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Tanz*Hotel – Werkschau 15

Träumen im Trio: “Demo # 1 – Dreamers”

AAR – Art*Act Kunstverein (Artist at Resort) ist eine Produktion von Tanz*Hotel zur Förderung von Künstler*innen. Unter der künstlerischen Leitung und Betreuung von Bert Gstettner arbeiten sie, oft zum ersten Mal, an einem Werk, das als Uraufführung vor Publikum gezeigt wird. In der 15. Werkschau von „Art*Act“ zeigten Andrea Nagl, Iris Dittler und die jungen Tänzerinnen Eva Sommer, Miriam Kruppa und Desi Bonato (Verein UFO) ihre Performances.

Andrea Nagl mit Visual im Hintergrund: "Sequitur_caleidoscopia"„Sequitur_caleidoscopia“ nennt Andrea Nagl ihre Choreografie, eine „atonale Choreografie“, ein Stück, das sie mit dem Komponisten Karlheinz Essl und dem jungen audiovisuellen Künstler Marian Essl (*1993) erarbeitet hat. Ausgangspunkt ist Essl Komposition für Viola und Live-Electronics „Sequitur IVb“, die Nagl in Bewegung umsetzt. Marian Essl übersetzt sie in Bilder, fließende Visuals in allen Grautönen, die sich im Fortschreiten der Performance in Weiß und Schwarz auflösen. Weiß und schwarz ist auch Nagls Kostüm, eine lockere Bluse über der schwarzen Hose. Das Kostüm einer Künstlerin. Nagl gelingt es mit ihrem reichen Repertoire an harten, eckigen oder ineinander fließenden Bewegungen und weit ausschwingenden Armen und Beinen, tatsächlich die Struktur der Musik, die Melodienbögen, die Akzente, Pausen und Wiederholungen, der Viola und des aus dem Live-Input des Instruments erzeugten Live-Inputs, der die Grundstruktur weiterspinnt oder beantwortet, im Tanz widerzugeben und gemeinsam mit den Visuals auf der großen Videowand im Hintergrund sichtbar zu machen. Für mich wird so neue Musik erklärt, ich kann das Sichtbare und das Hörbare als ein Werk genießen.
Andrea Nagl ist eine erfahrene Tänzerin und Tanzpädagogin, deren Interesse der Möglichkeiten freier Improvisation und instant composition und der Zusammenarbeit mit anderen Sparten gilt. Die Umsetzung der Struktur in Karlheinz Essls Sequitur (IVb ist für Viola geschrieben) hat sie gereizt, so wurde der tanzende Körper zu einem weiteren Instrument inmitten der Komposition. Andrea Nagl, ganz im Einklang mit der Musik und den Videobildern von Marian Essl.

Ganz anders, ohne Musik, nur mit einer auf Englisch monoton rezitierenden Stimme, präsentiert sich die Objektkünstlerin Iris Dittler. Sie setzt ihren Körper mit den von ihr entworfenen beweglichen filigranen Skulpturen aus schimmerndem Metall in Beziehung. Im weiß ausgeschlagenen Saal, auf weißem Boden bewegt sich Dittler weiß gewandet als Iris Dittler mit Objekten im weißen Raum: „Transpositions (residue or a barely recognized form)”Priesterin ihrer selbst und vollführt mit unbeweglicher Miene, konzentriert und gemessenen Schrittes, ein mir unverständliches Ritual. Nach der Vorstellung sehe ich ein ganz anderes Gesicht, gelöst und lachend. So sollte Iris Dittler auch auf der Bühne sein.

Mit Energie und einer guten Portion unauffälligem Humor erzählt das Ufo-Trio und der Musiker Moritz Nahold vom und von Träumen, für sie so real, wie das Muntersein. „Demo # 1 – Dreamers“ nennen sie ihr spannendes Stück, das sie, bereits träumend im Dreieck stehend / sitzend, beginnen. Die  drei Träumerinnen: Eva Sommer, Miriam Kruppa, Desi Bonato.Träumend wechseln sie die Plätze, halten die Triangel mit ihrer reichen Symbolik (zwei ineinander verschachtelte Dreiecke bilden den Drudenfuß, das Pentagramm, über das Mephisto nicht gehen kann) aufrecht, bis sie sich gegen Ende vereinen, mit erhobenen Armen eine Pyramide bilden. Dazwischen gibt es sanfte und wilde, tierische und geisterhafte und auch einen Anflug von erotischen Träumen. Erst der Applaus wecke Eva, Miriam und Desi wieder auf. Der aber ist laut genug, dass an Schlafen, Träumen nicht mehr zu denken ist. Doch wir wissen jetzt, „was in dem Schlaf für Träume kommen mögen“, Hamlet weiß es nicht, das lähmt den armen Kerl. Das Ufo-Dreieck ist alles andere als gelähmt und macht mit seiner Performance neugierig auf alles, was kommt. Der Name des Vereins steht übrigens für Undefined Flowing Organon.

Tanz*Hotel / Bert Gstettner: AAA Term 15, 3 Uraufführungen:
„Seqitur_caleidoscopia“: Eine atonale Choreografie mit Live-Visuals auf der Basis von Karlheinz Essls „Sequitur IVb für Viola und Live Electronics“, Konzept und Choreografie: Andrea Nagl; Viola: Judith Reiter; Live Visuals: Marian Essl.
„Transpositions (residue or a barely recognized form)": Konzept, Installation, Text, Performance: Iris Dittler. Stimme: Asher O’Gorman. Kostüm: Ferrari Zöchling.
“Demo # 1 – Dreamers”: Konzept, Performance: Eva Sommer, Miriam Kruppa, Desi Bonato. Live-Electronics: Moritz Nahold.
Am Lichtpult und technische Leitung: Alexander Wanko, Fotos: Heinz Zwazl | Tanz*Hotel, Wien 2018