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Le Nozze di Figaro in Laxenburg

Figaro in Laxenburg (Ensemble) © Barbara Palffy

Spannender und dichter kann man sich Wolfgang Amadeus Mozarts Opera buffa „Le Nozze di Figaro“ gar nicht wünschen. Bernd R. Bienert inszenierte das Werk für sein Teatro Barocco in größtmöglicher Annäherung an eine historische Aufführungspraxis, mit berückender Musikalität und Gestik. Sogar der Ort ist Geschichte: Das ehemalige kaiserliche Hoftheater in Schloss Laxenburg, wo Mozarts Meisterwerk kurz nach der Uraufführung in Wien 1786 gespielt wurde.

Eine derartige Einheit von Stimmen, Körpern und Instrumenten gelingt selten auf einer Opernbühne. Um das zu erreichen, braucht es offenbar gar keiner ausgetüftelten Regiekonzepte mit neuen Interpretationen da und dort, sondern es genügt, sich an die szenischen Anweisungen von Mozarts kongenialem Librettisten, Lorenzo da Ponte, zu halten. Und die richtige Mischung aus theatralem Instinkt, Musikalität und choreographischem Vermögen zu haben. All das trifft auf den gebürtigen Wiener Bernd R. Bienert zu, dem natürlich seine Vergangenheit als Ensemble-Tänzer am Wiener Staatsballett zu Gute kommt, wie auch seine spätere Karriere als Ballettchef und freier Choreograph. Figaros Hochzeit als Barocktheater © Barbara Palffy

Im Lauf der Jahre trat das Musiktheater in den Vordergrund, und 2012 gründete Bienert das Festival „Teatro Barocco“ im Benediktiner Stift Altenburg, wo ihm die Restaurierung des Saaltheaters gelang. Es ist seither das räumliche Herzstück seiner Erarbeitungen barocker Musikdramen von Mozarts Zeitgenossen. Den Meister selbst implementierte er nun im wieder spielbar gemachten, ehemaligen kaiserlichen Hoftheater in der habsburgischen Sommerresidenz Laxenburg. Ein Ort mit besonderer Aura, denn genau hier fand „Le Nozze“ tatsächlich statt, sogar in der Besetzung der Uraufführung, ganz nach Wunsch von Kaiser Josef II.
Es ist ein relativ kleiner Raum, mit kleiner Bühne, und dieser Größenordnung entsprechend besteht das Orchester aus nur elf Musikern. Die musikalische Leitung hat David Aronson über, der vom Hammerklavier aus dirigiert – präzise, mit Engagement und sichtlicher Freude. Das ist alles gut sichtbar, weil man als Publikum nahe beim Orchester sitzt und die auf historischen Instrumenten gespielte Musik dadurch ganz anders wahrnimmt, intimer und persönlicher.

Anders als üblich ist auch das Geschehen auf der von Kerzenlicht beleuchteten Bühne, was eine besondere Stimmung erzeugt. Das stilisierte Bühnenbild entspricht barocken Standards gemalter Prospekte und Seitenwänden, und auch die Kostüme sind damaligen Kleidern nachempfunden. All das entspricht Bienerts Konzept, einen möglichst authentischen Gestus der Aufführung zu gestalten. Das Entscheidende ist aber das Spiel der Sänger-Darsteller, das komplett anders ist als in den meisten heutigen Inszenierungen mit naturalistischem Gehabe. Es handelt sich hier um einen durchchoreographierten Gestenkanon, den alle Sänger anwenden. Bienert hat diesen in historischen Quellen zur barocken Aufführungspraxis recherchiert und für seine Inszenierung rekonstruiert. Obwohl ein Verfremdungseffekt, entsteht andererseits ein harmonischer und natürlich wirkender Fluss, der die Handlung unterstützt. Noch mehr: Endlich versteht man durch den über den Gesang gelegten gestischen Ausdruck den doch sehr verwirrenden Verlauf im Intrigenspiel der drei Liebespaare, in dessen Zentrum Susanna steht, Figaros Verlobte. Auch ist das Libretto ja stark durchsetzt von erotischen Anspielungen, deren Schärfe in der üblichen Darstellungsweise eher banalisiert wird. Nun kommt das alles durch die Körpersprache klar zu Tage, ohne pantomimisch zu sein.

Barockoper im Kerzenschein © Barbara Pallffy Das gesangliche Niveau ist insgesamt hoch, auch wenn die Frauen durch die Bank das bessere Material zur Verfügung haben. Besonders Megan Khats als Susanna ist ein Erlebnis, und ebenso Sarah Marie Kramer als Gräfin Almaviva. Auch Anne Wieben als Marcellina überzeugt. Darstellerisch sind jedoch ausnahmslos alle Mitwirkenden hervorragend. Eine tolle Leistung, wie sie alle die körperliche Gestik dermaßen exakt mit dem Gesang vereinbaren. Möglicherweise funktioniert das auch mit Mozarts Musik besonders gut, die ausnahmslos gut zu singen und spielen ist, wie professionelle Sänger oft versichern.
Ein überzeugender, runder Abend, der die vier Stunden Dauer mühelos vergehen lässt. Und demonstriert, wie genussvoll und heutig ein Werk als Ganzes sein kann, das aus einer vergangenen, fremden Welt kommt. Wenn man es fremd lässt und nicht zu Tode modernisiert.

„Le Nozze di Figaro“, Opera buffa in vier Akten von  Wolfgang Amadé Mozart, Libretto von Lorenzo da Ponte, Regie, Inszenierung, Bühne, Kostüme: Bernd R. Bienert, Musikalische Leitung und Hammerklavier: David Aronson,nächste Termine: 25. (18 Uhr) , 27. Und 28. Februar (16 Uhr), Schlosstheater Laxenburg, A-2361 Laxenburg, Schloplatz 1, www.teatrobarocco.at