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Tanz*Hotel im Odeon: „Medusa*Ode“

"Medusa" von Caravaggio, Uffizien, Florenz . © gemeinfrei

Medusa-Assoziationen“ könnte Bert Gstettner seine Ode im Odeon auch nennen. So viele Gedanken hat er sich dazu gemacht. Gemeinsam mit dem Maler Hannes Mlenek und dem Komponisten Günther Rabl hat er unter seinem Label Tanz*Hotel einen Klang-Raum-Bild Erlebnis geschaffen, das nach der ersten Aufführung in der alten Expedithalle der Ankerbrot-Fabrik überarbeitet ins Odeon übersiedelt ist. Wirklich gut getan hat das dem choreografischen Schauspiel nicht.

Was, wie, warum ist auf diesen Seiten bereits mehrmals ge- und beschrieben worden und so muss weder die schrecklich-schöne mythische Medusa, noch der 200 Jahre zurückliegende Untergang der französischen Fregatte „Medusa“ und die von den wenigen Überlebenden erzählten grauenvollen Folgen dieser Katastrophe neu beleuchtet werden. Was Gstettner in der Expedithalle tanzend und singend mit Mlenek, der zeichnend und agierend, im Klangraum von Rabl gezeigt haben, hatte keineswegs den Anschein eines unfertigen Werkes. Die kahle Halle mit dem Glasdach in der Loft City hat sich als großartige Mitspielerin benommen, zurückhaltend, ohne sich einzumischen. Die Zuschauerinnen saßen oder standen im Halbkreis und konnten jederzeit Perspektive und Fokus wechseln. Die Lautsprecher waren hervorragend ein- und aufgestellt. Intensiv und unmittelbar wirkte das Geschehen, schnörkellos doch aufregend und vielschichtig.

Das Schiff zerbricht und sinkt (Gstettner) © Bernd UhligJetzt ist „Medusa*Expedit“ zu Medusa*Ode“ geworden und in einen Theaterraum übersiedelt, der gerne als magisch bezeichnet wird. Die in die Höhe strebenden Sitzreihen, bieten sicher gute Sicht, entfernen aber das Publikum immer weiter vom Geschehen entfernen, bis sie es ganz oben aus der Vogelperspektive betrachten können. Da& geht sie dann auch der Kampf mit Wind und Wellen, Hunger und Durst nur noch wenig an. Was am Odeon so unreflektiert nachplappernd gelobt wird, der „wunderbare Raum“, kehrt sich gegen die Produktion. Er mischt sich ein, macht sich wichtig und verführt das Team zu unnötigen Blähungen.
Die elektronischen Klänge dröhnen und martern in anfänglicher Monotonie Gehör und Gehirn. Bilder, Bewegungen, Mimik sind nicht mehr unmittelbar sondern perfekt einstudiert. Bis in die letzte Reihe wirkungsvoll. Bert Gstettner, Hannes Mlenek: Akrobatik auf dem Teppich ©  Bernd Uhlig

Während der Maler Mlenek , der seine live entstandenen Zeichnungen am Ende zu einer großen Bilderwand voller Körper zusammenfügt, noble Zurückhaltung übt, sich auch als Performer konzentriert der schweren Arbeit am Schiff widmet, sich, müde oder leidend, im Hintergrund unter einer Decke krümmt, hält der Tänzer Gstettner wenig von Reduktion und Vertiefung, agiert munter was das Zeug hält und balanciert gefährlich am Schwebebalken des Kitsches. Jede Szene wirkt zu grell, zu drastisch, zu schön oder zu abstoßend, zu berührend und zu furchterregend auch. Gerade deshalb lässt (mich) diese Ode kalt.

Der Matrose (Gstettner9 setzt das  Schiff in Bewegung. © Bernd UhligDas große Kino mit dem von den nahezu nackten Körpern der beiden Performer angetriebenem über den Bühnenraum rasenden Schiff – vom Nebel umwallt, im Sturm berstend, die Matrosen fast erschlagend, von Asche beregnet – ist nur der besonders eindrucksvolle Teil eines Bildertheaters wie es heute kaum noch zu sehen ist.
Am Ende ist Medusa nach Afrika übersiedelt, sitzt in ihrem Kabäuschen, singt und weihräuchert den Raum. Das Schmunzeln scheint erwünscht. Alles wird gut.

Tanz*Hotel: „Medusa*Ode“, von und mit Bert Gstettner (Choreografie, Raumbühne), Hannes Mlenek (Objekte, Bilder). Komposition, akustische Inszenierung: Günther Rabl. Günther Rabl.
Odeon-Premiere am 11.3. 2016. 2. Termin: 12.3. 2016.