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Kompanie Freispiel: „Bunter Haufen“, Dschungel

Der bunte Haufen ist weiß: Simon, Siruan, Kajetan..

Kann man sich das vorstellen? Eine farblose Welt? Farben sind nämlich verboten im Dschungel, wer zuwider handelt, wird ins Strafkammerl geführt. Schon wenn die die drei Darsteller der Kompanie Freispiel auf der leeren Bühne im Dschungel erscheinen, wird mir weiß vor den Augen. Die drei Männer sind natürlich weiß, aber alles andere als Schneemänner. Mit dem weißen Megaphon werden die neuen Gesetze verkündet: Erlaubt ist nur das kostbare, reine, unantastbare Weiß. Erlaubt sind jedoch auch Slapstick und Unsinn, Blödeleien und eine ausgefeilte Mimik, präzise Vorbereitung und ein perfektes Timing. Gewünscht ist beste Unterhaltung für das Publikum ab 5.

Auf gehts zur Jause ohne Kaffee und  Kuchen, das wäre zu bunt. Schon in einigen Stücken für Kinder, die auch die Begleitpersonen keineswegs langweilen, haben Siruan Darbandi, Simon Schober und Kajetan Uranitsch im Dschungel gezeigt, was sie drauf haben, oder eher drinnen, im Gehirn und im Körper. Man weiß ja nicht, ob diese diesmal weiß-weißen Männer sich selber einen Riesenspaß machen oder sich überaus anstrengen, um ihr junges Publikum zu unterhalten. Dieses Publikum jedenfalls hat die größte Lust, mitzuspielen, kugelt sich vor Lachen und beantwortet insistierend Fragen, die auf die Bühne gehören und noch nicht reif für die richtige Antwort sind.
In diesem Spiel gewinnt Weiß immer, auch beim Kartenspiel, in dem alle die gleichen weißen Karten auf den Tisch knallen oder beim Würfeln ohne schwarze Punkte. Der hochgewachsene Siruan Darbandi tritt als kaiserlicher Herold auf und macht doch den ersten Fehler mit seiner Gier nach Orange.
der Sünder (Siruan Darbandi) ist zerknirscht und muss getröstet werden. Doch die unsichtbare Strafe bleibt ihm nicht erspart. Simon Schober hat die Lacher auf seiner Seite, er darf den Tollpatsch spielen, ein kleiner Diener Mozarts oder Mozart selber, der an Dauerdurchfall leidet und mit den weißen Bühnendekoration, die nach und nach herbeigeschleppt wird, kämpft. Kajetan Uranitsch mimt den Hippiemusiker, entlockt seinem weißem Horn weiße Töne, mal grässlich daneben, was den Kindern besonders gefällt, mal auch schöne und melodiöse.
Wenn aber die drei den Schneewalzer mitten im Sommer tanzen, singen sie selbst dazu. Es wird mehr gespielt als gesprochen, und wenn am Ende die bunten Schnitzel vom Himmel regnen, dann steht wieder mal fest, was wir ohnehin alle wissen: Die Welt muss bunt sein, Am Ende ist die Welt wieder bunt, die grüne Brille, der gelbe Schal und die rote Mütze werden aus dem Mistkübel geborgen. nur dann spüren wir die Lebensfreude so richtig in den Adern. Grüne Brille für den Tollpatsch, gelbes Halstuch für den Herold mit gelockter Barock-Perücke, rote Mütze für den Musiker müssen erlaubt sein. Und endlich steht die Klotür auf offen, der kleine Mozart darf seinem Hobby frönen. Und die Kinder dürfen applaudieren und trampeln und werden ihren Freundinnen und Freunden erzählen, welch ideenreiches, köstliches Theater sie erlebt haben.
Übrigens: Weiß ist keine Farbe, sondern vielmehr eine Schattierung, die die Spektralfarben ergänzt. Aber es wird als Farbe empfunden und weckt auch Gefühle – in jeder Kultur andere.

Kompanie Freispiel: „Bunter Haufen“ Konzept und Performance. Siruan Darbandi, Simon Schober, Kajetan Uranitsch. Ausstattung (ganz in Weiß): Keno Meiners. Coaching: Stephan Kreiss. Endregie: Alina Ilonka Hagenschulte. Licht (keinesfalls bunt): Mirza Keba und Michael Zweimüller.Premiere: 9. Oktober 2020. Dschungel Wien.
Weitere Vorstellungen: 10. bis 14. Oktober 2020.
Fotos: © Keno Meiners.