„break.out“: Ákos Hargitay im F23
Der Tänzer und Choreograf Ákos Hargitay hat sein Interesse am Urbanen Tanz (B-Boying, Locking, Popping, Electric Boogie, meinst als Breakdance zusammengefasst) bereits in mehreren Produktionen bekundet. Zur Kultur der Hip-Hop-Bewegung gehört es auch, neue Aufführungsorte zu erobern. Hargitays „break.out“, die NeuInszenierung der Open-Air-Show (September 2015) im Museumsquartier, findet demnach im noch nicht sehr bekannten F23, einer alten Sargfabrik in Wien-Atzgersdorf, statt. Neu inszenierte Wiederaufnahme der Open-Air-Show im Museumsquartier.
Von den Wiener Festwochen erstmals genutzt (2015 mit Frank Castorfs „Brüder Karamasow“) sind die riesigen Hallen des F23 vielfach verwendbar. Dass Hargitay sie für seine winzige Formation aus einer Performerin, zwei Performern und dem Musiker (Gammon, nur mäßig bewegt am Rand des Areals) nutzt, gibt der Vorstellung einen besonderen Reiz.
Im Trend liegt es seit geraumer Zeit, auch das Publikum zu bewegen. So wandert es auch diesmal vom Kassentisch in die kleine Halle, wo als Ouvertüre eine Art Lichtschau zu sehen ist. In einer verglasten Kabine (wohl ehedem dem Aufpasser vorbehalten) scannen einander Paz Katrina Jimenez und Mikey - Miklós Szabó mit einer Leuchtstoffröhre. Ákos Hargitay, der auch für die Inszenierung zeichnet, unterhält und irritiert mit gleißend blauem UV-Licht, sichtbar gemacht durch eine spiegelnde Platte.
Das blaue Licht verlockt die Gruppe weiter zu wandern, in den Hauptraum. Die Drei, das Hip-Hop Mädchen, der Breakdancer und der tanzende Choreograf haben jede(r) ihre eigene weiße Plattform aus weißer Hartfaser, durch die glatte Oberfläche auch für Head Spins, Windmills und andere Powermoves aus dem B-Boying Repertoire (auch B-Girling wird bei den berühmten Breakdance-Wettbewerben seit langem ebenfalls zugelassen) bestens geeignet.
Allmählich werden die Absichten des Trios klar: B-Boy Szabó zeigt sein atemberaubendes und auch kräfteraubendes Repertoire, Headspins, Airfloaires, Munchmills , Freezes, …. Paz Katrina Jimenez, international auch als CAT bekannt, macht als upstanding Girl ihre eigenen kurzen, impulsiven Bewegungen (Popping), im Einklang mit der Musik (wenn die rhythmischen Geräusche denn so genannt werden wollen). Arme und Oberkörper werden nahezu mechanisch bewegt, die Füße bleiben an ihrem Platz auf dem weißen Rechteck. Hargitay tanzt einen verbindenden Kommentar dazu, zerlegt die rasanten, vom Auge kaum erfassbaren Breakdance-Bewegungen in Zeitlupe-Sequenzen, dekonstruiert sie um sie neu zusammenzusetzen. Dadurch wird das Hip-Hop-Vokabular seines kulturellen Mantels entkleidet und der Versuch eines Brückenschlags zwischen den unterschiedlichen Persönlichkeiten und Tanzstilen gewagt. Übereinstimmung und Zusammengehörigkeit ist auch an den Kostümen zu sehen. In Rot, Blau und Schwarz gehalten, haben die Sneakers die gleiche Farbe wie die Sporthemden. Schön!
Passend ist hier die Erwähnung von Jimenez’ Ausbildung, die sie an der Wiener Mode- und Kunstschule Herbstrasse abgeschlossen hat. Seit geraumer Zeit gilt jedoch gilt ihr Interesse der Analyse und Defragmentierung des Hip-Hop-Bewegungs-Repertoires.
Zurück in die die Halle: Die Absicht ist deutlich, das Ergebnis noch nicht wirklich befriedigend. 40 Minuten lang sehe ich drei ausgezeichnete Tänzer_innen, die sich in frappierendem Einklang mit dem von Gammon vorgegeben Rhythmus (dem Szabó sogar in der Luft stehend folgt) im Licht von Veronika Mayerböck auf ihrer eigenen Bühne bewegen. Aufregend, spannend, kurzweilig und unterhaltend ist dieser bestens getimte Abend, mit einer stringenten Dramaturgie kann auch ein Stück daraus werden.
„break.out“ von und mit Ákos Hargitay, Paz Katrina Jimenez, Mikey Miklós Szabó, 26., 27. Mai 2016, F23.wir.fabriken, Breitenfurterstraße 176, 1230 Wien.