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Auf der Suche nach dem zeitgenössischen Tanz
Beef tanzt. Ein Kollektiv von Künstlerinnen aller Sparten, zeitgenössischer Tanz ohne Bühne. Packend, gefühlvoll, staunenswert, sprechende Körper im emotionalen Dialog mit der Musik. Beef ist eine Choreografie von Andrey Kaydanovskiy, uraufgeführt während des Origen Festivals auf der Schweizer Burg Riom. Als Auftakt zu einem neuen Projekt für zeitgenössischen Tanz ist Beef tanzt. im Südbahnhotel auf dem Semmering gezeigt worden. Das geladene Publikum zeigte sich begeistert.
Konzeptkunst, Performance, theoretisierender Tanz mit gesprochenem Text, damit man auch weiß, was man sehen darf, sind am Verdorren, die Kunst des Bühnentanzes in ihrer ursprünglichen Qualität blüht wieder auf. Festivals wie ImPulsTanz und Gastspielhäuser wie das Festspielhaus St. Pölten wissen es, Kinofilme wie „Billy Elliot“ oder „Pina“ zeugen vom Erfolg des zeitgenössischen Tanzes beim Publikum. Schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts haben sich Tänzerinnen vom klassischen Ballett entfernt und abgegrenzt. Der Zulauf zur akademischen Ausbildung in zeitgenössischem Tanz und ebensolcher Choreografie spricht ebenfalls für eine Wiederkehr des künstlerischen Bühnentanzes. Etwa 16 Absolventinnen der von Univ. Prof. Nikolaus Selimov geleiteten Tanzsparte am MUK verlassen jährlich die Privatuniversität der Stadt Wien. Dann fallen sie in ein Loch, gehen nach Kassel oder Regensburg, werden Produktionsassistentinnen in Sankt Pölten. Noch gibt es den freien zeitgenössischen Tanz nicht in Wien (Österreich). Hier wollen Horner & Kaydanovskiy mit dem neuen Kollektiv einspringen: „Es gilt eine Lücke zu füllen. Wir wollen den zeitgenössischen Tanz befreien und ihm Platz in Wien und später in ganz Österreich geben. Wir werden neue Orte finden. Die Aufführung im Südbahnhotel hat gezeigt, dass das interessierte Publikum da ist.“
tanzt. nennen die Tänzerin Rebecca Horner und der Choreograf Andrey Kaydanovskiy ihr Projekt, ein Kollektiv für zeitgenössischen Tanz in Österreich.
Noch sind die Künstlerinnen aller Sparten, Musikerinnen, freie Tänzerinnen, bildende Künstlerinnen, Ausstatterinnen, Licht- und sonstige Designerinnen in der Planungsphase. Doch die eindrucksvollen Aufführungen im hell erleuchteten Saal des ehemaligen Grand Hotel auf dem Semmering zeigen die Richtung.
„Der zeitgenössische Tanz ist in Österreich nur in Gastspielen vorhanden, die Staatsoper hat andere Aufgaben und es gibt keine Orte, wo zeitgenössischer Tanz aus und in Österreich gezeigt werden kann. In Wien gibt es vier Häuser, die für Tanz eingerichtet sind, neben dem Tanzquartier auch das von der Stadt nicht fürsorglich behandelte brut und das WuK mit der Sparte performing arts. „Doch“, so meint Kaydanovskiy, „es sind nur Büros. Sie produzieren nicht, sie wählen aus dem Angebot, was der künstlerischen Leitung passt.“
Anmerkung: Und was von den Subventionsgeberinnen gefördert wird. Denn ohne Geld …
Fazit: Die bekannten in Wien lebenden Künstlerinnen sind in allen Häusern zu Hause, treten einmal da und ein anderes Mal dort auf. Und wenn das Programm gefüllt ist, müssen kleine Bühnen in aufgelassenen Kinos oder ein, zwei Abende im Sprechtheater gemietet werden. tanzt. gefällt dem Duo als Name für das Kollektiv: „Beef tanzt. passt genau wie Südbahnhotel tanzt.“, sagt Kaydanovskiy und betont gleichzeitig, dass es zum Grundsatz gehört, neue Orte für den zeitgenössischen Tanz zu finden und damit auch neues Publikum. Wie sehr sich die Zusammenarbeit mit anderen Künstlern und anderen, nicht dem Theater gewidmeten, Lokalitäten auszahlt, zeigen die Aufführungen des ImPulsTanz-Festivals in Museen und die Zusammenarbeit von Tänzerinnen mit Instrumentalensembles im Festival wien modern. Das Musikpublikum kommt zum Tanz und bleibt, Tanzfreunde hören neue Musik und werden Fans. Win-win für alle.
