Wiener Staatsballett: Van Manen | Ekman | Kylián
Die vorletzte Vorstellung dieser Saison des dreiteiligen Ballettabends mit Werken von Hans Van Manen, jiři Kylián hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck. Enttäuschend diesmal der Beginn: „Adagio Hammerklavier“ für drei Paare von Hans Van Manen. Trost und Freude spenden hingegen zum Abschluss des Abends die wunderbaren, „schönen Figuren“ in Jiří Kyliáns Ballett „Bella Figura“. Nicht zu leugnen ist der Publikumserfolg von Alexander Ekmans „Cacti“. Alle drei Stücke wurden brav mit freundlichem Applaus bedankt.
Eigentlich ein Kunststück für sich, das poetische, über der Musik schwebende Ballett Van Manens zu tanzen, als wärs kein Stück des Choreografen. Irritierend!
Für das Adagio aus der Klaviersonate A-Dur, der „kleinen Sonate für das Hammerklavier“, gibt der Komponist, Ludwig van Beethoven, an: "Langsam und sehnsuchtsvoll (Adagio, ma non troppo, con affetto)". Christoph Eschenbach, dessen Einspielung Van Manen ausgewählt hat, übertreibt dieses „nicht zu schnell“ und zerdehnt den Satz an die Grenze jeglicher Spannung. Van Manen lässt seine drei Paare im gleichen getragenen Tempo über den Noten schweben, friert die Damen bei einer Hebung in der Luft ein, lässt sie sanft zu Boden gleiten.
Oft gibt es nur minimale Bewegungen, das Strecken eines Fußes, das Wenden des Kopfes und doch entsteht, wenn es richtig fließend, ohne ruckartige oder gerissene Bewegungen getanzt wird, Poesie, Spannung und eine, wenn auch kühle, Erotik. An diesem Abend war nichts davon zu spüren, emotionslos und hölzern gingen die Paare miteinander um. Zugute gehalten werden kann allen sechsen, dass sie, gemeinsam auf der Bühne, synchron waren.
Schwamm drüber, Cacti bleibt Cacti und ist immer ein Erfolg. Dem Gelächter und heftigen Applaus nach zu schließen, auch beim klassisch-konservativen Publikum. Keine Überraschung dass Ekmans Komödie von Wien bis Neuseeland Erfolg hat. Witzig, schmissig, zum Wachwerden nach dem eleganten, zu höchster Konzentration bei Tänzer_innen und Publikum zwingenden, „Adagio“. Rebecca Horner und Masayu Kimoto als Solopaar im Playback-Dialog ernteten den verdienten Applaus für den punktgenauen, köstlichen Körperdialog.
Nach der zweiten Pause, der Höhepunkt des Abends. „Bella Figura“ von Jiří Kylián, uraufgeführt vom Nederlands Dans Theater 1995. Jetzt sind alle Beteiligten zu nennen und keiner / keinem ist der Vorzug geben.
Alle haben sie dieses Ballett von unvergleichlicher Schönheit schon getanzt, sind sicher und können sich ganz den Träumen und Emotionen hingeben, die Kylián evoziert, um immer wieder die Stimmung zu wechseln und der Realität Tribut zu zollen.
Ketevan Papava, Nina Poláková, Rebecca Horner, Ionna Avraam, Alice Firenze; Alexis Forabosco, Roman Lazik, Kamil Pavelka, Davide Dato.
So stehen sie auf dem Programmzettel. Alle neun, ohne Fehl und Tadel, anmutig und ausdrucksvoll, erlesen und erotisch – einfach bildschön.
Der Abend hat sich doch ausgezahlt, Kyliàns Bilder sind unauslöschlich.
Van Manen | Ekman | Kylián, dreiteiliger Abend des Wiener Staatsballetts in der Staatsoper.
Letzte Vorstellung in dieser Saison: 12. Oktober 2016.