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Festspielhaus St. Pölten: Saisonvorschau

"Y Olé" von José Montalvo © Patrick Berger

Mitunter liegt das Festspielhaus St. Pölten in Spanien, dann nämlich wenn in der kommenden Saison im Flamenco-Rhythmus getanzt wird. ¡Flamenco! wird mit mehreren Vorstellungen einen Schwerpunkt im reichen Tanzprogramm bilden. Aber auch Sasha Waltz, Sidi Larbi Cherkaoui, Grupo Corpo aus Brasilien oder der aus Samoa stammende Tänzer / Choreograf mit seiner Companie MAU sind mit neuen Stücken nach St. Pölten eingeladen.

Noch Carmen, feurig und mehrfach /Compaña Nacional de Danza. © Jesus Valinasist die Saison nicht zu Ende, doch Intendantin Brigitte Fürle darf sich bereits „über mehr als 20 ausverkaufte Vorstellungen und die bisher erfolgreichste Saison der Geschichte des Festspielhauses St. Pölten“ freuen. Auch in der Saison 2016/17 setzt sie auf die bewährte Mischung aus international renommierten Tanzproduktionen, Konzerten von Klassik bis Jazz und auch Pop. Was die spanischen Gäste betrifft, so beginnt der Reigen aus Tanz, Gesang und (vor allem) Gitarre-Spiel mit Farruquito, dem Enkel des legendären Tänzers Farruco. Ihm folgt samt seinem Ensemble der Tänzer José Montalvo, der keine Scheu hat, den Flamenco mit klassischem Ballett, afrikanischem Tanz und Hip-Hop zu vermischen. Der spanische Gitarrist Tomatito belässt es ebenfalls nicht bei andalusischen Klängen und mischt seinen Abend (im Quintett plus dem Tänzer David Puniagua ) mit Jazz und Rock, Blues und Bossa Nova. Er gilt als legitimer Nachfolger des 2014 verstorbenen Großmeisters der Flamenco-Gitarre, Paco de Lucia. 
Den Abschluss der Reihe bildet ein Fest, „La Fiesta“, gefeiert vom Starbailaor Israel Galván, der es gewagt hat den Flamenco puro aus seiner Isolation zu erlösen und als eigenständige dramatische Kunst erlebbar zu machen. Bei der Uraufführung von „La Fiesta“ steht er nicht als Solist auf der Bühne sondern hat gemeinsam mit Patricia Caballero eine Choreografie für weitere acht Mitwirkende (Tänzer_innen und Musiker) entwickelt. Israel Galván kommt übrigens bereits im Juli nach Wien, wo er im Festival ImPulsTanz mehrmals auftreten wird.

"Henri Michaux:Mouvements" Compagnie Marie Chouinard. © Marie ChouinardIn Zusammenarbeit des Festspielhauses mit ImPulsTanz kommt auch die kanadische Tänzerin / Choreografin mit ihrer Compagnie (zum ersten Mal) ins Festspielhaus St. Pölten. Sie bringt ihre eigenwillige Interpretation von Igor Strawinskys „Le Sacre du printemps“ und die kühle (auch kühne) Umsetzung der kryptischen Zeichnungen aus dem Band „Mouvements“ des belgischen Surrealisten Henri Michaux in eine Tanzpartitur mit. In “Henri Michaux: Mouvements“ imitiert das Corps de ballet die Bewegungsfiiguren der projizierten vergrößerten Originalzeichnungen Michauxs (1899–1984). Bereits 2011 faszinierte diese Arbeit bei der Weltpremiere im Rahmen des ImPulsTanz Festivals.