Wenn alles klappt, wird es bald eine Freie Gruppe (ein Kollektiv) für zeitgenössischen Tanz geben. Beiräte und Jurys müssen den durchpflügten Garten der Performance verlassen und sich auf die blühende Wiese des zeitgenössischen Tanzes begeben. Was aber ist der zeitgenössische Tanz? Definitionen gibt es einige, und dass die Choreografie von Zeitgenossinnen geschaffen worden ist, ist keineswegs das Hauptmerkmal. Rebecca Horner weiß, was tanzt. sein soll: „Eine Zusammenarbeit mit Künstlerinnen aus allen Sparten, eine fundierte Ausbildung, eine ausgewogene Ästhetik. Ich wage zu sagen, dass das Publikum auch ein Recht auf Schönheit und Heiterkeit hat.“ Wobei sie mit Schönheit nicht den von der Kosmetikindustrie geschaffenen Begriff meint und auch nicht gefälligen Kitsch. Alles, was das Publikum emotional berührt, ob als Komödie oder Tragödie, als Märchen oder Dystopie, kann als schön empfunden werden.
In diesem Sinne: Beef und der Vivaldi-Pas-de-deux der beiden Tänzerinnen ist schön, weil die Körper eine Sprache sprechen, die auch von tanzfernen Zuschauerinnen verstanden wird, sie bewegt und zum Nachdenken oder zum Lächeln bringt.
Beef tanzt auf dem Semmering iat eine Einladung für Freundinnen, mögliche Mitarbeiterinnen, Mäzeninnen, Spenderinnen und Unterstützerinnen und zugleich ein Startpunkt für tanzt.. Schon ist eine Aufführung für den kommenden Frühling in Wien geplant. Der besondere Ort wird bis dahin gefunden sein. Rebecca Horner und Mila Schmidt zeigen dann den leidenschaftlichen Pas de deux, den Horner zur Musik von Antonio Vivaldi choreografiert hat. Arthur Arbesser hat die herrlichen Kostüme zur Verfügung gestellt. Eine eines Grand Hotels würdige Ouvertüre zur Choreografie von Kaydanovskiy, Beef. Eine spielerische Auseinandersetzung mit der Gewalt. Rebecca Horner, Andrey Kaydanovskiy, Mila Schmidt und Robert Weithas sind die vier Kampfgeister, die den Bewegungskatalog der Rapperinnen in Tanz umsetzen und das Publikum in den Pausenhof versetzen, wo sich nicht nur Buben, sondern auch Mädchen balgen. Doch auch wenn sie sich gebärden wie wütende Stiere bleibt der Verdrängungswettbewerb, das Zusammenstoßen und Ringen ein Spiel. Kaydanovskiy definiert plastisch: „Ein Duell ohne letzten Schuss.“ Zusatz: Jedoch als Beginn von tanzt.
tanzt. das Kollektiv für zeitgenössischen Tanz, ein Projekt von Rebecca Horner und Andrey Kaydanovskiy. Erste Einblicke in die Arbeit hat das Team am 9. November 2024 im Südbahnhotel auf dem Semmering gegeben
Pas de deux zur Musik von Antonio Vivaldi: Choreografie Rebecca Horner, Tanz Rebecca Horner, Mila Schmidt; Kostüme Arthur Arbesser.
Beef: Choreografie Andrey Kaydanovskiy, Tanz Rebecca Horner, Andrey Kaydanovskiy, Mila Schmidt, Robert Weithas. Live-Musik RaaDie (Christof Dienz, Lorenz Raabl); Kostüme Karoline Högl
Ausstellung Luis Casanova Sorolla, Annemarie D. Humele
Fotos: s/w © Pamela Rußmann, farbig @ Bertram Grund