
Maria Mercedes: Das Geheimnis der Rose

Ein magischer Beginn. Camilla Mercedes Schielin und Julia Maria Müller, gemeinsam sind sie das Duo Maria Mercedes, verbinden in ihrer Choreografie, shining rose, das Aufblühen und Verwelken der Rose, mit dem vertraulichen Tratsch unter Freundinnen, der ursprünglichen Bedeutung des englischen Begriffes „gossip“. Gemeinsam mit der Tänzerin Yoh Morishita versuchen sie, die beiden Themen dem Publikum im brut nahezubringen. Eine Uraufführung im Rahmen von imagetanz am 27.3.
Die Verbindung der beiden Themen hat Maria Mercedes im Stowasser gefunden: „sub rosa dictum“ / „unter der Rose gesagt“ gilt für „im Vertrauen gesagt“. Heute ist der Begriff „sub rosa“ nicht mehr gebräuchlich, doch zur Zeit Goethe war noch in aller Munde und er hat die Wendung sogar in einer Gedichtstrophe verewigt:
Niemand beichtet gern in Prosa;
Doch vertraun wir oft sub Rosa
In der Musen stillem Hain.
Gut also, Rosenknospen und vertrauliches Flüstern, stille Post, deren Inhalt sich bis zur Unkenntlichkeit verändert, die zum Klatsch und Tratsch, dem heutigen Begriff von Gossip werden.
Die drei Tänzerinnen sind zugleich die Blume und die tratschenden Freundinnen. Eindeutig zu viel auf einmal, trotz an den Dornen herbeigezogenen Verbindung. Der magische Beginn der Vorstellung verspricht mehr. Die drei Tänzerinnen, verhüllte Köpfe wie Nonnen, gebogene Körper wie gotische Madonnen, farblose Hüllen wie Kleider von 1920. Mit Wiegeschritten bewegen sich die drei durch das im Foyer versammelte Publikum, vereinen sich zu einer Skulptur, ranken aneinander empor, spreizen die Arme und Hände. Hat man sich davor informiert, so sieht man bald die Rosenknospen, noch nicht erblüht, mit schamhaft gesenkten Lidern. Dieser erste Akt ist ein zauberhaftes Ritual. Dann öffnen sich die Tore zum Theatersaal, das Publikum nimmt Platz, die Rosenknospen ziehen sich um und erblühen zu voller Schönheit.
Es sind die Kostüme von Alessandro Santi, die dieses dreiteilige Tanzstück zusammenhalten. Die voll erblühten Rosen – Rot für die brennende Liebe, Weiß für die Unschuld und das Verschwiegene; Violett für den Mythos und den coup de foudre, die Liebe auf den ersten Blick.Rosen sind nicht nur lieblich, schließlich haben sie Dornen. Die drei tanzenden Rosen, auch durch die Kostüme als Blumen erkennbar, werfen wilde Blicke, stampfen den Boden, sind mehr Hexen als sanfte Blüten. Eine wahre Kostümschau ist dieses Stück, denn schon sind sie wieder verschwunden – Rosen blühen nur einen Sommer – und kommen als welkende Blüten mit hängenden Köpfen wieder. Dazwischen wird immer getuschelt, werden Geheimnisse und Nachrichten vom Boden aufgehoben, zwischen den Fingern zerbröselt. Müde und schlapp hängen sie am Ende auf den Leitern an der Seite der großen Halle. Ein schönes Bild.
Doch die Aufführung zerfällt, der rote Faden zerfranst, es fehlt eine straffe Dramaturgie, die Halle im brut scheint u große für die drei Tänzerinnen zu sein. Sie stehen ganz hinten im scharfen Licht, doch in den oberen Reihen sieht man nur kleine Figuren, weiß nicht, was sie da an der hintersten Wand tun. Es haben doch vier „Outside Eyes“ (Alex Franz Zehetbauer, Asher O’Gorman) bei den Proben zugesehen, aber halt keine Dramaturgin.
Ob sub rosa oder ganz öffentlich, dieser doppelte Plot ist nicht wirklich aufgegangen. Was wir gesehen haben, waren außergewöhnlich schöne, auch schwierige Bewegungen der Tanzkörper und fantasievolle, prächtige Ko-stüme. Das Wachsen, Werden und Sein einer Rose (oder dreier Rosen) hätte genügt. Die zweite Ebene, auf der es um Klatsch und Gerüchte (Gossip) ging, hat die Performance nicht unbedingt bereichert.
Maria Mercedes: shining rose, Uraufführung 26. März 2025, brut nordwest
Konzept & Choreografie: maria mercedes (Camilla Schielin, Julia Müllner)
Tanz, Choreografie & Performance: Camilla Schielin, Julia Müllner, Yoh Morishita Musik & Sound: Hannah Todt, Lucia Kagramanyan; Fashion: Alessandro Santi; Licht: Samuel Schaab.
Fotos: © Marcella Ruiz Cruz
Folgevorstellungen. 27., 28. März 2025. Die Vorstellung am 28.3. wird von einer Tastführung und einer künstlerischen Audiodeskription in Zusammenarbeit mit Theresa Scheinecker / Ray und Katharina Senk / Senki begleitet. Die Audiodeskription ist auf Deutsch und mittels Kopfhörern verfügbar.