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Maiko Sakurai / Cat Jimenez: „di stance“.

Cat Jimenez: Tanz mit Objekt. © Ina Aydogan

Im Rahmen von „Huggy Bears“, dem Programm des Kollektivs „Superamas“ zur Unterstützung junger KünstlerInnen, zeigten die 2017 ausgewählten Performance ArtistInnen ihre fertigen Arbeiten. Malinka Fankha hat ein Solo mit dem kryptischen Titel „Sauna“ entwickelt; die rauflustigen Buben Matan Levkovich und Yali Rivlin wälzten sich unter dem Motto „War and Love“ im Ring. Überragt wurden beide Darbietungen von der feinen, durchdachten Arbeit von Maiko Sakurai und Cat Jimenez. „di stance“ zeigt schon im vielversprechenden und mehrfach deutbaren Titel, dass der Kuschelbär die beiden jungen Künstlerinnen zurecht beraten und gefördert hat.

Die persönlichen Wehwehchen von Malinka Fankha, in endloser Tirade vorgetragen, haben mich ebenso gelangweilt wie die beiden Männer, die mit Rempeln und Schubsen die seit den griechischen Mythen bekannte und von Neurologen hinlänglich erforschte und belegte Tatsache eines Zusammenhangs von Sex, Gewalt und Machismo „erforschen“ wollen. Weshalb ich mir das ansehen sollte – die Performance sollte zwei Stunden dauern –, konnte mir niemand beantworten. Also habe ich nach wenigen Minuten darauf verzichtet. Zumal ausdrücklich gestattet war, zu gehen und eventuell wiederzukommen. Bei Malinka Fankha war diese Möglichkeit nicht gegeben. Das Ausharren erforderte Kraft. Malika Fankha: "Sauna" mit barockem Haarturm. © Laurent Ziegler

Was die beiden klugen Künstlerinnen, die Designerin Maiko Sakurai und die Tänzerin Cat Jimenez, eint, sind ihre multikulturellen Wurzeln. Sakurai ist zwar in Wien aufgewachsen, doch die Mutter ist Japanerin. Der Vorname, den sie ihrer nach vier Buben ersehnten Tochter gegeben hat, bedeutet „kleine Tänzerin“. Mit Tanz hat sie jedoch nur am Rande zu tun, etwa als Mitbegründerin des ambitionierten Projekts „fifoo“ oder als Produktionsmanagerin von Tanz- und Performance-Aufführungen und schließlich auch als Pressechefin im Tanzquartier Wien. Nun ist sie, gemeinsam mit Jimenez, als Tänzerin keine Unbekannte mehr, auch Choreografin und Objektdesignerin. Diese Objekte, beweglich aus Metallstäben geformt, spielen eine wesentliche Rolle in der Aufführung von „di stance“. Besonders deutlich wird diese in einem Pas de trois, den Jimenez mit Sakurai und einem Objekt aufführt. Da stimmt alles, Kontrast und Kongruenz.

Cat Jimenez in der Skulptur von Maiko Sakurai. © Ina Aydogan. Als Ausgangspunkt des Tanzes mit und zwischen Objekten haben die beiden Künstlerinnen ihre asiatischen Wurzeln, die sich in Mitteleuropa verankert haben, gewählt. Asien allerdings ist groß und das kulturelle Erbe recht unterschiedlich. Cat Jimenez ist Filippina und der japanische Minimalismus, die karge Ästhetik sind ihr fremd. Ihr Temperament ist energetisch, ihr Tanz lebt vom Rhythmus. Sicher musste das Duo ein gehöriges Maß an Disziplin, Konzentration und Offenheit aufbringen, um die gemeinsame Arbeit bühnenreif zu machen.

Auch wenn es noch allerlei kleine Verbesserungen zu erledigen gibt, Leerläufe zu eliminieren sind und die Musik, die mit esoterischem Klingklang und unverhofftem Melodienrauschen die gewollte Stille immer wieder unterbricht, präziser und sinnvoller eingesetzt werden muss, ist die ernsthafte Arbeit und die gelungene Aufführung weiter zu empfehlen. Ganz in Schwarz mit ernsthafter Miene und bewusst eingesetzten langsamen Bewegungen, rückt Sakurai ihre luftigen Skulpturen zurecht, versucht, die Tänzerin damit einzufangen, die sich der Verführung willig hingibt, ihren Körper biegt und wendet, selbst zur Skulptur wird. Mit ihrem hüftlangen schwarzen Haar, den funkelnden dunklen Augen und den geschmeidigen Bewegungen des scheinbar knochenlosen Körpers ist Cat Jimenez eine Tänzerin, die auch mit dem kleinsten tastenden Schritt, einem Aufflattern der Hände oder dem Spiel des Haarmantels begeistert. Cat Jimenez, ratlos vor dem Gebilde? © Ina Aydogan

Aus dem Kontrast zwischen den beiden Temperamenten, zwischen den bewegten Körpern und den nur scheinbar starren Objekten, zwischen puristischem Minimalismus und tänzerischer Energie, zwischen Asien und Europa ist eine Einheit entstanden, die durch Präzision und Schönheit betört.
Nach einem Blackout bleiben nur die über die Wände wandernden Schatten der Objekte.
Maiko Sakurai lässt ihre Objekte tanzen.

Logo: Huggy Bears © http://www.superamas.com/update/huggybears.htmlP.S.: Das von der Stadt Wien eingesetzte dreiköpfige Kuratorium für Theater, Tanz und Performance hat die Förderungsbedingungen massiv eingeschränkt. Viele KünstlerInnen und Kollektive sind plötzlich nach jahrelanger erfolgreicher Arbeit aus der Konzeptförderung gestrichen und stehen vor dem Ende ihrer künstlerischen Tätigkeit. 
Dass Kunst von Stadt und Staat bezahlt werden muss, darf nicht nur für Burg und Oper (samt Operette) gelten.
Auch „Huggy Bears“ (Superamas) haben heuer keine Förderung von der Stadt erhalten. Trotz zahlreicher privater Unterstützer aus Künstlerkreisen wird das Projekt möglicherweise einschlafen.
Ein Schaden für die Kunst! Eine Schande für die Stadt!

Maiko Sakurai / Cat Jimenez: „di stance“, Abschlussarbeiten im „Huggy Bears“-Projekt, 12. Und 13.1. 2018 im WUK