt das Playback).  Kurz umgezogen und schon ist der in Java berühmte Tänzer mit rot glühender Maske der böse König der Dämonen.
Rianto bereitet sich auf den Auftritt vor. © Choy Ka Fai.Ohne prunkvolles Kostüm zeigt Rianto verschiedene indische Tanzformen und kommentiert  sie mit sanfter Stimme,  zeigt zwischendurch in einem Home-Video seine Ehefrau, verhehlt auch auch nicht, dass er sich gern mit Männern entspannt. Einprägsam zeigt Rianto, wie er den Unterschied zwischen traditionellem und zeitgenössischem Tanz sieht und entzückt am Ende der Performance mit  seinen ureigensten Bewegungen: Ein zarter nackter Mann (oder doch eine Frau?) in Rückenansicht, tanzt im magischen Licht mit weichen Gesten und einem faszinierenden Muskelspiel.

Den asiatischen Tanz  gibt es gar nicht. Nicht mal Indien gibt es als kulturelle Einheit. Ohne Belehrung mit  inhaltsreichen vielfältigen und auch witzigen Vorstellungen ist mir das klar geworden. Witz und Ironie stehen auch Künstler_innen gut an und dienen dem Öffnen der Augen, Ohren und Herzen.

Soft Machine by Choy Ka Fai (Konzept, Regie & Dokumentation), Performance: Rianto, Yuya Tsukahara, Surjit Nongmelkapam. Ein zweiteiliges Projekt im Rahmen von ImPulsTanz 2015 im Weltmuseum. Gesehen an verschiedenen Abenden. 
„SoftMachine: Exhibition“ ist bis 16.8. jeweils nach den Vorstellungen im Weltmuseum geöffnet.