La Pasada: Auf der Bühne & im Kino
Salon5 (Anna Maria Krassnigg und Christian Mair) hat sein gewohntes Ambiente verlassen und ist in das renovierte Metro-Kinokulturhaus übersiedelt. Mit gutem Grund. „La Pasada – Die Überfahrt“ heißt die Kinobühnenschau mit einem Text Anna Poloni, bei der das Publikum Theater und Kino zugleich sehen darf. Theater ist hier und jetzt, der Film: das war einmal. In Anwesenheit der Schauspieler_innen und der Regisseurin Anna Maria Krassnigg zeigte das Publikum enthusiastisch seine Begeisterung.
Die Geschichte ist etwas verworren, aber recht spannend, weil Lüge und Wahrheit (wenn es die überhaupt gibt) ineinanderfließen und ich am Ende Urgrußmutter, Großmutter, Mutter und Kind nicht wirklich auseinanderhalten kann. Das ist auch nicht wirklich wichtig, denn es geht um eine Person, Flora, die in der Mitte ihres Lebens, beschloss aus der Stadt zu verschwinden, das Meer zu sehen und nach Afrika zu reisen. Was feststeht, sie hat ihr (zweites) Leben genossen. Was nicht feststeht ist, ob sie nicht doch wieder auftaucht, auch wenn sie wie eine Braut aufgebahrt direkt am mit Silber und Kristall gedeckten Tisch ruht. In die Erinnerungen und Überlegungen der beiden Gäste, Dolores (Doina Weber) und Anton (Martin Schwanda) mischt sie sich jedenfalls dauernd ein. Mittels eines Film-Selfies, denn „die Kamera war ihr Freund“, geführt wurde sie offenbar vom Chef der Feierlichkeit, den Flora als Kind am Strand aufgelesen hat (David Wurawa). Tatsächlich ist Christoph Hochenbichler hinter der Kamera gestanden.
Liebe, Lügen und die Kamera. Die Familiengeschichte ist viel zu kompliziert, um sie nachzuerzählen, auch bietet das Setting, die aus Theater und Film gemischte Show, Spannung genug. Erni Mangold ist die Flora bei deren Begräbnis ein ganzes Orchester spielt und sich die riesige Trauergemeinde zu einer Prozession formiert. Synchron deckt der Butler die Tafel für den Totenschmaus. In stetigem Wechsel zwischen Aktion auf der Bühne und Rückblende in das Leben der redseligen Flora erfahren wird die verwickelte Geschichten, von einem weg gegebenem Kind, einer ungeliebten Ehefrau und einer geliebten Nicht-Ehefrau, Sohn / Enkel und Liebhaber. Als junge Flora tanzt Gioia Osthoff über die Dünen, als Geliebter darf Schwanda sein nacktes Hinterteil präsentieren. Als wäre irgendjemand im Publikum nicht sicher gewesen, was die beiden treiben, wenn sie (Flora) vom Blitz „gespalten“ wird.
Krassnigg hat nach der sommerlichen Vorpremiere im Thalhof den Text von Poloni gestrafft, die Dramaturgie gerafft. So passt alles bestens zusammen, die Inszenierung, die die nahtlose Integration der beiden Medien (samt Interaktion mit der Darstellerin auf der Bühne mit der im Film) und schließlich die rätselhafte Geschichte. Das Ergebnis ist ein unterhaltender und immer wieder überraschenden Abend.
Salon5: „La Pasada – die Überfahrt“, Premiere am 17.11., Metro Kinokulturhaus. Weitere Vorstellungen. 25., 27., 28.11. 2015.