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schallundrauch agency: „Original“ im Dschungel
Mit ihrer neuen Produktion Original hat die seit mehr als 15 Jahren kontinuierlich Theater für junges Publikum auf höchstem Niveau entwickelnde Wiener Performance-Formation schallundrauch agency erneut ein Stück herausgebracht, das wunderbar leichtfüßig und doch ziemlich tiefsinnig zwischen persönlichen Geschichten und zwischenmenschlichen Erfahrungen changiert. Die Premiere im Dschungel Wien wurde herzlich gefeiert.
Drei junge Menschen stehen auf der Bühne. Sie tanzen, singen, grooven, sind einfach da, auf der kleinen Bühne des Dschungel Wien – Theaterhaus für junges Publikum. Dann beginnen sie, über sich zu erzählen.
Da ist Jasmin, die heute ihre Ohren am allerliebsten an sich mag – obwohl diese immer das waren, was die anderen am wenigsten an ihr mochten. Und die ihre Zahnlücke zu lieben gelernt hat – weil sie eine jener Besonderheiten ist, für die man sich in der Jugend so oft geniert und die dann doch zu den wichtigsten Dingen werden, die einen Menschen eben besonders machen, zum Original.
Da ist Cecilia, die aus Südtirol kommt und deren Mama jeden Morgen bis heute mit dem Violoncello spielt. Das hat nicht immer Freude gemacht. Besonders, wenn man so gar nicht aufstehen und in die Schule gehen will. Und Cecilia ist nicht immer gerne in die Schule gegangen. Denn es gab auch Zeiten, in denen sie draußen war, keinen Anschluss gefunden hat. 
Auch das hat sich geändert. Cecilia lebt heute als Schauspielerin, Sängerin und Tänzerin in Wien – auch wenn ihr alle gesagt haben, dass man „damit kein Geld verdient“.
Und da ist René – der im Internat bei den Sängerknaben so manchen Streich gespielt hat und heute so ziemlich alles so ziemlich halb kann. Und der sich fragt, was das ist: die Muttersprache, wenn die eigene Mama eine Sprache spricht, die man gar nicht versteht. Was ist da falsch an einem? Die Mutter, die Sprache, man selbst? Oder sind es doch die Fragen, die uns gestellt werden und die uns dazu zwingen, allen anderen zu gleichen, und es so schwer machen zu akzeptieren, dass man mit all den Eigenheiten, die einem angehören, eben doch das eine Original ist, zwischen all den Millionen anderen, das es zu schätzen, lieben und achten gilt?!
Die Arbeitsweise von schallundrauch agency ist die gleiche wie in nahezu allen der von Gabriele Wappel und Janina Sollmann 2003 gegründeten interdisziplinären Theaterformation.
Am Anfang steht eine Idee, ein Gedanke, den die beiden quasi in die Runde werfen und von denen aus die meist autobiografischen Geschichten gesammelt, herumgeschüttelt und oft auch an andere Erzähler*innen im Stück weitergegebenen werden, zu Lieder umgewandelt, zu Tänzen oder, wie in Original, sogar zu längeren abgeschlossenen Bühnenerzählungen, in denen es dann auch um Drachen, Prinzen und mutige Mädchen gehen kann.
Der Titel der neuen Produktion, Original, mag letztlich irritieren. Denn es geht weniger darum, ob die Zahnlücke, die Herkunft oder die Sprache/n jemanden zum Original machen. Sondern vielmehr darum, die eigenen Geschichten, die eigenen Träume, Wünsche und Visionen anzunehmen. Ganz egal, ob es Träume sind, die schon einmal davor geträumt wurden, oder auch danach noch Millionen Mal geträumt werden, oder Fehler, die man an sich selbst, oder auch jemand anderem, mit der Zeit achten, schätzen und lieben lernt. Es geht also nicht so sehr um das Besonders-Sein als vielmehr um das Angenommen-Werden: 
von den Freunden im Internat, von der Schulkollegin, die einen im Hof anspricht, während die anderen wegschauen, oder von der Lehrerin, die einem die Augen öffnet, dass es doch gerade der kleine Makel ist, der einen so schön und dann doch besonders macht (und dann eigentlich gar keiner mehr ist, sondern so richtig schön).
Originale sind wir eben alle. Und Milliarden Originale auf der Welt genau das, was sie lebenswert und aufregend macht. So ist es auch der logische Schluss des neuen, wie gewohnt angenehm unaufgeregten und sympathisch unperfekten Tanz-Musik-Geschichtenabends der schallundrauch agency, dass am Ende die Drachentöterin den Drachen nicht tötet, sondern ihn mit Klang und Aufmerksamkeit zum Freund macht.
René, Cecilia und Jasmin erzählen an diesem Abend viel über sich selbst, nehmen sich ihren Raum da, wo sie ihn brauchen, und tauschen Eindrücke und Gefühle untereinander und direkt mit dem Publikum. Da und dort wird eine Geschichte auch gleich mal mit einfachen Instrumenten in Musik und Gesang getaucht oder den einfachen Choreografien der einst geliebten Tanz-Hits der Schulzeit Schritt für Schritt gemeinsam nachgefühlt.
Und am Ende? Da ist man viele Erfahrungen reicher und hat sich in das Herz vieler Menschen gespielt. Auch das ist eines jener wunderbaren Merkmale der schallundrauch agency, die sie seit weit über 15 Jahren zu einem Fixpunkt der Wiener Performance-Landschaft für junges Publikum werden ließen.