Auch Sidi Larbi Cherkaoui, der nicht mehr vorgestellt werden muss, gilt es anzukündigen. „Babel (Words“) heißt das 2010 als Festspielhaus-Koproduktion gezeigte Gesamtkunstwerk aus Live-Musik, Theater, Tanz, Text und Skulptur, mit dem er (gemeinsam mit Regisseur Damien Jalet und dem Bühnenbildner Antony Gormley) der Sprache und auch den Begriffen Religion und Nationalität auf den Grund geht. Nur knapp einen Monat davor, Im Jänner 2017, tanzt er selbst mit seiner Compagnie Eastmen im neuen Stück „Fractus V“. Gemeinsam mit fünf Tänzern aus fünf Ländern mit ganz unterschiedlichen tänzerischen Backgrounds und drei Musikern aus Japan, Korea und Indien stellt er dem Publikum die schwer zu beantwortender Frage: „Wie objektiv können wir wirklich sein und wo beginnt die persönliche Verantwortung für die Ungerechtigkeiten in der Gesellschaft?“

Den vorsorglich aufgestellten Tannenbaum schmückt im Dezember ein chinesisches Zuckerl: An zwei Abenden wird eine völlig neue Variante von Tschaikowskis Ballettklassiker „Der Nussknacker“ gezeigt. Das europäische Weihnachtsfest wird zum chinesischen Neujahrsfest, doch der Nussknacker wie immer zum schönen Prinzen. "Der Nusskncker" aus China   © BNC

Auch zur Saison-Eröffnung wird getanzt. Mit Sasha Waltz & Guests, unterstützt vom Tonkünstler-Orchester. „Sacre“ nennt die Choreografin den dreiteiligen Abend zur Musik von Claude Debussy, Hector Berlioz und Igor Strawinsky. Weniger weihevoll aber umso heißblütiger lässt der schwedische Choreograf Johan Inger seine „Carmen“ tanzen. Mit der Compañía Nacional de Danza (Madrid) zeigt Inger das Eifersuchtsdrama in aller Härte, ohne Flamenco-Romantik und Stierkampf-Getöse. Die bekannten Weisen von Georges Bizet und Rodion Schtschedrin, ergänzt durch elektronische Kompositionen des Katalanen Marc Álvarez, werden vom Tonkünstler-Orchester intoniert. Auch für die Compagnie Marie Chouinard wird vom immer wieder begeisternden St. Pöltener Hausorchesterlive musiziert werden.

Um drei Ecken ist auch der Zirkus mit dem Tanz verwandt. Daher ein Doppeltipp für alle Liebhaberinnen dieses Genres. Heutzutage turnen die Akrobat_innen im Neuen Zirkus, politisch korrekt, ohne Tiere zu quälen oder dümmliche Wlownswitzchen.
" FractusV ", Sidi LabiCherkaoui. © FilipVan RoeZwei Truppen der „Cirque Noveau“-Bewegung sind angesagt: Im Herbst bietet die kanadische Truppe Les 7 doigts de la main (7 Finger der Hand) eine Kochshow: „Cuisine & Confessions“ – mit „Küche und Bekenntnisse“ reimlos zu übersetzen – zeigen das ganze Leben in einer riesigen Küche. Im Frühjahr 2017 reisen Akrobat_innen aus Australien an. C!RCA lässt Hühner, Schildkröten und Gazelle oder Kängurus springen und tanzen. Zur bezaubernden Musik von Camille Saint-Saëns, „Le Carnaval des animaux / Der Karneval der Tiere“, purzeln, balancieren und jonglieren Elefanten und sogar Fische. Und wenn es nach Saint-Saëns geht, auch ein Schwan, grziös wie vorgeschrieben.

Festspielhaus St. Pölten: Vorschau auf das Tanz- und Ballettprogramm 2016/2017. Einen überblick über das Gesamtprogramm finden Sie auf festspielhaus.at, wo auch die Liste der vielfältigen Abonnement-Möglichkeiten zu finden ist.
Eine Empfehlung für den Saisonabschluss 2016: ImPulsTanz präsentiert im Festspielhaus St. Pölten Alain Platel & Frank Van Laecke mit „En avant, marche!“, ein unterhaltsamer Ausflug in das Feld ländlicher Musiktradition. Es wird nicht nur mit Trompeten und Posaunen musiziert, sondern auch von SchauspielerInnen agiert, von einem Tänzer getanzt und natürlich fröhlich marschiert. 10. Juni 2016.